Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
an die Wand gelehnt.«
Ich deutete auf das Blatt mit dem Fragezeichen. »Vielleicht musste er sich abstützen, während er das anklebte.«
»Oder es stammt vom Reinigungsteam«, sagte Milo.
»Ach, kommen Sie, Lieutenant«, sagte die Technikerin. »Immer positiv denken.«
»Also gut«, sagte er. »Wie wär’s damit: Ich habe einen Pensionsplan, und vielleicht werde ich sogar alt genug, um noch etwas davon zu haben.«
Die Auswertung der Fingerabdrücke durch das Automatische Fingeridentifizierungssystem erreichte uns um 19:30 Uhr im Café Moghul. Sean Binchy war der Überbringer der Botschaft. Milo hatte mehrere vollgeladene Teller vor sich. Petra, Moe Reed, Raul Biro und ich saßen ebenfalls um den Tisch herum. Alle waren hungrig, auf eine frustrierte, erbärmlich zwanghafte Art und Weise. Trotzdem schoben wir Lamm und Reis und Linsen und Gemüse beiseite, ohne viel probiert zu haben.
Milo las den Bericht, fletschte die Zähne und reichte ihn weiter.
James Pittson Harrie, männlich, weiß, sechsundvierzig, hatte vor etwas mehr als fünfundzwanzig Jahren seine Fingerabdrücke abgegeben, als er im Ventura State Hospital eingestellt wurde.
Harries fünf Jahre altes Führerscheinbild zeigte das lächelnde rosige Elfengesicht des Mannes, den ich als Dr. Shacker kennengelernt hatte. Auf dem Bild war sein Haar etwas länger und etwas weniger kunstvoll quer über die Glatze gekämmt. Größe: eins achtundsechzig, Gewicht: dreiundsechzig Kilo.
Einer von wenigen Führerscheininhabern, die bei ihren persönlichen Angaben nicht geschwindelt hatten. Eine Art von Ganovenehre?
Harries angegebene Adresse war ein Postfach in Oxnard.
Sean sagte: »Ich hab das überprüft. Es ist ein Versandzentrum in einer Einkaufsmeile. Es existiert noch, hat aber seit fünf Jahren keine Postfächer mehr. Die waren schon weg, als Harrie die Adresse angegeben hat. Ich denke, er hat irgendwo in der Nähe gewohnt und die Adresse benutzt, um nicht auffindbar zu sein.«
Ich sagte: »Oxnard liegt nördlich von Camarillo und südlich von Ventura, wo er angeblich als Loyal Steward gewohnt hat.«
Biro sagte: »Es sind immer Orte an der Küste. Ob er Schritt für Schritt zu seinen Wurzeln zurückkehrt?«
Ich nickte.
Sean berichtete: »Der letzte auf ihn zugelassene Wagen ist ein fünfzehn Jahre alter blauer Acura. Aber er hat so lange die Versicherung nicht bezahlt, bis sie die Karre aus dem Verkehr gezogen haben. Soll ich trotzdem eine Fahndung danach rausgeben?«
»Aber sicher«, sagte Milo. »Gute Arbeit, Kleiner. Lust, was mitzuessen?«
»Danke, aber ich hab noch zu arbeiten.« Binchy errötete. »Also, nicht dass Sie nicht auch bei der Arbeit wären.«
Milo sagte: »Na, dann seien Sie mal schön produktiv, Sean«, und Binchy verließ hastig das Restaurant.
Petra musterte das Foto. »James Pittson Harries alias Pitty. Endlich haben wir einen Namen und ein Gesicht. Ein Kerl wie der hat mit Sicherheit kein Problem damit, ohne Führerschein Auto zu fahren. Und wenn er tatsächlich so bescheuert ist, mit seiner alten Karre und abgelaufenen Nummernschildern herumzugurken, dann ist eine Fahndung genau das Richtige.«
Milo ließ seine Fingerknöchel knacken. »Aber wo zum Henker hausen die zwei?«
»Wie Raul schon sagte, Oxnard und Ventura oben an der Küste tauchen immer wieder auf, das heißt aber nicht, dass die beiden nicht hin und wieder herunterkommen, um hier in L. A. ihr Unwesen zu treiben.«
Ich sagte: »Wenn Harrie seinem Schützling nach Atascadero gefolgt ist, hat er vielleicht dort eine Adresse hinterlassen.«
Ein Anruf in der Klinik blieb ergebnislos, zwei Verwaltungsangestellte und deren Vorgesetzter bestanden darauf, dass alte Personalakten erst am nächsten Morgen zu Geschäftszeiten wieder zugänglich seien.
»Aber machen Sie sich keine allzu große Hoffnungen«, sagte der Vorgesetzte. »Wir haben hier massive Lagerprobleme und heben nicht alles auf.«
Eine erneute Störung von Maria Thomas’ Privatleben ergab einen Anruf des stellvertretenden Leiters der Personalabteilung von Atascadero, dem es wie durch ein Wunder gelang, auch außerhalb der Geschäftszeiten an Harries Akte zu kommen.
Milo ließ sich von der Frau im Sari die Faxnummer des Restaurants geben und bat ihn, alles zu faxen, was er hatte. Er stellte einige Fragen, kritzelte ein paar unleserliche Notizen in seinen Block, bedankte sich, legte auf und fasste für uns zusammen.
In seiner Bewerbung für Atascadero hatte James Pittson Harrie behauptet, einen
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