Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Titel: Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
»Herzlichen Glückwunsch.«
    »Wozu?«
    »Dein Ensemble hat gute Chancen, in Suge Knights Altkleiderbox zu landen.«
    »Hmpf. Hab’s bei einer Sonderaktion bei Barneys erstanden. War ein Abend für VIP s. Nur falls dich das interessiert.«
    »Mich interessiert prinzipiell alles in meinem Job. Wie hast du’s unter die VIP s geschafft?«
    »Der Geschäftsführer war mal in einen Verkehrsunfall verwickelt, und Rick hat ihm den Hintern gerettet.«
    Eine schmale, dunkle Gestalt joggte an uns vorbei Richtung Norden – Petra im schwarzen Trainingsoutfit näherte sich dem Ende ihrer zweiten Runde um den Block. Die Tarnung, die ihr Milo zugedacht hatte, entsprach ganz ihrer normalen Morgenroutine, und sie rannte, als meinte sie es ernst.
    Weiter oben, kurz vor dem Wilshire Boulevard, schlurfte ein schmuddeliger Obdachloser in formlosen graubraunen Fetzen dahin. Er legte den Kopf mit der Skimütze in den Nacken und blickte in die Morgensonne, ehe er, ohne rechts und links zu sehen, die Straße überquerte.
    Moe Reed hatte sich um diesen Part beworben.
    Milo hatte gesagt: »Ein Saubermann wie Sie?«
    »Ich hab das letztes Jahr schon mal gemacht, Lieutenant. Da ging es um einen Bösewicht in Hollywood.«
    Petra hatte gesagt: »Er war echt überzeugend, ehrlich.«
    »Na schön«, sagte Milo. »Dann besorgen wir Ihnen mal ein paar hübsche Fetzen zum Anziehen.«
    »Nicht nötig«, sagte Reed. »Ich habe noch das Zeug vom letzten Jahr.«
    »Waschen Sie das noch?«
    »Klar.«
    »Ganz wie Sie wollen. So richtig glaubwürdig sind Sie dann aber nicht mehr.«
    Beobachter Nummer sieben und acht waren zwei Beamtinnen aus Beverly Hills, die im Zehnminutentakt in einem schwarzweißen Streifenwagen vorbeifuhren. Auf ihrem Armaturenbrett klebten Shimoffs zweite Phantomzeichnung von Grant »Lammfell« Huggler und eine Personenbeschreibung des falschen Dr. Shacker, die ich beigesteuert hatte. Es war nicht ungewöhnlich, dass sich die Polizei in Beverly Hills so präsent zeigte. In der Regel dauerte es hier keine drei Minuten, bis Beamte vor Ort waren, und die Bürger liebten es, ihre Beschützer ständig um sich zu haben.
    Um 6:30 Uhr öffnete der Parkplatz und füllte sich mit den ersten Fahrzeugen. Am Straßenrand waren jetzt dreizehn weitere Plätze besetzt. Die Halter erwiesen sich durchweg als sauber, bis auf eine Frau aus dem South Doheny Drive, die Strafzettel in Höhe von über sechshundert Dollar schuldig war. An diesem Morgen wurde der Lexus von einer Asiatin in weißer Haushälterinnen-Uniform gelenkt. Sie hielt vor dem Deli an der Ecke, um kurz einzukaufen.
    Von den Verdächtigen gab es noch immer keine Spur, und das blieb auch bis acht Uhr so, als die ersten Patienten vor der Messingtür erschienen.
    Es blieb so bis neun Uhr, bis zehn Uhr und bis 10:30 Uhr.
    Milo wandte sich gähnend zu mir. »Als du im Krankenhaus gearbeitet hast, wann hast du da morgens angefangen?«
    »Kam darauf an«, sagte ich.
    »Worauf?«
    »Wie viele Patienten, Notfälle, Gerichtstermine anstanden. Vielleicht macht er nur Versicherungsfälle. Dann hat er ziemlich lockere Arbeitszeiten.«
    »Versicherungsgesellschaften, die einen Mörder und Betrüger beschäftigen.« Er lächelte, dann stieg er aus, trabte beschwingt auf den Deli zu und trat ein. Durch das Schaufenster konnte ich sehen, wie er bestellte und die drei Kunden am Tresen musterte. Wenige Minuten später kam er mit Bagels und abgestandenem Kaffee zurück. Wir aßen und tranken und verfielen in Schweigen.
    Um elf Uhr streckte er sich gähnend und sagte: »Das reicht jetzt.« Er wies Reed über Funk an, seine Tippeltour auf den Bedford Drive zu verlegen, wo er den Gebäudeeingang im Auge behalten sollte. Dann informierte er alle anderen, dass er jetzt hineingehen würde.
    Ich sagte: »Ich komme mit. Ich kann ihn dir zeigen.«
    Er überlegte. »Ich glaube eh nicht, dass er da drin ist.«
    Milo erntete ein paar belustigte Blicke, als er in seinem viel zu großen Anzug durch den mit blauem Teppich ausgelegten und mit Eichenholz getäfelten Flur flatterte.
    Mein Designer-Pulli wirkte nicht ganz so erheiternd, nur zwei junge Frauen in Krankenschwesterntracht lächelten mir zu und brachen dann in unterdrücktes Kichern aus, als ich vorbei war.
    Unsere unfreiwillige Komik bescherte ihnen den ersten Heiterkeitsausbruch des Tages.
    Wir nahmen die Treppe zum ersten Stock, wo Milo die Tür einen Spalt öffnete und in den Korridor spähte.
    Suite 207 war nur ein paar Meter entfernt.
    Von Shackers Praxis

Weitere Kostenlose Bücher