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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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»Gemeinsam besäuft es sich besser. Den Freund könnt ihr von mir aus zu Hause lassen, aber die Dame bringt ihr mit! Ist sie hübsch?«
    »Sie hat vorstehende Zähne und schielt!« sagte ich wütend.
    »Macht nichts«, antwortete Brauer, »man kann sich auch in eine häßliche Frau verlieben, nur nicht auf den ersten Blick.«
    Begeistert war ich nicht gerade, aber Frau Brauer redete mir gut zu: »Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie kämen, sonst wird Alex unberechenbar. Er hat schon unsere ganzen Bekannten rausgeekelt – wir haben kaum noch welche. Dabei kann er das Alleinsein überhaupt nicht vertragen.«
    Natürlich blieb Felix nicht zu Hause; er war vielmehr als erster vor Brauers Tür und schwenkte unternehmungslustig den Blumenstrauß. Eigentlich hatte er ihn mir mitgebracht, dann aber sofort wieder aus der Vase gefischt, in das zerknüllte Papier gewickelt, und nun überreichte er ihn artig Frau Brauer.
    Sie trug einen weißen golddurchwirkten Hosenanzug und sah einfach umwerfend aus. In meinem drei Jahre alten Cocktailkleid kam ich mir neben ihr wie eine Vogelscheuche vor und beschloß, meinen Ehemann schon morgen nachdrücklich auf die Diskrepanz zwischen seinem Einkommen und meiner Garderobe hinzuweisen. Brauers Wohnzimmer erinnerte an eine chinesische Opiumhöhle. Die steifen Bambussessel waren entfernt und gegen Polster und Kissen ausgetauscht worden, die überall auf dem Boden herumlagen und sehr bequem aussahen. Die Lampenschirme hatte man gegen bunte Lampions ausgewechselt, überall hingen Papierschlangen, sogar der Weihnachtsbaum hatte welche abgekriegt, aber trotz der schummrigen Beleuchtung konnte ich die Flaschenbatterie erkennen, die spielend den Bedarf einer mittelgroßen Bar gedeckt hätte.
    »Womit fangen wir denn nun an?« überlegte Brauer, nachdem die Begrüßung überstanden war und wir uns mehr oder weniger graziös zwischen den Kissen eingerichtet hatten. »Ich schlage zum Aufwärmen meine spezielle Kreation ›Stürmische Nacht‹ vor.«
    »Bezieht sich das aufs Wetter oder auf die Folgen?« fragte ich mißtrauisch.
    Statt einer Antwort bekam ich ein randvolles Glas in die Hand gedrückt, dessen Inhalt nicht genau zu identifizieren war. Vorsichtig probierte ich. Es schmeckte barbarisch!
    »Das ist so ähnlich wie mit Gulaschsuppe«, lachte Brauer. »Nach dem ersten Löffel glaubt man, es verbrennt einem die Kehle, dann gewöhnt man sich daran, und schließlich schmeckt sie großartig.«
    Wenig überzeugt von dieser Prognose stand ich vorsichtig auf, tastete mich zur Küche durch und kippte das Zeug ins Spülbecken.
    »Etwas Besseres hätten Sie gar nicht tun können!« Ich hatte gar nicht gemerkt, daß mir Frau Brauer gefolgt war. »Diese Mischung ist höllisch!«
    »Was ist denn da drin?«
    »Ein Drittel Whisky, ein Drittel Wodka, ein Drittel Gin. Das haut jeden um!«
    »Dann scheint das ja ein reizender Abend zu werden!« prophezeite ich.
    Das wurde es auch! Um neun waren wir bei Brauers erschienen, um zehn hatte Felix bereits ›unser Oma ihr klein Häuschen‹ versoffen, um halb elf mußte ich seine Freundin zu uns nach Hause bringen und ins Bett stecken, weil ihr schlecht geworden war, um elf riß Brauer die Terrassentür auf und schrie »Prosit Neujahr!«, und zehn Minuten später beschloß Rolf, für alle Pizza zu backen.
    Frau Brauer hatte zwar kalte Platten vorbereitet, und ich hatte schon am Nachmittag eine Schüssel Heringssalat bei ihr abgeliefert, weil der nach Rolfs Ansicht zu einer Silvesterfeier gehört wie Waldmeister zur Maibowle, aber Pizza ißt er noch lieber, und am liebsten irgendwann zwischen Mitternacht und Morgen.
    Ich holte die Zutaten, die uns nie ausgehen (selbst wenn Kartoffeln und Brot alle sind und die Kinder am Hungertuch nagen – tiefgefrorener Teig und Tomaten in Dosen sind immer da!) warf einen Blick ins Arbeitszimmer, wo Fräulein Bärbel sehr undamenhaft schnarchte, und lieferte meine Ausbeute bei Rolf ab. Der scheuchte uns alle aus der Küche und verriegelte die Tür.
    »Morgen helfe ich beim Saubermachen«, versprach ich Frau Brauer, denn Rolfs Kochkunst ist unbestritten, das spätere Chaos in der Küche aber auch.
    Nach einem erfrischenden Nickerchen hatte Felix sich wieder aufgerappelt und erschien nun leicht schwankend im Türrahmen. »Gnädige Frau, Sie haben einen unge-ungemein klugen Mann. Er hat mir eben die ganzen Pro-Probleme des innnerdtsch… also des innerdeutschen Handels erklärt. D- die waren mir immer unklar. Die

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