Rachelust - Der sechste und letzte Fall für Nora und Tommy
ich das gesamte Schulgelände noch einmal abgesucht habe.“
„Das ganze Gelände?“ Thomas ließ sich ungläubig in seinen Stuhl fallen.
„Ja, das war eine Mordsarbeit. Aber sie hat sich gelohnt.“
„In welcher Hinsicht?“
„Ich habe einen Fußabdruck gefunden. Wenn man es genau nimmt, dann sind es sogar anderthalb Abdrücke. Sie stammen ganz sicher von einem Mann, weil sie ziemlich groß sind.“
„Wo genau haben Sie die Abdrücke gefunden?“
„In einem Beet hinter dem östlichen Treppenhaus. Es könnte gut sein, dass der Mörder auf seinem Weg zur Toilette in die Erde getreten ist. Die befindet sich nämlich direkt neben dem Eingang zum Hauptgebäude.“
„Ich gehe davon aus, dass die SpuSi diese Abdrücke ebenfalls gefunden und untersucht hat. Wären sie von Bedeutung, dann hätte ich das erfahren.“
„Die Abdrücke waren nicht leicht zu finden.“
„Ich bin mir trotzdem sicher. Vielen Dank für Ihre Mühe, aber das wird uns kaum voranbringen.“
„Wollen Sie den Abdruck nicht wenigstens einmal sehen? Ich habe ihn fotografiert.“
„Okay“, seufzte Tommy. „Dann zeigen Sie das Bild mal her.“
„Na ja, das … das geht noch nicht.“
„Weshalb nicht?“
„Der Film muss erst noch entwickelt werden.“
Wären die Umstände nicht so ernst gewesen, dann hätte Tommy laut losgelacht. In Anbetracht der Tatsachen riss er sich aber zusammen und sagte: „Ich habe das Gefühl, dass Sie mich auf den Arm nehmen möchten.“
„Keinesfalls. Sie werden das Foto sofort bekommen, wenn es entwickelt wurde.“
„Schön. Bis dahin halten Sie sich aber ab sofort zurück. Ich muss mich mit wichtigeren Dingen beschäftigen.“
„Ich möchte doch nur helfen.“
„Das verstehe ich. Und das ist auch lobenswert. Aber ich habe den Eindruck, dass Sie sich allzu sehr in diese Angelegenheit hineinsteigern, nur weil Sie sich ungerechtfertigte Vorwürfe machen.“
„Ich hätte den Mörder sehen müssen. Dann könnte ich Ihnen eine Beschreibung geben.“
„Es bringt aber nichts, der Vergangenheit nachzutrauern. Sie haben den Täter nicht gesehen. Daran kann man nichts ändern. Also werden wir dem Kerl auf andere Weise auf die Schliche kommen.“
„Glauben Sie, dass Sie das schaffen werden?“
„Ja, davon bin ich überzeugt.“
Korst schürzte die Lippen. „Also gut. Ich vertraue Ihnen. Dann werde ich mich jetzt zurückziehen und Sie Ihre Arbeit machen lassen. Sollten Sie meine Hilfe doch noch benötigen, dann melden Sie sich sofort bei mir. Versprochen?“
„Das mache ich.“
„Gut.“ Korst stand auf und schritt zur Tür. „Ich hoffe, dass Sie den Kerl in den nächsten Stunden finden. Nur dann wäre mein Gewissen wieder rein. Auf Wiedersehen.“ Nach diesem Abschiedsgruß verließ Korst das Büro. Dabei wäre er fast mit Hans Laser zusammengestoßen. Der ehemalige Psychologe trat dicht an ihm vorbei und schritt dann zu Tommy. „Die Ärzte hier sind genauso stur wie überall sonst. Niemand wollte mir etwas sagen. Nicht ein Wort“, teilte er dem Kommissar mit, ehe er sich hinsetzte.
„Verwundert Sie das?“
„Ein wenig schon. Schließlich geht es um ein Menschenleben. Die Mediziner könnten doch wenigstens sagen, ob Frau Feldt überleben wird oder nicht.“
„Das habe ich auch gedacht. Die Realität sieht aber leider anders aus. Wir müssen abwarten. So schwer es auch ist.“
„Es ist beneidenswert, wie leichtfertig Sie diese Situation hinnehmen.“
„Leichtfertig?“ Tommy stieß einen vergrämten Laut aus. „Haben Sie eine Ahnung, wie es in meinem Inneren aussieht? Ich könnte die Wände hochgehen, weil ich Nora nicht helfen kann. Wäre ich nicht hinter dem Mörder her, dann würde ich jetzt komplett durchdrehen. Ich würde wahnsinnig werden. Die Arbeit lenkt mich zum Glück etwas von Noras Zustand ab. Das ist alles, was mich noch einigermaßen auf dem Boden hält.“
„Demnach sind Sie Nora ähnlicher, als sie denkt.“
„Wie meinen Sie das?“
„Nora behauptete, dass Sie beide völlig verschieden seien. Aber sowohl Sie als auch Nora selbst scheinen die Arbeit zu brauchen, um die schlimmen Erlebnisse zu verdrängen. Das haben sie gemeinsam. Allerdings ist es nicht besonders gesund.“
„Sie sagten, dass Sie Psychologe seien, richtig?“
„Ja.“
„Merkt man gar nicht.“
Hans lächelte gequält. „Ich kann meine Natur nicht ändern. Die menschliche Psyche interessiert mich einfach. Und Nora und Sie scheinen zwei äußerst interessante Persönlichkeiten zu
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