Rachewahn: Thriller
wie sie es einmal waren. Die Verbrecher haben sogar einen Fernseher mit Kabelanschluss in ihrer Zelle.“
„Aber nicht die Mörder, Vergewaltiger und Kinderschänder.“
„Sind Sie sich dessen absolut sicher? Waren Sie mal im Knast? Haben Sie dort die Zelle eines solchen Abschaums gesehen?“
„Nein“, musste Volker zugeben.
„Damit wäre dieses Thema wohl erledigt.“ Anna wollte schon zu ihrem Handy greifen, fügte dann aber noch hinzu: „Darüber hinaus kann man aus Gefängnissen ausbrechen. Das ist kein Hollywood-Märchen. Das passiert. Ich sorge lediglich dafür, dass eines dieser Monster kein Unheil mehr anrichten kann. Nie wieder.“
„Indem Sie selbst zum Monster werden?“
„Ja. Das nehme ich dafür in Kauf.“
30
Ein Tag zuvor
„Wir sind fertig“, teilte ein Beamter der Spurensicherung den beiden Kommissaren mit, als diese soeben aus der Küche kamen. „Das Büro haben wir vollständig überprüft. Wir konnten weitere Fingerabdrücke finden. In einer der Schubladen befindet sich die Gästeliste. Die dürfte Ihnen in Sachen Koordination und Befragung der Anwesenden weiterhelfen.“
Nora nickte. „Gut, wir werden sie uns gleich ansehen. Wurden die Leichen inzwischen weggeschafft?“
„Zumindest die Leiche der Braut. Ich weiß nicht, wie weit die Kollegen drüben im Badezimmer sind.“
„Wir sind dort ebenfalls fertig“, tönte eine Stimme zu ihnen herüber. Nora und Tommy blickten sich um und sahen Waldemar Ruttig auf sich zukommen. Er warf die Arme in die Luft und sagte: „Ich werde noch nicht schlau aus diesem Drama. Wer ermordet ein junges Paar an deren Hochzeitstag? Und wieso den Bräutigam im Bad und die Braut im Büro? Warum war sie überhaupt in dem Raum? Wie passt das alles zusammen?“
Der Beamte sagte: „Möglicherweise hat der Mörder das Brautpaar unter einem Vorwand getrennt und dann zunächst die Braut hierher geführt. Oder der Bräutigam musste ins Bad und der Mörder hat die Situation ausgenutzt.“
„Es ist noch zu früh, um den Tathergang rekonstruieren zu können“, wusste Nora. „Daher sollten wir jetzt zuerst die Gästeliste holen und uns dann um diesen Matthias Weiden kümmern.“
Während der Beamte von der SpuSi nickte und zur Haustür ging, betraten Nora, Tommy und Waldemar noch einmal das Büro. Nora holte die Gästeliste aus einer der Schreibtischschubladen hervor und überflog sie. „Vier Seiten. Einhundertachtzig Namen. Das wird eine Menge Arbeit werden.“
„Daran soll es nicht scheitern“, erwiderte Thomas. „Aber es wäre enorm hilfreich, wenn wir den Tathergang doch schon ansatzweise rekonstruieren könnten. Auf diese Art dürften wir nämlich einige Gäste sofort ausschließen können.“ Er rieb sich die Nase. „Das Brautpaar wurde zuletzt vor etwa vierzig Minuten im Garten gesehen. Aber was geschah dann? Sind die beiden gemeinsam hier ins Haus gegangen? Oder nacheinander? War jemand bei ihnen? Hat jemand auf sie gelauert? Das muss doch jemand gesehen haben.“
„Wenn das so gewesen wäre, dann hätte dieser jemand sich schon gemeldet. So wie Jens und Cora.“
„Es sei denn, dieser jemand will den Mörder mit seinem Wissen erpressen.“
„Gibt es hier denn keine Videokameras?“, fragte Ruttig dazwischen, wobei er das Büro mit seinen Blicken überprüfte. Doch er konnte keine Kameras entdecken.
„Meine Frau ist zusammengebrochen! Sie hat einen Schwächeanfall erlitten“, schallte plötzlich eine Stimme durch den Raum. In der Tür stand Albert Hortmann. Er wirkte sehr blass und apathisch. „Ich habe den Notarzt bereits alarmiert. Hoffentlich kommt der schnell her.“
Thomas schluckte. „Es tut uns schrecklich leid, dass Sie das alles durchmachen müssen. Wenn Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen möchten, müssen Sie es nur sagen. Wir können Ihnen erstklassige Psychologen zur Seite stellen.“
„Darauf kommt es jetzt nicht mehr an“, hauchte Albert. „Meine Frau und ich durchleben gerade die Hölle auf Erden. Entweder überleben wir sie aus eigener Kraft heraus. Oder wir sterben genau wie unser Sohn. So simpel ist das.“
„So simpel ist das nicht“, widersprach Tommy. „Ihr Sohn würde nicht wollen, dass Sie so denken.“
Albert winkte ab. Kurz darauf taumelte er schon wieder wirr zurück in die Eingangshalle. Sofort stieß ein Beamter zu ihm, um ihn zu stützen. Doch Albert schubste den Mann von sich weg und torkelte in Richtung Wohnzimmer.
„Die Kollegen müssen sich unbedingt um ihn kümmern“,
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