Rachmann, Tom
allmählich zum Problem. Sie kapiert's nicht.«
»Tja«, sagt Kathleen.
»Tja«, sagt er.
»Auf die wäre ich nie
gekommen.« Sie lacht trocken auf. »Ruby Zaga!«
»Ich schäme mich in Grund und
Boden, es zuzugeben. Aber du bist der einzige Mensch, der sie auch kennt.«
»Was soll ich dazu sagen?
Besorg dir eine neue Handynummer.«
»Geht nicht. Sie hat meine
Dienstnummer, und die haben auch alle Journalisten. Mit einer neuen wären erst
mal all meine Kontakte weg. Aber Kontakthalten ist alles bei meinem Job.«
»Ich habe mit Ruby kaum zehn
Worte gewechselt, seit ich wieder in Rom bin. Ich könnte ein Gespräch vom Zaun
brechen, aber das würde einen merkwürdigen Eindruck machen«, sagt sie. »Ich
überlege gerade, ob du so Sachen auch gemacht hast, als wir zusammen waren.«
»Natürlich nicht. Wir haben
uns damals nicht angelogen.«
»Ich dich schon - ich hab dir
verschwiegen, dass ich mich auf die Stelle in Washington beworben hatte. Du
wusstest nicht, dass ich wegwollte.«
»Das stimmt ja.«
»Sorry«, sagt sie.
»Vergiss es. Ist viel zu lange
her.«
Sie sitzen einen Moment lang
da und knabbern Oliven. Dann fragt Kathleen mit einem komischen Blick: »Sag
mal, wärst du zu etwas recht Unüblichem bereit?«
»Keine Ahnung. Was denn?«
»Na ja, wärst du bereit, mir
die volle Wahrheit zu sagen? Über mich und wie du mich gesehen hast? Damals, in
den alten Zeiten - wie hast du mich gesehen? Und ich sag's dir umgekehrt.«
»Wozu?«
»Um mal all die Kleinigkeiten
zu erfahren, die man dem anderen nicht sagen kann, solange man zusammen ist.
Bist du nicht auch neugierig drauf?«
»Ich hätte Angst davor.«
»Ich hätte Lust drauf. Ich bin
neugierig«, sagt sie. »Ich möchte mich selbst gern besser verstehen.
Meinetwegen auch ein besserer Mensch werden. Und dir vertraue ich. Deiner
Meinung. Du bist ein schlauer Kopf.«
»Du und deine klugen Köpfe!«
»Was ist mit mir und meinen
klugen Köpfen?«
»Die treiben dich um, du
machst ständig Hirn-Ranking. Wo steht deins im Vergleich mit allen anderen.«
»Das stimmt nicht.«
»Wir können kein ehrliches
Gespräch führen, wenn du auf Abwehr schaltest.«
»Wenn ich verspreche, das zu
lassen, erzählst du's mir dann?«
»Ich finde es albern, du
nicht? Uns gegenseitig so zu sezieren? Sind wir gut im Bett, sind wir's nicht -
dieser Quatsch unterhalb der Gürtellinie. Findest du das nicht irgendwie
vulgär?«
»Deshalb bist du aus dem
Journalismus ausgestiegen und ich nicht: Ich kann einfach nicht unterscheiden
zwischen interessant und vulgär. Ach, los, komm! Macht doch Spaß. Kritisier
mich. Sei herzlos. Sag irgendwas.«
Er rutscht wieder auf dem
Stuhl herum, dann nickt er. »Also gut. Wenn du unbedingt willst.«
Sie klopft sich vorfreudig auf
die Schenkel. »So eine Chance habe ich mir immer gewünscht. Lass mich noch
einen Wein bestellen, ich muss mich wappnen gegen deine unbarmherzige Kritik.«
Bis der zweite Sauvignon kommt, ruft sie Menzies an und gibt durch, sie sei die
nächste Viertelstunde lang nicht zu erreichen. Dann schaltet sie das BlackBerry
ab.
»Eine Viertelstunde?«, fragt
Dario. »Mehr brauchen wir nicht, um uns gegenseitig zu zerfetzen?«
»Es geht doch nicht um
Zerfetzen. Nur um offene Kritik. Das ist alles, was ich will. Und sei
unbarmherzig: Sag, dass ich einen hässlichen Arsch habe oder im Bett eine Null
bin oder sonst was. Ich mein's ernst.«
»Also willst du doch was mit
Sex?«
»Wieso, gibt's denn was mit
Sex?«
»Nicht unbedingt.«
»Also doch.«
»Lass mich mal nachdenken.« Er
überlegt. »Keine große Sache, aber ich fand, du warst irgendwie aggressiv.«
»Wie? Sexuell?«
»Ja. Du hast mich ein bisschen
eingeschüchtert.«
»Ich habe dich sechs Jahre
lang eingeschüchtert?«
»Ich weiß, das klingt lächerlich
und ist nicht leicht zu erklären. Es war so, irgendwie so wie gefickt werden
statt selber -«
»Statt selber ficken«, beendet
sie unbehaglich. »Weiter.«
»Und gleichzeitig hattest du
aber anscheinend gar keine große Lust auf Sex. Mit dir zu schlafen, das hat
sich immer wie irgendwas anderes angefühlt. Ich weiß auch nicht, wie irgendein
ganz anderer Akt.«
»Scheint dich damals aber
nicht besonders gestört zu haben.«
»Siehst du, du gehst schon
wieder auf Abwehr.«
»Tu ich nicht.«
»Wollen wir wirklich weitermachen,
Kath? Das läuft jetzt irgendwie in die falsche Richtung.«
»Nein, nein. Das interessiert
mich sehr.«
»Ich bin einfach jemand, der
-«
»Der lieber eine Frau
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