Radau im Reihenhaus
Rhododendrontaler bringen wollte… »Das Rezept von meiner Großtante, du weißt doch, mein Liebes!«
Natürlich blieb Frau Himmelhan zum Kaffee, und natürlich fanden sich auch noch Frau Knesebeck und Frau Schmidtchen und Frau Premmel und Frau Lippschütz ein – alle ganz zufällig und alle gar nicht neugierig. Rolf verteilte Handküsse und Komplimente, reichte den Kuchenteller herum und die Likörgläser, hob Handtaschen auf, suchte die verlegte Brille von Frau Knesebeck, holte den gehäkelten Umhang von Frau Lippschütz und flüchtete schließlich unter dem Vorwand, seine Zigaretten seien alle.
»Der reinste Mumienkonvent«, knurrte er erbittert, als ich ihn an der Tür einholte. »Gegenüber ist eine Kneipe. Da kannst du mich finden, wenn die Invasionstruppen wieder abgezogen sind!«
Die dachten aber gar nicht an Aufbruch. Ich trichterte frischen Kaffee (Weihnachten war erst übermorgen, und die Kaffeemaschine lag noch eingewickelt im Koffer), arrangierte eine neue Ladung von Omis Selbstgebackenem kunstvoll auf der durchbrochenen Kuchenplatte, wechselte die Kerzen auf dem Adventkranz aus und ließ mich weiter begutachten.
Anscheinend fanden die Damen nichts Wesentliches an mir auszusetzen, denn Frau Knesebeck äußerte die Hoffnung, daß ich am nächsten Bridgeabend teilnehmen würde.
»Tut mir leid, aber ich kann nur Schwarzer Peter und Quartett!«
»Ach nein, wie reizend«, lachte Frau Himmelhan. »Da sieht man doch wieder einmal, was eine richtige Mutter ist.«
Hatte die eine Ahnung! Meine Söhne waren über das Schwarze-Peter-Alter längst hinaus! Sie spielten Mau-Mau, und Sven hatte gerade von Michael Pokern gelernt. Vorläufig verlor er nur weiße Bohnen, aber wenn seine Spielernatur erst einmal richtig zum Durchbruch käme… Kann man sich dagegen eigentlich auch haftpflichtversichern?
Als ich Rolf aus seinem selbstgewählten Exil erlöste, mußte ich zwei Bier und sechs Steinhäger bezahlen und dankte dem Himmel, daß bei unserer Rückkehr nur noch Frau Himmelhan da war, Omis Busenfreundin, die das wenig repräsentable Auftreten des Herrn »Werbedirektors« betont auffällig übersah. Schließlich hatte er sich ja anderthalb Stunden lang untadelig benommen!
Zwei Tage vor Silvester waren wir wieder zu Hause, und nun konnte ich endlich auch mein Geschenk in Empfang nehmen, das ich unter dem Weihnachtsbaum nur in Prospektgröße hatte bewundern können: Eine Waschmaschine. Sie war während unserer Abwesenheit geliefert worden, stand zellophanumwickelt vor der Haustür und sperrte den Zugang. Wir schoben sie zur Seite und stellten fest, daß sie ziemlich schwer war.
»Wo soll das Ding hin?« fragte Rolf.
»In den Keller, wohin denn sonst?« fragte ich zurück.
»Das schaffen wir nicht allein!« Er begab sich auf die Suche nach kräftigen Männern und kam erst mal nicht wieder.
In der Zwischenzeit leierte ich Ofen an, brachte die Kinder zu Bett, packte die Koffer aus und malte mir die Freuden künftiger Waschtage aus.
Schon lange hatte ich Rolf um eine Waschmaschine gebeten, aber immer war etwas anderes wichtiger gewesen: Erst der Umzug, dann die neuen Kinderzimmermöbel, dann die blöden Durchlauferhitzer, die wir jetzt gar nicht brauchten, und als sie schon in Sichtweite gewesen war, hatte Rolf seinen Wagen an eine Gartenmauer gesetzt, und die Waschmaschine hatte sich in einen Kotflügel und in eine neue Stoßstange verwandelt.
»Es gibt heute so viele arbeitsparende Geräte, daß ein Mann sein Leben lang arbeiten müßte, um sie zu bezahlen«, hatte mein Gatte erklärt und darauf hingewiesen, daß mit der Hand gewaschene Wäsche viel länger halte.
»Wer hat dir denn das eingeblasen?«
»Mariechen«, sagte Rolf und gab zu verstehen, daß die hausfraulichen Qualitäten seiner Mutter nicht anzuzweifeln seien.
»Deshalb gibt sie ja auch alles in die Wäscherei«, bemerkte ich wahrheitsgemäß.
Schließlich hatte ich die Kinder eingespannt. Vor meinen Geburtstagen und ähnlichen Anlässen, die traditionsgemäß ein Geschenk verlangen, erkundigte sich Rolf meist bei Sven nach meinen etwaigen Wünschen, und der kam dann zu mir, um meine Vorschläge zu hören und weiterzugeben. Rolf wußte dann, was er kaufen sollte, und ich wußte, worüber ich überrascht sein mußte.
In diesem Jahr hatte ich Sven schon frühzeitig informiert, und der hatte auch gleich seinen Bruder ins Vertrauen gezogen. »Also vergiß nicht, Sascha, wenn Papi sagt, du sollst Mami nicht sagen, was sie von ihm zu
Weitere Kostenlose Bücher