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Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Titel: Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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brillante, in sich gekehrte junge Mann hatte mich gebeten, ihm eine Empfehlung für das College zu schreiben. Ein paarmal im Monat bekam ich eine Mail von ihm. Er hatte den Studienbeginn um ein Jahr nach hinten geschoben und sich in einem Priesterseminar verkrochen.
    Er hasste, liebte und fürchtete seinen Vater gleichermaßen und hätte nicht im Traum daran gedacht, ihm für irgendjemanden Grüße aufzutragen.
    Ich sagte: »Ich hoffe, ihm geht’s gut.«
    »Alles wie immer. Apropos, wir schulden Ihnen immer noch Ihr Honorar vom letzten Mal.«
    »Stimmt.«
    »Sie sind meinen Leuten deswegen aber noch nicht auf die Füße getreten.«
    »Hätte das denn geholfen?«
    Funkstille. »Ihre Loyalität angesichts unserer bürokratischen Unfähigkeit ist äußerst lobenswert, Doc. Sie halten es also auch für eine gute Idee, das Konterfei dieses Spinners zu veröffentlichen?«
    »Ich denke, wenn wir die Informationen knapp halten, bietet das Chancen.«
    »Was meinen Sie mit ›knapp halten‹?«
    »Nur das Phantombild und die Fragezeichen herausgeben und auf keinen Fall andeuten, dass theoretisch jeder zum Opfer werden könnte.«
    »Ja, da würden sich nämlich alle vor Panik sofort in die Hosen machen, stimmt’s? Apropos Fragezeichen, was zum Henker sollen die bedeuten? Der FBI -Typ meinte, so etwas hätte er noch nie gesehen. Er hat in seiner Datenbank nachgesehen und nichts gefunden. Jack the Ripper war der Einzige, der seine Opfer ähnlich ausgenommen hat, aber da sind doch zu viele Unterschiede zwischen unserem Mann und Jack, als dass man diese Richtung weiterverfolgen sollte.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Was?«
    »Was die Fragezeichen bedeuten.«
    »So viel zum Thema akademische Bildung … Was halten Sie davon, Details über den Mantel rauszugeben? Das könnte doch bei dem einen oder anderen was klingeln lassen.«
    »Es könnte aber auch passieren, dass unser Bösewicht den Mantel ablegt und Sie potenzielles Beweismaterial verlieren.«
    Stille. »Ja, es könnte ja Spucke auf dem verdammten Ding sein, Magensäfte, weiß der Geier. Okay, halten Sie das unter Verschluss. Das Ganze könnte Ihnen aber trotzdem um die Ohren fliegen – ich meine jetzt Sie, Sturgis. Wenn er sich in den Achtzehn-Uhr-Nachrichten sieht, macht er sich vielleicht aus dem Staub.«
    »Die Gefahr besteht immer, Sir.«
    Wieder Schweigen, diesmal länger.
    Dann sagte der Polizeichef: »Doc, was meinen Sie, wird bald wieder ein neues Opfer auftauchen?«
    »Schwer zu sagen.«
    »Ist das alles, was Sie draufhaben? Ausweichende Antworten?«
    »Er ist ein Poser, Chief.«
    »Typischer Psycho-Humor«, sagte er. »Ich würde an Ihrer Stelle nicht damit rechnen, bald eine Sitcom im Fernsehen zu bekommen. Sturgis, sind Sie noch wach?«
    »Hellwach.«
    »Bleiben Sie so.«
    »Gott behüte, dass ich je einschlafe, Sir.«
    »Damit das klar ist«, sagte der Chief. »Schlafen ist hiermit bis auf Weiteres verboten.«

23
    Alex Shimoff kam tags darauf am Nachmittag in Milos Büro, um seine Zeichnung abzuliefern.
    »Verraten Sie bitte nicht, wer das gemacht hat«, sagte er. »Das ist Müll.«
    Als er das letzte Mal für Milo gezeichnet hatte, war ein erstaunlich präzises Bild einer jungen Frau herausgekommen, der das Gesicht weggeschossen worden war. Was er diesmal vorlegte, war ein undeutliches bleiches Mondgesicht mit ausdruckslosen männlichen Zügen.
    Gelb ausgemalt, hätte man Mr. Happy Faces Bruder vor sich gehabt.
    Und doch ging tief in den Windungen meines Hirns eine Synapse auf.
    Hatte ich das Gesicht nicht schon einmal gesehen? Kramen im Gedächtnis brachte kein Ergebnis.
    Milo sagte zu Shimoff: »Danke, junger Mann.«
    »Für den Mist hab ich keinen Dank verdient, Lieutenant. Diese Wheeling hatte nicht viel beizutragen. Ich hasse diese Computer-Zeichenprogramme, aber nachdem ich von ihr nichts Verwertbares bekam, hab ich es doch damit versucht. Sie meinte, die Auswahl würde sie noch mehr verwirren. Sie konnte nicht mal meine Fragen beantworten. Breiter, länger, runder, nichts. Sie behauptete, sie hätte den Kerl kaum gesehen.«
    »Hat sie ängstlich gewirkt?«, fragte ich.
    »Kann schon sein«, sagte Shimoff. »Oder sie ist einfach schwer von Begriff und kann mit visuellen Eindrücken wenig anfangen.«
    Milo musterte das Bild. »Es ist besser als alles, was wir bis jetzt hatten.«
    Shimoff sah aus, als wollte er sich am liebsten übergeben. »Ein Teiggesicht wie jedes andere auch.«
    »Hey, vielleicht sieht er tatsächlich so aus. Wie in diesem Comic, wo

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