Rachewahn: Thriller
Arbeit.“
„Wahrscheinlich geht er dir aus dem Weg, weil du nicht auf seine Einladung eingegangen bist.“
„Ich bitte dich. Das liegt jetzt schon über ein halbes Jahr zurück.“
„Und wie oft hast du ihn seit dieser Zeit gesehen?“
„So gut wie gar nicht“, musste Nora zugeben. „Aber das ist doch kein Wunder. In dieser Zeit hat es weder einen Mord noch einen größeren Diebstahl gegeben. Bei welcher Gelegenheit hätten wir uns also über den Weg laufen sollen?“
„Gutes Argument. Aber ich glaube nicht, dass es nur daran liegt. Wärst du damals mit ihm ausgegangen, dann hätte er sicherlich die eine oder andere Ausrede erfunden, um dich in deinem Büro zu ‚besuchen’. Du weißt schon, solche Sachen wie: ‚Mein Telefon ist kaputt. Kann ich mal Ihres benutzen’?“
Nora verdrehte die Augen. „Dann weißt du jetzt genau, warum ich nicht darauf eingegangen bin. Auf so einen Schwachsinn kann ich nämlich verzichten. Mein Herz gehört weiterhin Timo.“
„Findest du Ruttig denn nicht zumindest ein bisschen attraktiv?“ Tommy hatte diese Frage gerade ausgesprochen, da kam Waldemar aus dem Flur zu ihnen herüber.
„Wenn man vom Teufel spricht“, flüsterte Nora, wobei sie froh war, dass sie Tommy nicht mehr antworten musste.
Ihr Kollege sah Ruttig mit einem Lächeln an. „Da sind Sie ja. Wir haben gerade von Ihnen gesprochen.“
„Tatsächlich? Ich hoffe, in einem guten Zusammenhang?“ Der 36-Jährige war einsachtzig groß und wirkte sehr schmächtig. Er trug ein rotes T-Shirt zu einer Bluejeans. Seine blonden Haare reichten bis zu den Schultern hinab.
„Aber natürlich“, erwiderte Tommy. Dabei fiel ihm auf, dass Waldemar nicht einmal einen Blick auf Nora warf. Er trat wortlos an ihr vorbei und ging ins Bad. An seinen Händen und Füßen trug er bereits Latexüberzieher.
„Heiliger Strohsack. Erstochen am Hochzeitstag. Schlimmer geht es wohl kaum.“
Tommy holte Luft. „Da haben Sie recht. Es beweist mal wieder, wie dicht Freud und Leid zusammenliegen. Im einen Moment denkt man noch, dass alles wunderbar ist, und im nächsten nimmt man seinen letzten Atemzug. Grausam, aber wahr.“ Er fixierte Ruttig. „Wie lange werden Sie und Ihr Team hier ungefähr für die Untersuchungen brauchen?“
„Das ist schwer zu sagen. Schließlich ist das Bad recht groß. Daher wird es schon einige Zeit dauern. Möglicherweise sind die Jungs im Büro drüben schneller. Beim Vorbeigehen habe ich nämlich gesehen, dass es ein wenig kleiner ist.“
„Gut, dann werden wir zuerst dort nachschauen. Wenn Sie hier etwas Wichtiges finden …“
„Werde ich Ihnen Bescheid geben, sofern ich die jeweilige Spur schon mit eindeutiger Sicherheit bestimmen kann“, fiel Ruttig ihm ins Wort.
„So soll es sein. Bis später dann.“ Nora und Tommy nickten Waldemar zu und schritten zur Eingangshalle. Dort hatten ihre Kollegen den größten Bereich inzwischen mit Absperrband gesichert. Die neugierigen Hochzeitsgäste standen alle in einem eingegrenzten Abschnitt, der zum Wohnzimmer hinführte.
„Ich wundere mich, dass die Presse noch keinen Wind von der Sache bekommen hat“, äußerte Nora, als sie mit Thomas das Büro erreichte. Doch wie aufs Stichwort hörte sie einen schallenden Ruf: „Ich bin schon längst hier! Sie sollten mich nie unterschätzen, Frau Kommissarin.“
Nora drehte sich zum Absperrband um und stöhnte. Soeben drängelte sich ein junger Reporter vor die Gäste und grinste Nora breit an. „Sie sollten mittlerweile wissen, dass ich von der schnelle Truppe bin. Allerdings muss ich zugeben, dass mir in diesem Fall etwas Unterstützung zugute kam. Unsere Fotografen waren schon hier, um Bilder von der Feier einzufangen. Sobald sie ahnten, was passiert ist, riefen sie mich an. Tja, und schon bin ich vor Ort. Der rasende Reporter. Was können Sie mir denn schon berichten? Haben Sie eine Spur? Einen Verdächtigen? Die Tatwaffe?“
Nora ließ diese Fragen unkommentiert in der Halle stehen. Sie konnte Frank Gunst nicht leiden, da er sie bei den letzten Mordfällen beschattet und zu den Tatorten verfolgt hatte. Für eine ‚große Story’ würde er alles tun. Das stand außer Frage. Daher wandte Nora sich wieder ab und sah zum Büro. Vor diesem stand einer ihrer Kollegen, der sie mit einem Nicken begrüßte und die Tür öffnete. Dabei war es den Gästen unmöglich, einen Blick ins Büro zu werfen. Das Absperrband war in einem ausreichenden Radius aufgespannt worden.
Tommy lehnte sich gegen den
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