Rachewahn: Thriller
enttäuschen mich. Ich habe doch gerade bewiesen, dass ich über echten Sprengstoff verfüge. Die Bullen wissen nun genauso gut wie Sie, dass ich nicht bluffe.“
„Haben Sie die ermittelnden Kommissare gestern während der Hochzeitsmorde getroffen? Haben Sie die beiden deshalb konkret angefordert?“
„In der Tat habe ich Frau Feldt und Herrn Korn gestern getroffen. Die beiden haben den Mörder verhaftet, also werden sie nun dafür sorgen, dass er wieder freikommt. Darin sehe ich kein Problem.“
„Sie unterschätzen offensichtlich die Bürokratie. Um einen Gefangenen aus dem Gefängnis zu bekommen, müssen die Beamten sicherlich Anträge bei der Staatsanwaltschaft einreichen. Das dauert lange und hat bestimmt keine große Aussicht auf Erfolg.“
„Schauen Sie mal nach vorne. Was sehen Sie dort hinter der zweiten Absperrung? Genau. Reporter. Mittlerweile dürften Zeitungs-, Radio-, und sogar Fernsehberichte in Arbeit sein. Diesem öffentlichen Druck werden sich die Anwälte beugen müssen . Die wissen schließlich genau, dass sie sonst das Blut der vierzig Menschen in diesem Bus an den Händen haben. Und das würde dank der Reporter schon bald ganz Deutschland wissen.“
Volker kaute nervös auf seinen Fingernägeln herum. „Ich verstehe. Okay, nehmen wir mal an, das klappt tatsächlich. Die Polizei bringt den Mörder her und Sie können ihn töten. Wie sieht Ihr weiterer Plan aus? Die Bullen wissen, wer Sie sind. Sie haben keine Fluchtmöglichkeit.“
„Ich habe einen ganzen Bus in meiner Gewalt. Ich könnte Ihnen jetzt befehlen, nach Berlin zu fahren.“
„Damit wäre aber nichts gewonnen. Die Polizei würde uns verfolgen. Sie wird Sie ab sofort keine Sekunde mehr aus den Augen lassen. Egal, wohin wir fahren. Es gibt kein Entkommen aus diesem Bus.“
„Ich würde den Bullen aber sagen, dass ich den Bus sprenge, sollten sie uns wirklich folgen.“
Volker hatte bereits einen weiteren Einwand auf der Zunge, doch im selben Moment ertönte die weibliche Stimme aus der Buszentrale durch das Funkgerät: „Herr Graustein, bitte melden Sie sich. Herr Graustein, hier spricht die Zentrale.“
„Ich bin überrascht, dass wir nicht schon früher wieder etwas von Ihrer Zentrale gehört haben“, sagte Anna zu Volker. „Aber die Frau werden wir jetzt ein wenig schmoren lassen. Bestimmt hat sie schon Kontakt zu den Bullen aufgenommen und mit denen eine Strategie entwickelt. Das soll mir recht sein. Die Leute können planen, so viel sie wollen. Es wird nichts nützen.“
Volker seufzte. „Ich hätte niemals gedacht, dass es so enden würde. Zwar war ich nicht gerade zufrieden mit meinem Leben, aber in Anbetracht dieser Geiselnahme erscheint es mir auf einmal wieder lebenswerter als je zuvor.“
„Sehen Sie? Meine Handlungen haben auch etwas Gutes. Außerdem könnten Sie noch ein Held werden, Volker. Behalten Sie Ihre Nerven im Griff und retten Sie das Leben der Passagiere. Wer weiß, wie sich Ihr Leben dann noch entwickeln wird. Immerhin kennen Sie das Ende dieser Geschichte noch nicht.“
„Ich kann es mir aber zusammenreimen. Sie erschießen den Mörder Ihrer Freunde, die Polizei erschießt Sie und wir werden alle aufgrund des Totmannschalters sterben. Eine Alternative sehe ich nicht.“
„Sie sollten nicht alles so düster sehen. Ich versichere Ihnen, dass das Ende Sie überraschen wird.“
„Hätte es keine andere Möglichkeit für Sie gegeben?“
„Um an den Mörder zu kommen?“
„Ja.“
„Ich habe keine Chance gesehen. Immerhin war ich gezwungen, schnell zu handeln. Wer weiß, wo der Kerl in den nächsten Stunden hingebracht worden wäre. Ich muss ihn jetzt und hier kriegen. Sonst verpasse ich vielleicht die einzige Möglichkeit, für Gerechtigkeit zu sorgen.“
Volker ignorierte den erneuten Versuch der Kontaktaufnahme aus der Zentrale und sagte: „Einen weiteren Mord nennen Sie Gerechtigkeit? In meinen Augen ist das unsinnige Vergeltung. Sie sollten wissen, dass es etwas Schlimmeres als den Tod gibt. Und zwar Schmerz und Qual. Das würde der Mörder im Gefängnis früh genug erfahren. Aber ein schneller Tod ist keine Gerechtigkeit.“
„Es ist mir klar, dass Sie mich auf diese Weise umstimmen möchten. Sie versuchen einen Draht zu mir aufzubauen. Schließlich steht Ihr Leben auf dem Spiel. Aber wenn Sie ehrlich sind, dann würden Sie anders darüber denken, wenn Sie jetzt in Sicherheit wären. Die Verhältnisse in den heutigen Gefängnissen sind bei Weitem nicht mehr so schlimm,
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