Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
er: »Stecken lassen.«
Reed sagte: »Sie zahlen jedes Mal, Lieutenant.«
»Ihr könnt euch mit guter Arbeit revanchieren.«
36
Petra und Raul Biro teilten ihre Aufgabe unter sich auf. Raul würde Kliniken abklappern, in denen Grant Huggler an sein Rezept gekommen sein könnte, Petra würde Mick Ostrovine besuchen. Mit Sanftheit wäre dem Verwaltungschef vermutlich leichter beizukommen als mit einer weiteren Dosis männlicher Staatsgewalt.
Ostrovine seufzte ausgiebig, sagte: »Auf ein Neues«, und berief sich wieder auf seine Schweigepflicht. Doch dann gab er früher nach, als Petra erwartet hätte. »Also gut, kommen Sie rüber und schauen Sie selbst nach.«
Sie trat auf seine Seite des Schreibtischs, während er ein paar Akten aufschlug.
»Sehen Sie?«, fragte Ostrovine und rückte näher, sodass ihr sein widerliches Aftershave in die Nase stieg.
Patientendaten, alphabetisch nach Namen sortiert; kein Huggler.
»Wie wär’s mit James Harrie, mit ›i-e‹, möglicherweise mit ›P.‹ für den zweiten Vornamen.«
Langer, theatralischer Seufzer. Gewichtiges Kopfwiegen.
»Sehen Sie? Nichts. Wie ich schon sagte, wir haben nichts damit zu tun.«
Petra sagte: »Sie haben ganz gewiss recht, Mick. Aber Mr. Huggler war definitiv hier, um sich die Schilddrüse untersuchen zu lassen.«
»Das habe ich beim letzten Mal schon erklärt: Da die Untersuchung nicht durchgeführt wurde, gibt es auch keine Aufzeichnungen.«
Petra schenkte ihm ihr verbindlichstes Lächeln. »Nur um ganz sicherzugehen, Mick, würde ich Mr. Harries Bild und die Zeichnung von Mr. Huggler gern beim Personal herumzeigen.«
»Oh, nein. Wir ersticken in Arbeit.«
Die Menschentraube, die sie im Wartezimmer gesehen hatte, belegte, dass der Schluri nicht log. »Ich weiß, Mick, aber ich wäre Ihnen trotzdem wahnsinnig dankbar.«
Sie zeigte Ostrovine die Bilder. Die Zeichnung löste nichts bei ihm aus, doch bei dem Foto klapperten seine Augenlider.
Um ihm die Chance zu geben, sich zu erinnern, setzte sie sich wieder.
»Was noch?«, sagte er verärgert. Ganz offenbar hatte ihre Weiblichkeit ihre Zauberkraft verloren.
»Nie gesehen?«
»Weder in dieser noch in einer anderen Welt.«
Niemand vom Personal erkannte die Männer wieder.
Selbst Margaret Wheeling, die gerade dabei war, einen schläfrig wirkenden Obdachlosen auf eine zweifellos kostspielige MRT vorzubereiten, hatte irritiert gewirkt, als sie Alex Shimoffs zweite Zeichnung sah.
»Kann sein.«
Petra sagte: »Als Sie mit Lieutenant Sturgis gesprochen haben, waren Sie sicher, dass Sie ihm begegnet sind.«
»Na ja … meine Zeichnung sah ganz anders aus.«
Als hätte sie sie angefertigt. Petra sagte: »Diese gleicht also nicht dem Mann, der Dr. Usfel angegriffen hat?«
Wheeling zwinkerte. »Ich muss meine Brille aufsetzen.«
Müssen Sie etwa nicht klar sehen, wenn Sie jemanden in einen Kernspintomografen schieben?
»Bitte, Mrs. Wheeling.«
Die Frau stieß einen langen Atemzug aus und verdrehte die Augen. Noch jemand mit Hang zur Theatralik; dieser Ort war wie eines dieser Sommer-Camps für musicalverrückte Teenies.
Die Brille auf der Nase, blieb sie einfach dumpf stehen.
»Mrs. Wheeling?«
»Ich denke, er ist es. Möglicherweise. Das ist alles, was ich sagen kann. Es ist schon so lange her.«
»Was ist mit diesem Mann hier? Er ist ein Freund von Huggler.«
Energisches Kopfschütteln. »Nie gesehen. Das weiß ich genau.«
Petra berichtete Milo.
Er sagte: »Gute Arbeit, weiter so.«
Angesichts des unverdienten Lobes runzelte sie die Stirn.
In der dritten Klinik, dem Hollywood Benevolent Health Center, drang Biro bis zu einer ehrenamtlichen Empfangsdame vor. Die ganze Anlage war ein Provisorium, mit rollbaren Stellwänden und ziemlich antiquiertem medizinischen Gerät, untergebracht im Untergeschoss einer Kirche in der Selma Avenue, westlich der Vine Street. Es war eine wunderschöne große alte katholische Kirche mit ornamentalen Gipsverzierungen und einer Eichentür, die mit Sicherheit eine Tonne wog. Der Bau erinnerte Biro an St. Catherine in Riverside, wo er als Kind mit seinen Eltern immer zum Gottesdienst gehen musste.
Im Untergeschoss war von Stil und Eleganz nichts mehr zu spüren. Der Raum war feucht, fensterlos und spärlich von nackten Glühbirnen beleuchtet, die an Verlängerungskabeln von der Decke hingen. Die Kabel baumelten schlaff herab, einige der Birnen waren kaputt. An den Wänden schaute zwischen abgeblättertem weißen Putz die nackte graue Wand
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