Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rachmann, Tom

Rachmann, Tom

Titel: Rachmann, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Unperfekten
Vom Netzwerk:
Ausgang ihres Gesprächs mit Nigel. Eine Affäre guthaben - wovon reden wir
eigentlich?
    Gegen Ende der Woche taucht
sie in Berlusconis Parteizentrale in der Via dell'Umiltá auf. Dario kommt
runter zum Empfang. Er tritt sicherer auf als früher, ist selbstbewusster. Bei
seinen Kollegen genießt er Respekt. Er eskortiert sie in sein Büro.
Scharlachroter Teppichboden, an einer Wand ein Flachbildfernseher ohne Ton,
aber mit einem Mix aus sämtlichen Nachrichtenkanälen, an der Decke ein Fresko
von einer napoleonischen Kavallerieschlacht. »Vielleicht hast du recht mit
Berlusconi, wenn der solche Büros lockermacht«, sagt sie und schaut durch die
offenen Fensterläden in den Innenhof vier Stockwerke tiefer.
    »Darf ich dir einen Kaffee
bringen lassen?«
    Sie setzt sich. »Keine Zeit.
Leider.«
    »Das ist also nur ein kurzes
Hallo?«
    »Nur ein Quickie«, sagt sie.
»Komisch, nicht? Unsere Arbeitsplätze liegen so dicht beieinander, aber wir
sind uns nie über den Weg gelaufen.«
    »Ich wusste, dass du wieder am
Corso Vittorio bist, aber ich habe einen Bogen darum gemacht.«
    »War ein Fehler.«
    »Ich weiß - war dumm.«
    »Na, wie auch immer.« Sie
steht wieder auf.
    »Das war wirklich kurz.« Er
steht auch auf und kommt um den Schreibtisch herum.
    Sie berührt mit ihrer Hand
seinen Nacken. Beugt sich vor, um ihn zu küssen.
    »Das ist keine so gute Idee.«
Er tätschelt ihre Hand, die immer noch auf seinem Nacken liegt, aber er schiebt
sie nicht weg.
    »Nur ein einziger Kuss? Damit
ich mich wieder erinnere, wie sich das anfühlt?« Sie kichert - und zieht die
Hand weg. »Entschuldige, ich konnte dir nicht widerstehen.«
    »Schön zu hören.«
    »Also - nein?«
    »Keine gute Idee.«
    »Und wenn wir die Fensterläden
zumachen?« Sie klopft vielsagend auf den lederbespannten Schreibtisch. Er
lacht. »Du bist verrückt.«
    »Wann machst du Feierabend?«
    »Wir haben heute Abend noch
ein Arbeitsessen, Strategiedebatte.«
    »Bis wann geht das?« Sie
nähert sich ihm, legt ihm die Hände auf die Schulter. Er legt seine Hände auf
ihre. Sie küssen sich, und sie sieht ihn dabei an. Er hat die Augen
geschlossen. Sie lösen sich voneinander, lassen die Hände hinabgleiten, bis sie
einander an den Hüften halten.
    »Das war -«
    »- seltsam.«
    »Sehr seltsam.«
    »Du. Wieder.«
    »Ja. Du, wieder.«
    Sie knöpft den Mantel zu. »Ich
komme wieder, sobald wir die Ausgabe fertig haben. Kurz nach zehn, sagen wir?«
    »Da bin ich noch bei diesem
Essen.«
    »Dann musst du eben wegen
irgendwas ins Büro zurück. Ich warte unten.«
    Sie ist da, wie geplant, und
er ist von seinem Arbeitsessen abgehauen. Er nimmt sie mit hoch ins Büro.
    »Ich möchte nur eines«, sagt
sie.
    Er kann sich nicht
entscheiden, ob er sich an den Schreibtisch setzen oder stehen bleiben soll.
    »Ich möchte nicht mehr so
sein, wie ich mal war«, fährt sie fort. »Deine Beschreibung von mir klang
furchtbar.«
    »Ich bin auch nicht mehr so,
wie ich mal war.« Er setzt sich jetzt doch. »Weshalb das Ganze hier ziemlicher
Unsinn ist.«
    »Dann unterhalten wir uns doch
einfach. Aber können wir dazu wenigstens auf derselben Seite des Tischs sitzen?
Oder hast du Angst, dass du dann über mich herfällst?« Sie geht um den Tisch
herum, beugt sich hinunter und küsst ihn. Und setzt sich auf seinen Schoß.
    Sie betrachtet ihn, sein
sensibles Gesicht. Da steht es doch im Klartext: Er will Sex mit ihr. Als sie
das liest, schreckt sie jäh zurück. Schiebt hastig eine Stirnlocke von den
Augenbrauen und atmet tief aus. »Wie spät ist es? Ich glaub, ich geh lieber.«
    Auf dem Nachhauseweg
kontrolliert sie ihr BlackBerry. Miss Buchhaltung teilt per E-Mail mit, der
Konzernvorstand denke über die von ihr geforderten neuen Investitionen nach.
Einzige Bedingung sei eine Kürzung der Lohnkosten. Nun, wenn ein paar
Entlassungen ihr das Geld für neue Auslandskorrespondenten beschaffen - das ist
es wert.
    Sie gibt dem Taxifahrer ein
großzügiges Trinkgeld und malt sich im Fahrstuhl zur Wohnung aus, was sich die
Zeitung dann alles leisten könnte. Endlich einen brauchbaren Korrespondenten
in Paris. Eine volle Stelle für einen Reporter in Kairo. Lieber Gott, das wäre
endlich mal was. Sie begrüßt Nigel mit der Standardentschuldigung, er reicht
ihr ein Glas Vermentino. Sie gibt ihm einen liebevollen Klaps und nimmt einen
Schluck. »Mm, fein. Wirklich gut.«
    »Ist gar nichts Dolles«,
erwidert er bescheiden, aber deutlich froh über ihr Kompliment.
    »Schmeckt klasse.

Weitere Kostenlose Bücher