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Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Titel: Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Eichhörnchen, Mäuse und Eidechsen hin. Eine Vipernnatter. Eine streunende Katze. Auch Vögel, wobei wir nie herausfanden, wie er sie gefangen hat. Wie er überhaupt die Tiere gefangen hat. Er war clever genug, sein abseitiges Hobby über Monate geheim zu halten. Fand ein ruhiges Plätzchen hinter einem abgelegenen Werkzeugschuppen, wo er seine Experimente durchführte, die Überreste vergrub und wieder alles sauber machte. Er durfte die Station zwei Stunden am Tag verlassen, einmal vormittags und einmal vor dem Abendessen. Nach den Kadaverfunden schätzen wir, dass er ein Tier pro Tag … bearbeitet hat.«
    Und anschließend aufräumte. Ich dachte an den sauberen Boden, wo Marlin Quiggs Leiche gefunden wurde. »Wie ist man ihm auf die Schliche gekommen?«
    »Der junge Mr. Quigg wurde misstrauisch und ging ihm eines Abends nach. An jenem Tag war es ein Maulwurfjunges.«
    »Was hat Quiggs Misstrauen erregt?«
    »Der Junge war unkommunikativ geworden, ja schlecht gelaunt. Warum das niemand anderem aufgefallen ist? Ich weiß es nicht. Was soll ich Ihnen sagen?«
    »Lehrer und Pfleger verbringen viel mehr Zeit mit Patienten als wir.«
    »Allerdings … Jedenfalls mussten wir angesichts der neuen Faktenlage unseren Therapieansatz anpassen, nur wussten wir nicht, wie. Einige der Mitarbeiter, allen voran Marlin Quigg, setzten sich für eine sofortige Verlegung in die Spezialstation ein. Andere wiederum waren dagegen.«
    Cahanes Augen wanderten nach rechts. »Ich hörte mir alles an und erklärte, ich würde mir für die Entscheidung etwas Zeit nehmen. Als müsste ich alles erst einmal in Ruhe durchdenken. In Wahrheit war ich überhaupt nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Nicht nur, weil ich mir keinen Rat wusste – mein eigenes Leben lag damals in Trümmern. Mein Vater war gerade gestorben, ich hatte mich in Harvard und an der UC in San Francisco beworben und war beide Male abgelehnt worden. Meine Ehe ging in die Brüche. Wir hatten immer Probleme gehabt, aber jetzt trieb ich es auf die Spitze, indem ich eine Affäre mit einer anderen Frau anfing, einer bildschönen, hochintelligenten Frau, nicht dass das eine Entschuldigung wäre. In einem erbärmlichen Versuch, mich mit meiner Frau zu versöhnen, buchte ich eine Kreuzfahrt durch den Panama-Kanal. Doch selbst dieser vermeintliche gute Wille war nichts anderes als purer Egoismus, denn die Fahrt durch den Kanal war immer mein Traum gewesen.«
    Er griff nach seinem Glas, wandelte dann aber seinen Sinn und stellte es unsanft wieder zurück. »Vierundzwanzig Tage auf einem Schiff, dazu fast drei Wochen auf den Outer Banks vor der Küste von North Carolina, weil Eleanor von den Inseln stammt. Ich war dreiundvierzig Tage weg von der Klinik, und während meiner Abwesenheit hat sich jemand des Problems mit dem Jungen angenommen – der Psychologe, der mir Quiggs ursprüngliche Bedenken übermittelt hat. Er teilte Quiggs Meinung und betrachtete das Kind als nicht therapierbar. Er nannte es verseucht – O-Ton. Der Kerl war dumm und machthungrig und viel zu überzeugt von seinen eigenen bescheidenen Fähigkeiten. Ich hatte von Anfang an Bedenken bei ihm, aber seine Referenzen waren erstklassig, auch wenn sie aus dem Ausland stammten. Als Staatsangestellter hatte er einen wasserdichten Vertrag, der ihn nach allen Richtungen schützte, und er hat nie einen Fehler gemacht, der ihm gefährlich hätte werden können.«
    Cahanes zittrige Finger verfingen sich in seinem Haar. »Der kam erst jetzt.«
    Seine Augen irrlichterten im Raum umher. »Ich war auf einem wunderschönen Schiff, tanzte, dinierte. Bestaunte den Kanal.« Er trank von seinem Bourbon, verschüttete etwas und betrachtete die Spritzer auf seinem Ärmel. »Grundgütiger.«
    Ich sagte: »Der Junge kam in die Spezialstation.«
    »Wenn das schon alles gewesen wäre«, sagte Cahane. »Dieser Mann, dieses arrogante Arschloch, beschloss – auf eigene Faust, ohne Anamnese oder Absprache mit Kollegen –, dass die Probleme des Jungen vor allem hormonell bedingt seien. Drüsenfehlfunktion nannte er das. Eine Diagnose wie aus viktorianischer Zeit. Er ließ den Jungen in eine ambulante Klinik in Camarillo bringen, wo er von einem Chirurgen operiert wurde, der nicht genügend Einblick besaß, um die Sache infrage zu stellen.«
    »Eine Thyroidektomie«, sagte ich.
    Cahanes Kopf fuhr hoch. »Das wissen Sie schon?«
    »Ein Zeuge hat eine Narbe an seiner Kehle beschrieben.«
    Cahane packte sein Glas mit beiden Händen und

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