Rachewahn: Thriller
versicherte Anna ihr.
„Wenn ich etwas dazu sagen dürfte“, meldete Volker sich wieder zu Wort. „Wäre es nicht möglich, dass Sie den älteren Herrn für eine Minute nach draußen gehen lassen, damit er direkt an den Bus urinieren kann? Er könnte neben der Tür stehen bleiben. Dort haben Sie ihn immer im Blick und könnten sofort eingreifen, falls er wirklich etwas Dummes machen sollte.“
„Das stimmt, allerdings hätte ich dann die anderen Passagiere nicht mehr zur Genüge im Auge. Und jetzt wird nicht länger darüber diskutiert. Ich muss mich um wichtigere Dinge kümmern.“ Anna warf einen Blick durch die Frontscheibe. Dabei erkannte sie, dass die ersten Einsatzwagen der Polizei am Anfang der Straße eintrafen. Einige Beamte stiegen aus und regelten den geordneten Rückzug der Zivilisten. Anschließend riegelten sie alle Zugänge der Straße mit Bändern ab. Im Seitenspiegel konnte Anna dasselbe Treiben hinter dem Bus sehen. Zwischen diesem und den Polizisten befanden sich nun in beiden Richtungen mindestens dreißig Meter. Zudem gab es in diesem Bereich keine Nebenstraße oder -gasse.
Wunderbar. So soll es sein.
Drei Minuten später verriet ihr ein weiterer Blick durch die Frontscheibe, dass Nora Feldt und Thomas Korn hinter der nördlichen Absperrung eintrafen. Daraufhin sah sie auf die Uhr und nickte zufrieden.
Sehr gut. Sie sind rechtzeitig hier eingetroffen. Dann wird es Zeit für den Anruf.
Sie nahm ihr Handy wieder in die Hand und wählte die Nummer, die sie vorhin von der Zentrale der Polizei erhalten hatte. Nach einigen Sekunden ertönte das Freizeichen. Dann erklang eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung: „Hallo? Hier spricht Nora Feldt.“
„Wie ich sehe, haben Sie es rechtzeitig zu meiner kleinen Party geschafft. Sie haben sogar noch drei Minuten Spielraum. Ich bin begeistert. Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut.“
„Wir tun, was wir können.“
„Das ist eine gute Einstellung. Wenn Sie diese noch einige Stunden lang vertreten, dann wird dies ein wundervoller Tag für uns alle werden.“
„Zu spät. Mein Tag ist ab sofort nicht mehr wundervoll.“
„Ach, seien Sie nicht so pessimistisch, Frau Feldt. Warten Sie einfach ab, was ich geplant habe, und spielen Sie mit. Mehr verlange ich nicht von Ihnen. Das werden Sie schon schaffen.“
„Es geht um gestern, nicht wahr?“
„Scharf kombiniert.“
„Was genau verlangen Sie, Anna?“
„Immer langsam. Zunächst einmal wollte ich nur einen Kontakt zu Ihnen herstellen. Wenn Sie ein Fernglas zur Hand nehmen, dann können Sie sehen, dass ich über genug Sprengstoff verfüge, um den ganzen Bus in die Luft zu jagen. Zudem habe ich einen Totmannschalter in der linken Hand. Was das bedeutet, wissen Sie.“
„Verstanden.“
„Okay. Ich verlasse mich auf Sie. Niemand schießt auf mich, niemand stürmt den Bus. Sonst macht es sofort Kawumm ! Dann müssten Sie sehr viele Leichenteile, Scherben und Metall einsammeln. Das wollen Sie sicherlich nicht, oder?“
„Nein.“
„Habe ich mir gedacht.“ Anna gluckste. „So, das war’s bereits. Alles andere werden wir später besprechen.“
„Warten Sie! Legen Sie noch nicht auf! Ich muss wissen, ob es bereits Verletzte oder Tote im Bus gibt.“
„Das dürfte Ihnen Ihre Zentrale doch schon mitgeteilt haben. Wir haben hier einen verwundeten Mann. Er war aufmüpfig. Deshalb habe ich ihm einen Streifschuss an der rechten Schulter verpasst. Nichts Lebensbedrohliches. Wenn ich ihn mir jetzt ansehe, dann wird er es problemlos noch einige Stunden hier aushalten. Das reicht.“
„Nein, das reicht nic…“
Anna legte auf. Sie wollte sich unter keinen Umständen auf eine Diskussion mit Nora Feldt einlassen. Sie hatte hier das Sagen. Alles würde so ablaufen, wie sie es wollte. Oder besser gesagt: Wie siees wollten .
18
Ein Tag zuvor
„Halten Sie die Tür geschlossen!“, fuhr Luzius Albert an. „Niemand soll meine Tochter so sehen. Das ist unwürdig!“
„Ich will zu meinem Sohn“, entgegnete Albert, wobei er jede einzelne Silbe betonte. „Das verstehen Sie doch sicher, nicht wahr?“
„Ja, natürlich. Aber deshalb können Sie trotzdem die Tür schnell wieder hinter sich schließen.“
„Was glauben Sie denn, was ich vorhabe?“
„Dann machen Sie schon!“
Mit einem Knall zog Albert die Tür hinter sich zu und eilte durch die Eingangshalle. Veronika blieb völlig verstört im Büro zurück. Sie wusste weder ein noch aus.
Mehrere Gäste sprachen Albert an, um
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