Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
Arzt?«
»Nicht wirklich«, sagte Lucchese. »Hat mir eine Mordsnarbe hinterlassen. Und von persönlicher Ansprache hält er auch nichts, da ging’s sofort ans Aufschneiden. Dass ich zu ihm gegangen bin, liegt einzig und allein daran, dass er einen Vertrag mit der Gewerkschaft hatte.«
»Irgendwelche Ideen, was ihm zugestoßen sein könnte?«
»Er hat sich mit seiner Klettertour in ziemlich unwegsames Gelände gewagt. Kann sein, dass er sich ein Bein gebrochen hat, dass er bewusstlos wurde oder einen Herzinfarkt hatte oder was auch immer, und dann liegen blieb. Entweder war er sofort tot, oder er starb durch Wassermangel oder Unterkühlung. Um den Rest haben sich dann Berglöwen oder Koyoten gekümmert. Oder beide.«
»Dass es Mord gewesen sein könnte, wurde nie in Betracht gezogen?«
»Es gab keinen Anlass dafür. Warum interessiert Sie das, Lieutenant?«
»Ein ehemaliger Patient von Wainright wird verdächtigt, hier in der Gegend gemordet zu haben.«
»Tatsächlich. Wer denn?«
»Ein ehemaliger Insasse des Ventura State Hospital in Camarillo, zu der Zeit, als Wainright dort tätig war.«
»Ein Schwachsinniger? Davon haben wir drüben in Atascadero auch genug. Es könnte schon sein, dass einer von denen Wainright gekannt haben könnte. Aber die Typen kommen nie raus, die sind hier unser geringstes Problem.« Man meinte sein Grinsen durch den Hörer mitzukriegen. »Die beste Therapie: Einsperren und Schlüssel wegwerfen.«
»Wainright hat in Atascadero gearbeitet?«
»Unter anderem«, sagte Lucchese. »Ich nehme an, er hatte mit denen auch einen Vertrag. Aber es gab keine Ausbrüche in der Zeit, als er verschwand, keine Notrufe, nichts. Ich kann mich für Sie umhören, doch das wird nichts Neues bringen.«
Milo bedankte sich und beendete den Anruf.
Petra sagte: »Au weia.«
»Shacker war der Erste«, sagte ich. »Und sobald Huggler frei war, nahmen sie Wainright aufs Korn. Die Festnahme hat sie zwar etwas aufgehalten, aber nicht abgeschreckt. Ein Jahr später haben sie Wainright kaltgemacht.«
»Ihn beim Wandern auszuspionieren war ein Kinderspiel«, sagte Milo. »Warum sollte er die Rache eines Patienten von vor fast zwanzig Jahren fürchten?«
»Nicht einmal der Zwischenfall hinter seiner Praxis hätte Wainright hellhörig machen müssen, selbst wenn er sich an den Namen erinnert hätte. Die Kollegen von Morro Bay hielten Huggler für einen Junkie, der sich Drogen besorgen wollte, es gab überhaupt keinen Anlass, Wainright seine Identität bekanntzugeben. Und selbst wenn sie das getan hätten – wie sollte Wainright einen erwachsenen Mann mit einem Kind in Verbindung bringen, das er vor vielen Jahren operiert hat?«
»Ein Chirurg, der selbst unters Skalpell kommt«, sagte Petra. »Gott, wie viele andere Opfer sind wohl noch da draußen?«
Milo sagte: »Wenn Huggler und sein Mentor sich so lange Zeit ließen, bis sie Wainright, Quigg und wer weiß wen noch erledigten – warum musste Shacker sofort dran glauben?«
Ich sagte: »Shacker war eine Einzeltat von Pitty, um sich bei Huggler zu empfehlen und die Bindung zu festigen. Das musste schnell gehen und wirkungsvoll sein.«
»Schau, was ich alles für dich tue, kleiner Kumpel«, sagte Petra.
»Außerdem stand er unter Zeitdruck: Shacker war nicht mehr der Jüngste, er war gerade gefeuert worden und würde bald die Stadt verlassen. Und so griff Pitty auf eine Methode zurück, die ein paar Monate zuvor auch schon einmal funktioniert hatte.«
»Gift, wie bei Eccles’ Freundin«, sagte Petra. »Zwei Menschen fallen kurz nach Verlassen der Klinik tot um. Welches Gift wirkt so präzise?«
Ich sagte: »Es muss gar nicht mal unbedingt Gift gewesen sein. Bei einem Mann in Shackers Alter und mit seinen Ernährungsgewohnheiten kann ein überdosiertes Herzmittel schon genügt haben. Auch Eccles’ Frau als Alkoholikerin und Drogenkonsumentin war anfällig für Herzerkrankungen.«
Milo sagte: »Kein Gift bedeutet, es gibt auch nichts nachzuweisen.«
Er stand auf, ging auf und ab, zupfte an seinem Ohrläppchen. »Alles was du sagst, Alex, ergibt Sinn. Aber solange nicht eines von den beiden Ungeheuern ein Geständnis ablegt, wird unser Mentor mit Identitätsdiebstahl und Praktizieren ohne Approbation durchkommen. Und sein Protegé könnte vielleicht sogar ungeschoren bleiben. Er hat keinen Beweis hinterlassen, alles, was wir haben, sind vage Beobachtungen und das Victory-Zeichen, das er John Banforth gezeigt hat und das man beliebig interpretieren
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