Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
V-State gearbeitet hat, etwa elf bis sechzehn war.«
»Ein Kind«, sagte er. »Und trotzdem so gefährlich, dass er auf die Spezialstation kam.«
»Die Sache mit der Schilddrüse erscheint mir auch plausibel. Der Bedienung ist eine Narbe am Hals aufgefallen. Dann war er vielleicht wegen einer Szintigraphie im North Hollywood bei Dr. Usfel. Der häufigste Grund für eine Thyroidektomie ist Krebs. Es gibt aber auch Autoimmunerkrankungen, die ein Entfernen der Schilddrüse erforderlich machen, zum Beispiel die Hashimoto-Thyreoiditis. Unabhängig von der Ursache muss er aber täglich eine Pille nehmen, um seine Körperfunktionen zu regulieren. Manchmal ist die Dosierung etwas heikel; wenn er auf der Straße lebt, ist er höchstwahrscheinlich nicht besonders gut eingestellt. Das könnte sein Übergewicht erklären und warum er friert.«
»Krebs?«, fragte Milo. »Hat dieser Psycho jetzt auch noch Mitleid verdient?«
»Schilddrüsenkarzinome gehören zu den Krebserkrankungen mit den besten Heilungschancen. Er kann durchaus sehr alt werden.«
»Es sei denn, seine Körperchemie ist durcheinander.«
»Was die Szintigraphie erklären würde. Er muss sich regelmäßig neue Rezepte ausstellen lassen und dafür einen Arzt aufsuchen. Angesichts seiner Symptome würde ein Arzt aber sofort sehen, dass er nicht regelmäßig in Behandlung ist und sich erst einmal um aktuelle und zuverlässige Werte bemühen, bevor er die Dosis anpasst. Das North Hollywood nimmt vor allem Privatversicherte, sieht aber zweifellos auch viele mittellose Medicaid-Patienten; es wäre also durchaus möglich, dass er dorthin überwiesen wurde.«
»Er kommt wegen eines Scans, erwischt Glenda Usfel auf dem falschen Fuß, und sie setzt ihn vor die Tür.«
»Kommt nicht gut bei ihm an.«
»Meine Damen und Herren Geschworenen, mein Mandant ist ein bisschen überempfindlich, aber er ist nun einmal ein unzurechnungsfähiger Bekloppter, außerdem sind seine Drüsen im Eimer und er ist ein bemitleidenswerter Klapsen-Patient.«
»Eins nach dem anderen.«
»Ja, ja, erst müssen wir ihn haben. Bevor er noch jemanden auf dem falschen Fuß erwischt. Aber wo soll ich mit dieser Schilddrüsengeschichte ansetzen, Alex? Soll ich alle Endokrinologen der Stadt abklappern?«
»Die werden wahrscheinlich sowieso nichts sagen. Die Leute von der Straße werden da weniger Bedenken haben. Sorg dafür, dass Shimoff sich mit John Banforth zusammensetzt und sich die Phantomzeichnung noch einmal vornimmt. Wenn Banforths Angaben nicht ausreichen, versuche ich selbst, sie zu vervollständigen; ich habe den Typ ganz gut sehen können. Vielleicht helfen das Gesicht, die Narbe, der Mantel und das Rätselheft dem einen oder anderen Gedächtnis auf die Sprünge. Selbst wenn er untergetaucht ist, muss er seinen Schlupfwinkel ab und zu verlassen. Wenn wir annehmen, dass er in einer Anstalt gelebt hat, würde ich außerdem Kurkliniken, Sozialämter, Übergangshäuser und Reha-Zentren in der Nähe der Tatorte überprüfen. Das Essen hat er mit Münzgeld bezahlt; das werden kaum die Zinsen eines Investmentkontos sein.«
»Stütze«, sagte Milo. »Oder er bettelt. Wie Eccles. Scheiße, vielleicht ist das genau der Grund, warum er Eccles umgebracht hat: Die beiden hatten so ein Konkurrenzding laufen, und Lammfell griff zu unlauteren Geschäftsmethoden … okay, ich bringe Shimoff und Banforth zusammen. Das hilft uns wirklich weiter, Amigo.«
»Eines noch«, sagte ich. »Lass Zeitungskioske überprüfen, um zu sehen, wo man Rätselbücher mit einem Fragezeichen auf dem Cover kaufen kann. Der in Vitas Nähe hat keine, aber es gibt ja noch jede Menge andere.«
»Ein großer ist am Hollywood Boulevard, nicht weit von der Stelle, wo Lem Eccles gefunden wurde. Apropos, Jernigan hat sich wegen Eccles’ Autopsie gemeldet. Der Bluterguss auf Eccles’ Lippe stammt von einem festen Schlag oder Tritt, höchstwahrscheinlich von einem Stiefel mit stumpfer Kappe. Nicht tödlich, aber fest genug, um ihn k. o. gehen zu lassen. Davon abgesehen ist alles wie bei den anderen. Willst du dabei sein, wenn wir mit Eccles’ Sohn sprechen?«
»Das lass ich mir doch nicht entgehen.«
28
Lemuel Eccles Jr. alias »Lee« war achtunddreißig, hatte ein ausgeprägtes Kinn, kräftige Schultern und blaue Augen, die unruhig umherschweiften, sowie längeres hellbraunes Haar, das an den Spitzen ausgebleicht war.
Typ: in die Jahre gekommener Surfer. Er trug manikürte Nägel, einen Zweitausend-Dollar-Anzug, anthrazit
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