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Rachsucht

Titel: Rachsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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bei mir ins Haus zu gehen.
    Meiner Nachbarin Helen Potts, die mit der Gartenbrause ihre Blumen bewässerte, fielen fast die Augen aus dem Kopf, als Jesse sein T-Shirt auszog. Dann öffnete ich die Fahrertür, und beim Anblick von Jesses nacktem Oberkörper geriet der Schlauch völlig außer Kontrolle. Vielleicht hoffte sie, er würde auch noch die Jeans ablegen.
    Ich reichte ihm das Hemd.
    »Lavonne bringt mich um.« Er reckte den Hals, um den obersten Knopf zu schließen. »Krawatte.«
    Gehorsam händigte ich ihm den Schlips aus.

    »Tweety?«, fragte er. »War nichts Seriöseres dabei?«
    »Die Alternative war ein Smiley mit Einschussloch in der Stirn.«
    Er fing an, den Knoten zu binden. »Ziehst du jetzt meine Scherzkrawatten aus dem Verkehr?«
    »Im Dienste der Öffentlichkeit.« Ich überließ ihm das Sakko.
    Er warf es auf den Beifahrersitz und startete den Motor. »Ich melde mich später.«
    Mit quietschenden Reifen fuhr er los. Ich starrte ihm nach. Lavonne würde Verständnis für seine Lage zeigen, ihm aber die Leviten lesen. Sanchez Marks war ihr ganzer Stolz. Zwei Jahrzehnte hatte es gedauert, bis sich die unbeholfene junge Anwältin aus Philadelphia ihren Platz in der versnobten Juristengemeinde von Santa Barbara errungen hatte. Sie hatte als Einzelkämpferin angefangen und erwartete von jedem in der Kanzlei vollen Einsatz, zuallererst von sich selbst. Aber sie würde Jesse nicht den Kopf abreißen, weil er zu spät kam, jedenfalls nicht heute. Hinter ihrer forschen Art verbarg sich ein weicher Kern. Sie wusste seinen Mut und seine Beharrlichkeit zu schätzen.
    Beunruhigt fuhr ich mir durchs Haar. Am meisten beschäftigte mich der Gedanke, dass Brand Komplizen gehabt haben musste. Wie weit würden Mickey Yago und seine Leute gehen, um Jesse einzuschüchtern?
    Gerade als ich mich meinem Gartentor zuwandte, raste hupend ein Sportwagen heran und ließ das Fernlicht aufleuchten. Ein kleiner roter Mazda mit einem Nummernschild aus Oklahoma. Den Arm, der aus dem Fahrerfenster winkte, kannte ich.
    Wie angewurzelt blieb ich auf dem Gehweg stehen. Da sie
mich schon entdeckt hatte, war es zu spät zur Flucht, und wenn ich in die Hecke hechtete, würde Helen Potts mich verpetzen.
    Der Wagen bremste, und eine Frau sprang heraus.
    »Evan!«, kreischte meine Cousine Taylor Delaney Boggs. Sie hüpfte mit ausgebreiteten Armen auf mich zu, wobei sie die Finger flattern ließ wie eine Jazztänzerin. Ihr Nagellack passte genau zur Farbe des Mazda.
    »Hallo, Schätzchen«, flötete sie.
    Dann packten mich im Fitnessstudio gestählte Arme und schaukelten mich hin und her wie ein Metronom. Ihr Talbot-Ensemble war makellos gebügelt, und von ihrer Kopfhaut erhoben sich honigbraune Strähnchen wie Leuchtspurgeschosse auf einer Haarspraybahn.
    Ihre Nägel krallten sich in meine Schultern. »Einfach goldig, dieser kalifornische Stil!« Sie strich mir eine Strähne aus den Augen. »Eine süße Frisur! Du schaust aus, als wärst du gerade aus dem Flugzeug gesprungen.«
    »Seit wann bist du hier?«
    »Seit vorgestern. Wir sind mit dem Auto aus Oklahoma City gekommen.« Ihre Blaubeeraugen starrten mich an. »Du bist ja gar nicht überrascht! Woher wusstest du, dass ich anrausche?«
    »Von Brian.«
    Sie stampfte mit dem Fuß auf. »Spielverderber.«
    Ich wünschte mich ganz weit weg.
    »Ed Eugene arbeitet auf einer von euren Ölplattformen hier. Eine Woche Schicht, eine Woche frei. Man kann die Dinger von der Küste aus sehen. Ist das nicht irre? Ganz was anderes als das ewige Pendeln zur Nordsee. Jetzt kann ich ihm praktisch winken.«

    Sie legte abwartend den Kopf zur Seite. »Na? Willst du mich nicht reinbitten?«
    Wie im Traum deutete ich zum Tor und stammelte irgendwas. Ich saß in der Falle. Meine Worte und Taten würden unverzüglich in allen Einzelheiten meiner gesamten Familie berichtet werden. Aber mir blieb keine Wahl. Als ich siebzehn war, hatte ich Taylor gegenüber mal behauptet, Lepra zu haben. Die Ausrede zog also nicht mehr. Taylor war die neugierigste Quasselstrippe westlich des Mississippi, und jetzt hatte ich sie am Hals.
    Als wir durch den Garten schritten, deutete sie auf das Haus der Vincents. »Wer wohnt da?«
    »Meine Zimmerkollegin vom College.« Nur keine überflüssigen Informationen preisgeben.
    »Das ist ja süß«, zwitscherte Taylor. »Wohnt sie ganz allein in dem großen alten Kasten?«
    »Mit ihrem Mann und dem Baby.«
    Meine Cousine nickte. Fakt gespeichert. »Wo wir gerade von Babys reden: Kendall

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