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Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
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gefilmt worden war, konnte dieses Sexvideo eine Menge wichtiger Leute zu Fall bringen. Die Summen, die Fußballclubs für Topspieler bezahlten, übertrafen zusammen wahrscheinlich das Bruttosozialprodukt des ganzen verdammten Landes, nachdem die Schuldzinsen an den IWF gezahlt worden waren. Die Spieler, die Tara Gewalt angetan hatten, würden mit einer Anklage rechnen müssen. Wurden sie strafrechtlich verfolgt und gingen ins Gefängnis, wären die Auswirkungen auf die Vermögen ihrer Vereine unabsehbar. Worst-Case-Szenario: Abstieg, katastrophale Presse, Bankrott. Das Video wäre der Dreh-und Angelpunkt jeder Anklage. Kein Wunder, dass es aus ihrem Büro gestohlen worden war. Aber von wem?
    Die Straßen waren leer. Sogar die Obdachlosen hatten sich zur Ruhe begeben, fiel Jo auf, als sie den Quai entlangblickte. Die Autoheizung war mal wieder ausgefallen, und ihr Atem bildete Wölkchen in der kalten Nachtluft. Sie ließ das Radio an, um sich wach zu halten, obwohl gerade eine dieser Quasselsendungen lief, in denen die Anrufer sich gegenseitig beschimpften und der Moderator sich moralisch überlegen gab, um sie noch mehr zu provozieren. Wer hatte ihr dieses Video geschickt?, fragte sie sich zum hundertsten Mal. Es könnte Tara selbst gewesen sein, aber warum sollte sie ihr nur die halbe Geschichte erzählen, wenn sie Presley so verzweifelt finden wollte? Jedenfalls hatte sie bei der Befragung versucht, diesen Teil ihres Lebens geheim zu halten, so viel stand fest.
    Jos Handy meldete piepend eine SMS . Sie hielt es mit gestreckten Armen oben aufs Lenkrad und klickte die Nachricht an, wobei sie immer wieder auf die Straße sah, die nach einem Schauer im Licht der Straßenlampen glänzte.
    Die Nachricht war von Rory, getippt in dieser phonetischen Schreibung der Jugendlichen, die nur verstehbar wurde, wenn man sie laut las. Er teilte ihr mit, dass Harry und Sal fest schliefen und er jetzt ebenfalls ins Bett ging. Der Text endete mit einem Schlafgesicht-Emoticon. Jo lächelte in sich hinein. Er war wirklich ein guter Junge, und sie würde ihn am Wochenende für den entgangenen Abend entschädigen. Der Frust, kein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben hinzubekommen, plagte sie ständig.
    Sie fuhr vor der Ever-Oil-Tankstelle, an der Presley entführt worden war, an den Straßenrand, stellte Radio und Motor ab, schaltete auf Standlicht und starrte hinüber. Sie musste den Ort bei Nacht sehen, um sich ein Bild davon machen zu können, wie er sich dem Kidnapper präsentiert hatte. Die Tankstelle war gut beleuchtet, und das auffällige gelborange Logo strahlte bei Dunkelheit noch greller. Der Vorhof mit den Zapfsäulen war verlassen, der Shop von innen mit Metallrollläden abgedichtet. Ein Nachtschalter mit einem Geldschlitz schien jedoch besetzt zu sein, denn sie sah, wie sich drinnen ein Schatten bewegte.
    Irgendetwas an dieser Tankstelle kam ihr merkwürdig vor, schon seit heute Morgen, als sie zum ersten Mal mit Tara da gewesen war; es hatte den ganzen Tag über an ihr genagt. Der Laden war total schäbig und hatte dringend ein paar Instandhaltungsarbeiten nötig, ganz zu schweigen von einer Rundumrenovierung. Die Angestellten an diesem Vormittag waren alle Ausländer gewesen, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass sie unter der Hand und unterhalb des Mindestlohns bezahlt wurden.
    Sie persönlich würde hier nur tanken, wenn es gar nicht anders ging. Im ganzen Land machten gut in Schuss gehaltene Tankstellen dicht, und es wurde langsam schwierig, von A nach B zu kommen, ohne dass einem das Benzin ausging, aber diese hier lag mitten in der Stadt und hätte mit den richtigen Investitionen eine Goldgrube sein müssen. Wie man es auch betrachtete, Lage und Zustand des Ladens passten einfach nicht zusammen.
    Jo beobachtete einen Betrunkenen, der von der Straße her auf den Schalter zutorkelte. Sein zerschundenes, verschorftes Gesicht ließ ihn elend aussehen und erschwerte es, sein Alter zu schätzen. Seine Laufschuhe bogen sich an den Zehen nach oben, weil sie mehrere Nummern zu groß waren. Sie hörte, wie er in das in die Scheibe eingebaute Mikrofon hineinbrüllte und frustriert gegen das Plexiglas hämmerte, damit die Schattengestalt im Inneren sich um ihn kümmerte.
    Ihr Blick wanderte zu der hochmodernen Überwachungs kamera über der Tür. Sie dachte an die Bilder von den Außen- und Innenbereichen, die sie sich heute angesehen hatte, und wie gestochen scharf diese gewesen waren.
    »Das ist es,

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