Rachsucht
und rang um Beherrschung. »Für Nekrophile. Großer Gott, Isaac war mein Bruder! Und nun sollen sich abartige Ungeheuer an seiner Leiche aufgeilen. Madre de Dios …«
Seine Worte endeten in einer einzigen Klage. Er raufte sich das Haar.
»Will Brand mich provozieren? Ist das irgendein furchtbares Spiel?«
»Dahinter steckt I-Heist, dieser Mickey Yago. Ein Spiel ist das nicht.«
»Warum tut er das?«, fragte Adam.
Weil er ein sadistischer Irrer ist …
»Das ist Taktik. Mit diesen Bildern wollen sie Jesse schaden«, erklärte ich.
Er wich zurück. »Die entweihen Isaacs Gedächtnis, um die Gefühle von Jesse Blackburn zu verletzen? Das ist einfach zu viel.«
»Hör mir zu. Die wollen, dass du durchdrehst, zu Jesse fährst und …«
Er streckte die Hand aus. »Gib mir die Fotos!«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf.
»Ich will, dass Jesse das sieht. Er soll wissen, was Isaac zugestoßen ist, nur weil er sich mit diesen Leuten angelegt hat.«
Wenn er Jesse im Augenblick damit konfrontierte, würde es zur Katastrophe kommen.
»Tu das nicht«, bat ich.
»Du wolltest doch unbedingt, dass ich mit ihm rede. Wieso schützt du ihn jetzt?«
»Das tue ich doch gar nicht. Mickey Yago benutzt dich. Er will dich in den Wahnsinn treiben. Wenn du dich mit Jesse anlegst, spielst du Yago in die Hände.«
»Pech. Wo ist er?«
»Das weiß ich nicht.«
»Ich rufe ihn an. Kann ich dein Handy benutzen?«
Das würde bedeuten, dass mein Name auf Jesses Display angezeigt wurde. »Er wird den Anruf nicht annehmen.«
»Wieso das?«
Meine Wangen brannten. »Mit uns läuft es im Augenblick nicht besonders.«
Er zog die Augenbrauen zusammen. »Oh, verdammt. Das wusste ich nicht.«
Ich lehnte mich neben ihn an das Auto und starrte zu den Bergen hinauf, die in der Sonne glühten. Bald sechs Uhr. Happy Hour.
»Kann ich irgendwas tun?«, fragte er.
Selbst unter dieser enormen Anspannung blieb er der integre, mitfühlende Freund, der er immer gewesen war. Ich legte ihm die Hand auf den Arm und schüttelte den Kopf.
Als er nach den Fotos griff, überließ ich sie ihm widerstandslos.
»Ich kläre das«, sagte er.
»Wie?«
Er faltete die Bilder zusammen und stopfte sie in seine hintere Hosentasche. »Ein für alle Mal.«
Der Splitt spritzte unter seinen Reifen auf, als er losfuhr.
Für uns wurde es immer enger.
Um an die Autopsiefotos zu gelangen, mussten die I-Heist-Leute entweder die Akten aus der Rechtsmedizin gestohlen oder einen Mitarbeiter bestochen haben. Oder sie hatten sie sich unter Umgehung der Sicherheitsvorkehrungen online besorgt.
Mein dritter Anruf galt der IT-Abteilung des Krankenhauses. Ich landete einen Volltreffer.
»Sandoval, Isaac. Todesdatum?«, fragte die Frau, nachdem ich mich als Adam Sandovals Anwältin vorgestellt hatte.
»Ich muss wissen, ob sich die Autopsiefotos in Ihrer Datenbank befinden.«
Ich hörte, wie sie auf der Tastatur herumhämmerte. »Ja, die sind da.«
»Noch eine Frage: Mit welcher Mako-Sicherheitssoftware arbeiten Sie?«
»Einen Augenblick.« Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Hammerhead, Version sechs.«
Ich bedankte mich und legte auf. Dann machte ich mich auf die Suche nach Kenny Rudenski.
28. Kapitel
Als ich in die Lobby von Mako Technologies spazierte, waren die meisten Mitarbeiter schon gegangen. Auf dem großen Parkplatz standen nur noch ein paar vereinzelte Fahrzeuge. Die Schwarzweißfotos an den Wänden waren im Dämmerlicht kaum zu erkennen, und ein Hausmeister schob seinen Putzkarren durch die Eingangshalle. Die Rezeption war unbesetzt. Doch eine Sekunde später trat Amber Gibbs aus der Damentoilette.
Sie strahlte mich an. »Wie sind die Dessous?«
»Kratzig. Und deine?« Seit meiner Brautparty waren wir sozusagen Busenfreundinnen.
»Ich fühle mich wie eine Prinzessin.«
Sie wuselte um die Theke und wirkte dabei aufgeweckter und energischer als je zuvor. Vielleicht besaß Countess Zara Kräfte, die mir verborgen geblieben waren.
»Ich suche Kenny Rudenski«, sagte ich.
»Ich weiß nicht, ob der noch da ist.«
»Kannst du nicht anrufen und es rausfinden?«
Sie verzog das Gesicht. »Ich hab es eilig.«
»Bitte.«
»Es ist nur, weil Papa Rudenski Unterlagen braucht …«
»Amber, bitte.«
»… und er hat mich gebeten, sie ihm ins Büro zu bringen, bevor ich gehe.«
»Dann komme ich mit.«
»Von mir aus.«
Nervös griff sie nach einem Ordner, gab den Code an der Sicherheitstür ein, und schon waren wir im Gang zu Kenny Rudenskis
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