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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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habe ich ihn für Dienstag zum Bridgespielen eingeladen. Da ist Schätzchen nämlich in Frankfurt. Natürlich habe ich angenommen, Sie können es!«
    »Können Sie’s denn?«
    »Nein.«
    Das war wieder einmal typisch für sie! Aber es schien sie nicht im geringsten zu erschüttern. »Wir haben noch fünf Tage Zeit. Bis dahin wird sich wohl jemand gefunden haben, der uns dieses blödsinnige Spiel beibringt. Meine Tante hat es noch nach ihrem zweiten Schlaganfall gespielt. Da war sie stocktaub und senil, aber zum Gewinnen hat es immer noch gereicht.«
    Da entsann ich mich der Damen Ruhland. Sie sahen genauso aus, wie ich mir die Vertreterinnen des englischen Landadels vorstellte, denn wenn man Shaw und Agatha Christie glauben darf, wird hauptsächlich in diesen Kreisen Bridge gespielt.
    Ich hatte mich nicht getäuscht. Im Rahmen einer gemütlichen Teestunde lernte ich die Regeln dieses gar nicht so unkomplizierten Spiels und gab das, was ich behalten hatte, an Frau Heinze weiter. Die unterwies dann noch Dorle Obermüller, weil wir einen vierten Mann brauchten und Patricia sich geweigert hatte, mitzumachen. »Wenn ich überhaupt etwas spiele, dann höchstens Schach.«
    »Ausgezeichnet!« lobte ihre Mutter. »Schach setzt Intelligenz voraus. Das wird einen guten Eindruck machen.«
    »Die meisten Mädchen möchten aber lieber hübsch als intelligent sein, weil die meisten Männer besser sehen als denken können«, warf Dorle ein.
    »Zum Glück ist es bei uns genau umgekehrt«, behauptete ich. »Oder habt ihr schon mal eine Frau gesehen, die einen Idioten heiratet, nur weil er schöne Beine hat?«
    »Patricia ist jedenfalls hübsch, und dumm ist sie auch nicht. Der Mann, der sie einmal bekommt, kann froh sein. Und ein Zahnarzt in der Familie ist Gold wert. Wenn ich allein an die Kosten für künstliche Gebisse denke…«
    Der Abend wurde eine Katastrophe – zumindest, was die Bridgepartie betraf. Harbich war zu gut erzogen, um sich abfällige Bemerkungen über unser stümperhaftes Spiel zu erlauben, aber sein Gesichtsausdruck versteinerte zusehends, und es muß ihn ziemliche Beherrschung gekostet haben, die Karten nicht einfach auf den Tisch zu werfen. Nach dem ersten Rubber schlug er eine kleine Pause vor.
    Das war unser Stichwort! Wie auf Kommando erhoben wir uns und folgten Frau Heinze in die Küche. Harbich blieb allein zurück, wohlversehen mit Bier und Schwarzwälder Kirschwasser.
    »Jetzt muß ich ganz unauffällig Patricia ins Zimmer schicken«, erläuterte Frau Heinze ihren Schlachtplan. Die Ärmste hatte sich den Kupplungsversuchen ihrer Mutter rechtzeitig entzogen und war auf ihr Zimmer geflüchtet, nachdem sie den Gast nur kurz begrüßt hatte.
    »Patricia, Liebes«, rief Frau Heinze so laut, daß man es auch im Wohnzimmer deutlich hören konnte, »leiste doch Herrn Harbich ein bißchen Gesellschaft. Wir wollen nur schnell etwas zu essen machen!«
    Eine geschlagene Dreiviertelstunde lang dekorierten wir zu dritt Käsewürfel, Salzstangen und Essiggürkchen. Zwischendurch versuchten wir beide vergebens, Frau Heinze vom Lauschen abzuhalten. Auf Strümpfen schlich sie mehrmals zur Zimmertür und horchte. »Verstehen kann ich nichts, aber sie scheinen sich sehr angeregt zu unterhalten.«
    Es wurde dann doch noch ein recht netter Abend, vor allem, nachdem wir endlich die Karten weggeräumt hatten. Obwohl Patricia nicht mehr als ein höfliches Interesse gezeigt hatte, war Frau Heinze zufrieden.
    »Da wird was draus!« versicherte sie uns noch an der Haustür, »ich werde die Sache schon forcieren.«
    Der große Tag war angebrochen. Schon ganz früh am Morgen flatterte Frau Körngen wie ein aufgescheuchtes Huhn durch ihren Garten und plünderte die Blumenbeete. Um halb zehn holte sie von mir ein paar Vasen – »Dauernd werden neue Sträuße bei uns abgegeben, es ist phantastisch!« –, und ab elf Uhr paradierte sie in vollem Staat über die Gehwege, angetan mit einem cremefarbenen Abendkleid und einem Silberkrönchen auf den frisch gelockten grauen Haaren.
    »Wie bei Königs!« stichelte Dorle. »Kannst du mir mal sagen, weshalb die jetzt schon in diesem Aufzug herumläuft? Ich glaube kaum, daß eine Abordnung des Gemeinderats zum Gratulieren kommen wird.«
    Wir waren erst zum Nachmittagskaffee geladen, hatten aber beschlossen, daß Hendrik und Michael bereits am späten Vormittag das gemeinsame Präsent überbringen sollten. Allzuviel Geld war bei der Haussammlung nicht herausgekommen, aber für eine winzig

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