Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
lindernd auf meine Nerven legte.
Ein Gewöhnungseffekt?
Vielleicht war das das Schlimmste daran.
Milo sagte: »Kein Pizzakarton. Der gehört also offensichtlich nicht zu seinem Markenzeichen. Vielleicht hat er den bei Vita nur rein zufällig benutzt, und wir können uns sparen, die Spur zurückzuverfolgen … Armer Teufel. Ich hoffe nur, er war wenigstens ein richtiges Arschloch, so was wie Vitas geistiger Bruder.«
Eine weibliche Stimme sagte: »Hallo mal wieder. Leider.«
Die Pathologin namens Gloria trat zwischen uns und spähte durch die Lücke in der Hecke. »Guter Gott.« Sie streifte Handschuhe über und zog sich Papiergamaschen über die Schuhe, ehe sie sich an die Arbeit machte.
In der rechten Gesäßtasche seiner Baumwollhose steckte eine Brieftasche. Der Führerschein wies den Toten als Marlin Quigg aus, sechsundfünfzig, wohnhaft am Sunset Boulevard, zwei bis drei Kilometer östlich des Tatorts. Eine zusätzliche Ziffer hinter der Hausnummer deutete darauf hin, dass er eine Wohnung und kein ganzes Haus bewohnte. Auf dem Weg zu der Adresse kamen wir an ein paar hübschen Häusern vorbei, manche mit Blick auf den Pazifik.
Größe: ein Meter achtzig, Gewicht: achtzig Kilo, graues Haar, braune Augen, Kontaktlinsenträger.
Gloria untersuchte seine Augen. »Die Kontaktlinsen sind noch da. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, was für ein Ruck nötig war, um das Genick zu brechen.«
Ich sagte: »Sie könnten auch herausgefallen sein, und der Täter hat sie wieder eingesetzt. Er hält viel von Ordnung.«
Sie dachte darüber nach, zog die winzigen durchsichtigen Kunststoffplättchen ab, tütete sie ein und beschriftete das Plastiksäckchen.
Nachdem er jetzt einen Namen hatte, machte sich Milo daran, mehr über sein Opfer zu erfahren. Quiggs Auto war ein drei Jahre alter Kia. Er war ein Mann ohne Vorstrafen oder Konflikte mit dem Gesetz und offensichtlich auch ohne Ansprüche.
Seine Brieftasche enthielt dreiundsiebzig Dollar in bar und drei Kreditkarten. Außerdem zwei Schnappschüsse in Plastikhüllen: Einer zeigte Quigg und eine ziemlich kleine, dunkelhaarige Frau in seinem Alter, der andere das Paar mit zwei Brünetten Anfang zwanzig. Das eine Mädchen ähnelte Quigg buchstäblich aufs Haar. Das andere hätte irgendjemand sein können, da sie aber ihren Arm auf der Schulter der älteren Frau liegen hatte, lag der Schluss nahe, dass sie Tochter Nummer zwei war.
Beide Fotos waren in einem Atelier aufgenommen, grünes Marmordekor als Hintergrund, schicke Kleidung, alle ein wenig steif und unsicher, aber mit lächelnden Gesichtern.
Gloria sagte: »Er trägt keine Uhr … und da ist auch kein blasser Streifen an seinem Handgelenk. Offenbar war er kein zeitverliebter Typ-A-Mensch.«
»Oder er hat seine Uhr zum Spazierengehen ausgezogen«, sagte Milo.
Ich sagte: »Seine Schuhsohlen verraten, dass er viel Strecke gemacht hat.«
»Allerdings«, stimmte Gloria zu. »Aber warum hat er sich ausgerechnet hier die Füße vertreten? Im Dunkeln muss es in dem Park doch ziemlich gruselig sein, oder?«
Milo sagte: »Die Anwohner betrachten das hier als ihren Privatpark. Er lebte in der Nähe, vielleicht hat er sich einfach sicher gefühlt.«
»Okay … aber vielleicht hat er sich auch mit jemandem getroffen.« Sie wand sich. »So wie seine Hose aussieht … ihr wisst schon.«
»Möglich ist alles.«
»Wobei ich denke, wenn es etwas Sexuelles war, müssten die Genitalien betroffen sein.« Sie sah mich an.
»Ich kann mich nur wiederholen.«
Sie untersuchte die Hose mit einer Lupe. »Sieh an, fremde Haare … jede Menge davon … lange … blonde.«
Milo kniete sich neben sie und nahm ein paar Fasern zwischen seine latexgeschützten Finger, die für diese Aufgabe viel zu groß und dick wirkten. Er hielt die Haare blinzelnd ins Licht. Schnüffelte. »Vielleicht ist Marilyn Monroe aus ihrem Grab aufgestiegen und hat es ihm besorgt. Wobei, die sehen ziemlich borstig aus, außerdem riechen sie nach Hund.«
Gloria sagte: »Meine Nase ist verstopft.« Sie versuchte es trotzdem. »Tut mir leid, ich rieche gar nichts, aber was die Textur angeht, könntest du recht haben.« Sie lächelte. »Es sei denn, jemand hat einen ziemlich schlechten Conditioner.«
Sie förderte eine Asservatentüte zutage. »Ich weiß, dass sich normalerweise der Erkennungsdienst um Haarproben kümmert, sofern wir nicht einen Drogentest machen. Im Augenblick haben wir aber zufällig einen Praktikanten von der Uni, der DNA -Analysen von
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