Rachewahn: Thriller
Es liegt keine Vergiftung vor. Auch gibt es keine weiteren Verletzungen.“
„Wie tief sind die Stichwunden jeweils?“
„Bei dem Bräutigam ist der Stich sechs Zentimeter tief ins Herz eingedrungen. Es ist sicher, dass er auf der Stelle daran starb. Die Wunde bei der Braut ist knapp fünf Zentimeter tief.“
„Wir können also davon ausgehen, dass der Mörder über einige Kraft verfügt. Schließlich ist es nicht leicht, ein Messer so tief in einen menschlichen Körper zu rammen. Gerhardt Frost ist dazu aber sicherlich im Stande.“
„Meinst du nicht, dass eine Frau ebenfalls dazu fähig ist? Vor allem, wenn sie in Rage ist?“
„Doch, aber für mich sehen diese Morde nicht wie emotionale Verbrechen aus. Es gibt keine Kampfspuren an den Tatorten, keine Anzeichen für brutale Gewalt. Vielmehr liegen zwei gezielte Einstiche vor. Das deutet auf Kalkül hin und spricht meiner Meinung nach für einen Mann.“
„Deine Einstellung ist ganz schön sexistisch. So kenne ich dich gar nicht. Könnte es vielleicht sein, dass du partout einen Mann hinter der Tat wissen willst, weil es sich bei den Opfern um ein junges, frisch vermähltes Brautpaar handelt?“
„Nun ja, da ist schon etwas dran. Ich gebe zu, dass ich eine Frau nicht mit diesen abscheulichen Morden in Zusammenhang bringe.“
Nora lehnte sich zurück. „Aber ich bin weiterhin der Ansicht, dass auch Frost nicht wirklich in das Profil passt. Es sprechen zwar einige Punkte gegen ihn, doch wirkt er auf mich nicht gerade wie ein berechnender, eiskalter Mörder. Denk doch nur daran, wie er uns sofort von dem Drogenverkauf berichtet hat. Er machte einen ängstlichen, unsicheren Eindruck.“
„Das ist bestimmt der Kniff an der Sache. Wir sollen denken, dass er nicht in das Muster passt. Sicherlich hat er sich im Vorfeld ausgiebig mit ‚psychologischer Kriegsführung’ beschäftigt. Er weiß, wie wir vorgehen und zu welchen Schlüssen wir aufgrund der Hinweise gelangen. Das nutzt er geschickt aus.“
„Das ist natürlich möglich. Ich bin allerdings verblüfft, dass ausgerechnet du so etwas vermutest. Normalerweise bin ich diejenige, die solche skeptischen Theorien entwickelt.“
„Im vergangenen Jahr hast du damit aber häufig richtig gelegen.“
„Soll das etwa bedeuten, dass du dir diese argwöhnische Ermittlungsstrategie von mir abschaust?“ Sie zwinkerte ihm zu.
„Ich verfeinere sie.“
„Ah, ja. Dann muss ich dir aber sagen, dass du sie noch nicht perfektioniert hast.“
„Nein? Wieso nicht?“
„Du hast eben gesagt, dass du eine Frau nicht mit diesen abartigen Taten in Zusammenhang bringst. Dabei könnte auch das die ‚Kriegsführung’ einer Mörderin sein.“
„Stimmt. Heutzutage ist den Menschen leider alles zuzutrauen. In Sachen Grausamkeit gibt es keine Geschlechtsgrenzen.“
Als es an der Tür klopfte, rief Nora laut: „Herein!“
Im nächsten Moment erschienen Anna und Jonas im Büro. Sie schlossen die Tür hinter sich und traten näher an den Schreibtisch heran. Tommy erhob sich und forderte die beiden auf, sich auf den Stühlen niederzulassen.
„Ich hoffe, dass wir Sie nicht gerade bei einer wichtigen Besprechung stören“, äußerte Anna. Sie trug noch ihr Kleid und schien überaus aufgeregt zu sein.
„Nein, keineswegs. Wie können wir Ihnen helfen?“
„Wir haben ein wenig überlegt und dabei einige Schlussfolgerungen angestellt“, erklärte Anna. „Die Morde wurden an zwei verschiedenen Orten durchgeführt. Deshalb sieht es für uns stark danach aus, dass es nicht nur einen, sondern zwei Täter gibt. Haben Sie daran schon gedacht?“
Nora rollte ihren Stuhl vor und erwiderte: „Wir ermitteln in mehrere Richtungen. Die Anzahl der Täter ist in diesem Fall -“
„Und wir wissen vermutlich, wer diese beiden Mörder sind“, fiel Jonas der Kommissarin ins Wort.
„Tatsächlich? Und wen verdächtigen Sie?“
„Die beiden Väter! Marks und Stefanies Vater stecken unter einer Decke. Es muss so sein. Alles deutet darauf hin.“
„Wie kommen Sie auf diese Idee?“, wollte Tommy mit einem verdatterten Gesichtsausdruck wissen.
„Beide kennen sich im Haus der Hortmanns aus. Beide konnten sich Mark und Stefanie nähern, ohne den geringsten Argwohn zu erwecken. Beide sind über jeden Verdacht erhaben, da sie eben die Väter sind! Vermutlich haben Sie sie sofort ausgeschlossen, oder? Aber genau darin liegt der Clou! Darauf spekulieren die beiden!“
„Das ist ein interessanter Ansatz. Aber wo sehen Sie deren
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