Rachsucht
auf dem Anrufbeantworter mithörten. Als ich ins Haus kam, sprach Adam gerade auf Band.
»Ruf mich an, Jefe. Wir haben ein Problem. Das …«
Ich hob ab. »Jesse kann jetzt nicht reden. Was ist los?«
»Lieutenant Rome war vor einer halben Stunde mit zwei FBI-Agenten bei mir.«
»Die sind gerade hier.«
»Ist das nicht furchtbar? Stu Pyle ermordet! Ich wusste, dass so was passieren würde. Sie hätten Brand nie freilassen dürfen.«
Ich warf einen Blick nach draußen. Jesse hatte sich in seinen Rollstuhl gehievt, aber Van Heusen hing immer noch über ihm und redete auf seinen Scheitel ein.
»Ich habe Angst«, fuhr Adam fort. »Jesse ist der einzige überlebende Zeuge, und die Polizei wird nicht glauben wollen, dass er in Gefahr ist. Denen scheint völlig entfallen zu sein, dass Isaac das Opfer war.« Er klang immer aufgebrachter. »Dieser FBI-Agent, der Kerl, der immer die Nase in die Luft reckt wie ein Spürhund, dieser Van Heusen. Er hat mich gefragt, ob Isaac Verbindungen zu irgendwelchen Gangs hatte.«
Ich schloss die Augen. »Was denn noch alles!« »Dem reicht schon, dass wir einen mexikanischen Familiennamen
haben. Solche Leute müssen ja zu einer Straßengang gehören.«
»Der Mann ist ständig am Provozieren, Adam. Er versucht, einen aus der Reserve zu locken. Falls er noch mal bei dir auftaucht, sprichst du am besten gar nicht erst mit ihm.«
Als ich die Augen öffnete, stand Agent Fiori vor der Glasschiebetür und starrte mich an. Van Heusen beugte sich vor und redete Jesse direkt ins Gesicht, aber das Rauschen der Brandung übertönte seine Worte. Er richtete sich auf und breitete fragend die Hände aus. Jesse schwieg.
»Lass dich nicht unterkriegen, Adam. Ich muss Schluss machen.«
Van Heusen zuckte die Achseln. Er nickte den anderen beiden Männern zu, und sie verschwanden, wie sie gekommen waren, seitlich um das Haus herum. Als ich auf die Terrasse hinaustrat, blickte Jesse nicht auf. Vor dem glitzernden Hintergrund des Pazifischen Ozeans wirkte sein Gesicht besonders bedrückt.
Ich eilte auf ihn zu. »Was wollte Van Heusen von dir?«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis er etwas sagte. »Er denkt, ich weiß, was es mit Brand und I-Heist auf sich hat.« Jesse schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Ich soll Brand geholfen haben, Mako-Gelder zu unterschlagen. Deswegen die Sache mit den zweihunderttausend. Wenn ich nicht reinen Tisch mache, will er meine Vermögenswerte beschlagnahmen lassen.«
»Was?«
»Van Heusen denkt, ich bin an einer kriminellen Unternehmung beteiligt. Alles, was ich mir dadurch angeeignet habe, kann beschlagnahmt werden.«
»Das ist ja bodenlos! Du sollst dafür bestraft werden, dass sich Mako mit dir verglichen hat?«
»Genau das plant Van Heusen. Und wenn er sich genügend Mühe gibt, schafft er es auch. Er kann mir mein Haus, mein Auto, meine Bankkonten wegnehmen. Ich wäre ruiniert.«
»Was will Van Heusen von dir?«
»Ich soll Brand und I-Heist ans Messer liefern, aber ich wüsste nicht, wie. Verdammt noch mal, Ev! Der Kerl kann mich um alles bringen, wofür ich jahrelang gekämpft habe. Wenn ich Pech habe, lande ich auf der Straße.«
Wie gelähmt vor Entsetzen starrten wir einander an. Hinter uns rauschte die Brandung.
Franklin Brand hatte mir Jesse schon einmal fast genommen. Der Gedanke, dass er es noch einmal versuchen könnte, war mir unerträglich. Und das Bewusstsein, dass es den Behörden offenbar völlig gleichgültig war, trieb mich fast in den Wahnsinn. Ich musste etwas tun, egal was. Ich musste Jesse schützen. Dazu brauchte ich Hilfe, von wem auch immer.
Ich ging ins Haus und rief Jakarta Rivera an.
»Wieso haben Sie es sich anders überlegt?«, fragte Jax.
»Ich brauche Informationen, die Sie offenbar haben«, erwiderte ich.
Wir schlenderten durch die State Street. Die Straße hatte alles von bemoosten Ziegeldächern über Caffè Latte light und Sushi-Bars im spanischen Stil bis hin zu Augenbrauenpiercings zu bieten. Einheimische auf Shoppingtour und Touristen bevölkerten den Gehsteig. Ein demenzkranker Bluesgitarrist spielte für ein Trinkgeld. Jax’ Diamanten glitzerten, und ihr Parfüm erfüllte die Luft.
»Informationen über uns oder über Sie selbst?«, wollte sie wissen.
»Beides. Zuerst mal muss ich wissen, warum das FBI gegen Jesse ermittelt. Ich muss herausfinden, was es mit Brand und den I-Heist-Leuten auf sich hat.«
»Ein bescheidener Wunsch«, meinte Tim North, der neben mir schritt und die Schaufenster
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