Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt
Ich glaube, er kennt sie ziemlich gut.«
»An die
NyhedsPosten
?«, fragte Ivar K. »An diesen Idioten Jimmi Brandt?«
Omar Said nickte.
»Wir haben ihm die Sachen häppchenweise serviert.«
»Was ist mit dem Timing? Warum sollte die Explosion ausgerechnet an diesem Tag zu dieser Uhrzeit stattfinden?«
»Er hatte uns die Information gegeben, wann Francesca Olsen sich in Kopenhagen aufhalten würde. Dann sagte er, dass wir noch einen Nebengewinn einkassieren und eine bestimmte Journalistin plattmachen könnten, die sich im Solarium aufhalten würde. Sie hatte uns schon lange genervt. Er hatte auf Facebook gesehen, dass sie …«
Wagner spürte, wie sein Puls sich erhöhte. Tatsächlich tauchte Dicte Svendsen im Bild auf, genau wie Lena Lund es vermutet hatte.
»War er allein?«
Said schüttelte den Kopf.
»Er hatte eine Frau dabei.«
»Können Sie die beschreiben?«
Omar Said beschrieb eine Frau mit langen blonden Haaren, einem ovalen Gesicht und hellblauen Augen.
Wagner sah zu Ivar K, der kaum erkennbar den Kopf schüttelte. Die Beschreibung sagte ihnen beiden nichts, trotzdem machte Wagners Herz wilde Sprünge. Etwas in ihm sagte, dass sie sich der Wahrheit um den Sohlenabdruck näherten.
Erneut wurde er vom Klingeln seines Handys unterbrochen. Auf dem Display erkannte er, dass es Lena Lund war, und ging hinaus auf den Gang.
»Wo sind Sie?«
»Im Krankenhaus von Skejby«, antwortete sie und präsentierte ihm die dritte Überraschung an diesem Tag.
»Sie wissen doch bestimmt, dass Peter Boutrup hier behandelt wurde?«
Er nickte. Selbstverständlich wusste er das. Boutrup hatte ein Nierenleiden gehabt und die Niere eines Hirntoten transplantiert bekommen.
»Ich habe mich ein bisschen umgehört, so ganz inoffiziell, und habe mich mit einer sehr netten und auskunftswilligen Krankenschwester unterhalten. Es steht fest, dass sie mehrmals hier war, um ihn zu besuchen.«
»Wer?«
Während er die Frage stellte, wusste er bereits die Antwort, und die möglichen Konsequenzen prasselten auf ihn ein, bevor Lena Lund sagte: »Dicte Svendsen. Das bestätigt, was ich die ganze Zeit gesagt habe. Sie kennt ihn und ist somit eindeutig in den Fall involviert.«
Wagner konnte förmlich vor sich sehen, wie ihre Faust siegessicherLöcher in die Luft stieß. Er fühlte sich wie die Frau vom Fischer. Drei Überraschungen. Drei erfüllte Wünsche. Auf den letzten hätte er gern verzichtet.
KAPITEL 63
Dicte stopfte die blutverschmierte Kleidung in die Waschmaschine und drückte den Startknopf, bevor ihr Gehirn sie warnen konnte, dass sie dabei war, Beweismaterial zu vernichten. So würde es zumindest die Polizei sehen. Aber was bedeutete schon »schuldig« oder »unschuldig«? Es gab Fakten und es gab Mutmaßungen, und es war notwendig, die beiden auseinanderzuhalten. Was war in Ry vorgefallen? Tatsache war, dass sie im Zelt geschlafen hatte. Sie glaubte es zwar nicht, aber theoretisch hätte Peter B – wie sie ihn heimlich nannte – My im Morgengrauen im Baum aufhängen, den Hund an ihrer Nachtstätte anbinden und dann zum See gehen und vorgeben können, dass er von ihr die Nase voll hatte und in der Nacht umgezogen war. Theoretisch gesehen hätte ihr Sohn My umbringen können. Und da stand sie nun, möglicherweise sehr naiv und von ihm manipuliert, damit sie an seine Unschuld glaubte, ohne dass er ein Wort dazu gesagt hätte. Nicht einmal der Versuch einer Erklärung.
Sie wartete, bis die Trommel sich drehte, und fragte sich, ob das Blutband ihre Instinkte außer Kraft setzte. Die Gewissheit seiner Unschuld war stark. Aber woher kam diese Überzeugung? Hatte sie das geringste Fundament angesichts der Vermutungen, was wahrscheinlich passiert war? Oder glaubte sie einfach das, was sie glauben
wollte
? Wie eine Mutter ihren Sohn sehen wollte?
Sie verließ das Waschhaus und kehrte zurück ins Haupthaus mit einem Korb frischer Wäsche unter dem Arm, die sie aus dem Trockner geholt hatte. Sie hatte in der Redaktion angerufen und gesagt, in den nächsten Tagen von zu Hause aus arbeitenzu wollen. Sie hatte genug Material, um Artikel zu schreiben. Aber wie immer war es verlockender, sich zuerst der einfachen Aufgaben anzunehmen. Wäsche zusammenlegen war nicht besonders glamourös. Aber es war durchaus geeignet, um die Gedanken zu sortieren, vor allem in Anbetracht dieses Chaos mit einem mundfaulen Flüchtigen im Haus war es wunderbar, seine Hände benutzen zu können.
Er hatte zwei Stunden geschlafen. Jetzt hörte sie
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