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Rachsucht

Titel: Rachsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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den Arm aus dem Fenster. »Taylor, ich bin entzückt!«
    »Nein, was bist du charmant!« Sie nahm seine Hand mit
beiden Händen. »Entschuldige meinen Aufzug. Ich hab auf dem Laufband bestimmt tausend Kalorien verbraten.« Dann zuckte sie zusammen. »Tut mir leid, ich wollte nicht übers Laufen reden.«
    »Kannst du gern tun.«
    »Für dich muss das sehr schmerzlich sein. Nicht dass das Laufen schmerzlich wäre. Tut mir wirklich leid. Aber es ist ein wunderschöner Tag. Ihr genießt sicher euren Ausflug.«
    »Wir waren beim Schwimmen.«
    »Evan fährt dich zum Schwimmen? Ach, wie goldig!«
    Als ich das zuckersüße Lächeln bemerkte, mit dem sie Jesse die Hand tätschelte, wusste ich genau, was passieren würde. In Jesses Blick lag tödliche Ruhe.
    »Wir müssen los«, sagte ich. »Schick mir mein Adressbuch bitte mit der Post.«
    »Schätzchen, ich sage doch, ich hab keine Ahnung, wovon du redest«, zwitscherte sie.
    Auf den Zehenspitzen versuchte sie, durch das Fenster zu spähen. Nach ein paar Sekunden gab sie auf und öffnete die Autotür, um Jesse eingehend zu mustern. Ihre Miene wurde immer verwirrter.
    »Du siehst ja völlig normal aus«, verkündete sie.
    Für einen Augenblick sagte er gar nichts. »Stimmt«, meinte er dann. »Die Besuche beim Wunderheiler haben sich eben doch gelohnt.«
    Fassungslos glotzte sie ihn an. »Das ist ja fantastisch.«
    »Ja, die Satanisten verstehen ihr Handwerk.«
    Lange Pause. »Was?«
    »Und seit ich ihnen immer den Zehnten gebe, hab ich auch wieder Gefühl in den Beinen.« Er boxte sich gegen den Oberschenkel. »Autsch.«

    Sie ließ den Kopf hängen wie ein Sandsack, der zu viele Treffer abbekommen hat.
    »Die Beschwörungen locken die Hunde an, aber damit muss man sich abfinden. Da sind sie ja schon.«
    Er deutete über ihre Schulter. Taylor wirbelte herum und sprang ihm fast auf den Schoß.
    Gehetzt blickte sie sich um. »Wo … ich seh nicht …«
    Ich seufzte. »Das war ein Witz.«
    Sie starrte erst mich an, dann Jesse und musterte schließlich erneut den Parkplatz.
    »Tut mir leid, war ein schlechter Scherz. Tatsächlich bin ich Atheist«, sagte er.
    Ich war erledigt.
    Auf Taylors Gesicht malte sich die blanke Verwirrung. »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Wieso schaust du nicht aus wie gelähmt?«
    »Ich muss los!« Damit hastete ich zur Fahrertür.
    »Das wurde mir durch Gerichtsbeschluss verboten«, erklärte Jesse.
    »Jetzt mach aber mal’nen Punkt«, sagte sie.
    Ich sprang ins Auto, ließ den Motor an und legte den Rückwärtsgang ein, bevor Jesse Zeit hatte, die Tür zu schließen. Taylor wirkte noch immer völlig verwirrt.
    Jesse schlug die Tür zu. Als ich losfuhr, beugte er sich aus dem Fenster. »Viagra wirkt eben Wunder.«
    Ich trat das Gaspedal durch, und wir bretterten auf die Straße hinaus.
    »Halt mir schon deine Predigt«, sagte er.
    »Fällt mir gar nicht ein. Sie hatte jedes Wort verdient.«
    Er versuchte, in meinem Gesicht zu lesen. »Aber du machst dir Sorgen wegen des nächsten Familientreffens. Alle werden
wissen wollen, wieso du einen sexsüchtigen Satanisten heiratest.«
    »Kein Problem.« Ich beschleunigte weiter. »Weil ich nie wieder zu einem Familientreffen gehe. Ich schicke einfach dich.«
     
    Stu Pyles Firmenzentrale war sein Lieferwagen. Das Fahrzeug stank nach Schweineschwarte und feuchtem Metall. Auf dem Armaturenbrett wackelte eine Oben-ohne-Puppe im Hula-Röckchen. So spät am Abend verlangte er für Hausbesuche das Doppelte. Während ich mich mit Taylor herumschlug, befand sich Pyle auf einer Nebenstraße durch die Vorberge und suchte nach der Adresse der Frau, die ihn wegen eines Notfalls angerufen hatte. Er hatte sich Hausnummer und Straße auf einem Post-it notiert, das er unter dem Hula-Mädchen ans Armaturenbrett geklebt hatte. Miss Jones. Toilette läuft über. Hysterisch.
    Aber er war bereits vor knapp einem Kilometer an den letzten Häusern vorbeigekommen. Jetzt fuhr er auf der kurvigen Straße durch herabhängende Bäume und trockenes Gestrüpp und kaute dabei sein Schinkenbrot. Der Asphalt wich einer Schotterpiste. Schließlich war die Straße zu Ende. Er hielt an.
    Die dumme Kuh hatte ihm die falsche Adresse gegeben. Er legte das Sandwich auf den Sitz, wischte sich die Majonäse am Hemd ab und wählte ihre Nummer auf seinem Handy.
    Eine Computerstimme meldete sich. »Die Verbindung kann gegenwärtig leider nicht hergestellt werden …«
    Blöde Kuh.
    Er musste ein paar Mal manövrieren, bis er gewendet hatte. Als er

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