Rachsucht
versuchte, nach ihm zu treten.
Jax warf ihr einen eisigen Blick zu. »Ruhe, sonst kriegst du meine Jimmy-Choo-Stilettos zu spüren.«
»Was zum Teufel soll das?«, fragte ich.
»Die ist mir in der Nähe des Ladens mit dem Kaktus und den Schnürhosen aufgefallen. In den Schaufensterscheiben konnte ich sehen, dass sie uns immer im selben Abstand folgte.«
Ich kam mir vor wie eine Idiotin. Jax und ihr Mann hatten sich nicht gestritten. Tim North war nur zurückgefallen, um die Frau zu überprüfen.
»Sie ist Ihnen gefolgt?«, fragte ich.
North schaute auf. »Nein. Sie ist Ihnen gefolgt.«
Mir wurde plötzlich sehr warm.
Dann hatte er ihren Führerschein gefunden. »Cherry Lopez. Kennen Sie die?«
Jax zog ihr das Bandana vom Kopf. Kurzes schwarzes Haar und eine Tätowierung, die sich um den Hals schlang.
»Ja, sie ist von I-Heist. Ich habe sie im Verdacht, meine Brieftasche und mein Handy geklaut zu haben.«
Lopez bäumte sich auf und versuchte, sich unter Tims Fuß hervorzuwinden. Er bückte sich, riss ihr mit beiden Händen die Jeansjacke von den Schultern und entdeckte einen schwarzen Stab.
»Ein Elektroschocker«, stellte er fest. »Ein höchst unangenehmes Gerät.«
Mich überlief es eiskalt. North setzte Lopez ein Knie auf den Rücken. Dann griff er nach dem Schocker und strich ihr mit der Spitze des Stabes über die Wange.
»Sprich mit mir, Schätzchen. Was hattest du mit dem Ding vor?«
Sie wand sich, stöhnte unter dem Knebel und versuchte, dem Schocker auszuweichen.
»Selbstverteidigung beginnt mit der Wahrnehmung der Bedrohung.« North ließ den Schocker auf Lopez’ Ohr ruhen. »Dann kommt es darauf an, dass man den Mut hat, sich zur Wehr zu setzen, und nicht davor zurückschreckt, den Angreifer unschädlich zu machen. Mitleid ist fatal.«
Mein Entsetzen wich allmählich der Wut.
»Das reicht!«
Norths Gesicht war knallhart. »Ich hab noch gar nicht angefangen.«
Er nahm ihr den Schal aus dem Mund.
Sie spuckte nach ihm. »Verpiss dich!«
»Wir wollen doch nicht unhöflich werden«, sagte er.
»Das wird euch noch leidtun!«, fauchte sie.
Ich ging außer Spuckweite in die Hocke. »Ich hab Sie bei Kenny Rudenski gesehen.«
Sie drehte sich so, dass sie mich im Blick hatte. Das Augen-Make-up im Gothic-Stil passte zu dem pechschwarz gefärbten Haar. »Ich bin sein Au-pair-Mädchen.«
Ich nickte. »Verstehe. Passen Sie auf seinen Dale-Earnhardt-Helm auf?«
»Blöde Zicke!«
»Warum sind Sie mir gefolgt?«
Sie spuckte erneut. Der Speichel platschte auf den glänzenden Fliesenboden. »Dich mach ich fertig!«
North packte ihre Hand und bog den Daumen um, bis sie das Gesicht verzerrte und aufstöhnte. Sobald sie den Mund öffnete, stopfte er ihr den Knebel zwischen die Zähne.
»Sie hat mich nicht angegriffen. Tun Sie ihr nichts«, sagte ich.
Seine Züge wirkten müde. »Jax, würdest du bitte mit Miss Delaney sprechen?«
Jax nickte. »Kommen Sie.«
Sie führte mich zur Tür. Im Schloss steckte ein Dietrich. Jax öffnete, und wir schritten hinüber zur Rolltreppe.
»Tim wird rausfinden, warum sie Ihnen gefolgt ist«, sagte sie.
»Was wird er mit ihr anstellen?«
»Auf jeden Fall dafür sorgen, dass sie Ihnen nicht mit dem Elektroschocker auf die Pelle rückt.«
»Ist das sein Job? Leute fertigmachen?«
»Seien Sie nicht so zimperlich.«
Wir fuhren die Treppe herunter und gingen nach draußen.
»Tim wird die Bedrohung gegen Sie eliminieren, das ist alles. Er ist nämlich nicht mehr im Geschäft.«
»Vielleicht erklären Sie mir jetzt endlich, was das für ein Job ist, von dem Sie immer reden.«
»Auftragskiller.«
20. Kapitel
Auf der Heimfahrt hakte ich meine interne Checkliste ab. Mission erfüllt? Nein, unerwartete Schwierigkeiten. Als da wären? Eine Taschendiebin mit Elektroschocker. Potenzielle Kunden, die für Geld Menschen umbrachten. Gegen Cash? Vielleicht nahmen sie auch Schecks. Irgendwelche neuen Erkenntnisse über die Gründe für Jesses Zwangslage? Nein. War der Auftrag für die Memoiren unter Dach und Fach? Das Wort »Auftrag« hatte im Augenblick einen unangenehmen Beigeschmack.
An der nächsten Ampel verriegelte der Halbstarke in dem tiefer gelegten Chevrolet neben mir hastig die Autotüren, als er mich mit mir selbst reden hörte.
Hatte ich irgendwas von Wert in Erfahrung gebracht? Ja, man konnte nicht vorsichtig genug sein. Was jetzt?
Keine Ahnung.
Als ich vor meinem Haus vorfuhr, wartete ein Mann am Gartentor. Mit seinem Klemmbrett wirkte er wie ein
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