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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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Sie goss heißes Wasser über den Kohl. Es brodelte und dampfte in dem Kessel. „Und jetzt hole Holz, damit uns das Feuer nicht erlischt!“
    Nachdem sie die Kranken versorgt hatten, lief sie hinüber in die Kapelle. Die Vesperglocke mahnte zur Eile. Agnes registrierte mit besorgtem Blick, dass sie statt der üblichen Nonnentracht aus glatt gesponnenen Fäden ein grobes Kleid aus härener Wolle trug.
    Nach der Messe blieb sie vor dem Altar knien.
    „Kommst du nicht zum Essen?“, fragte Agnes.
    „Nein. Ich faste.“
    „Trägst du deshalb dieses abscheuliche Gewand?“ Agnes hob die Stimme.
    „Ja. Ich würde jetzt gern beten!“
    „Ich bitte dich inständig, iss wenigstens etwas! Du missachtest deinen Körper! Du hast bestimmt auch wieder diesen schrecklichen Gürtel um die Hüften!“ Agnes rang die Hände. „Warum quälst du dich so?“
    „Woher weißt du von dem Gürtel?“ Sie zog die Augenbrauen zusammen.
    „Der Schmied hat ihn mir gezeigt, als ich die Messer zum Schärfen brachte.“
    „Warum kann hier niemand den Mund halten? Warum hast du Fridovigia von Salomés Nachricht erzählt?“
    „Wir machen uns alle Sorgen um dich, Radegunde! Weil wir dich lieben und achten.“ Agnes sagte es sehr ernst.
    „Aber ich muss so leben! Das solltet ihr akzeptieren. Ich will Buße tun, und zwar mit ganzem Herzen und nicht nur halb!“ Sie schloss die Augen und faltete die Hände.
    Agnes sah ein, dass sie wieder einmal nichts ändern würde. Wütend verließ sie die Kirche.
    Am nächsten Tag brachen Fridovigia, zwei weitere Nonnen und drei bewaffnete Knechte nach Chinon auf. Im Gepäck trugen sie einen kostbaren Kelch aus der Truhe, die Chlothar in Noyon zurückgelassen hatte.
    Radegunde setzte einen Brief an den Bischof von Paris auf, in dem sie ihm ihre Lage schilderte und um Beistand bat. Agnes erbot sich, den Brief persönlich zu überbringen.
    „Kennt dich der Bischof?“, fragte Radegunde.
    „Nein, wir sind uns nie begegnet. Als meine Mutter vor dreißig Jahren … starb, war er noch ein sehr junger Mönch.“
    „Dann wird es nicht viel nützen, wenn du selbst reitest. Ich möchte dich lieber hier bei mir haben. Es ist auch für dich gefährlich, Saix zu verlassen!“
    „Für mich? Aber warum?“, fragte Agnes verdutzt.
    „Chlothar weiß, wie wichtig du mir bist. Er könnte dich als Geisel nehmen.“
    Agnes schwieg betroffen.
    Radegunde nahm ein frisches Pergament zur Hand. „Jetzt noch der Brief an Medardus. Zum Glück kann ich bei ihm etwas offener sein. Dieses diplomatische Verrenken der Gedanken ist mir zuwider.“ Sie tauchte die Feder in das mit Tinte gefüllte Rinderhorn, das in ihrem Pult steckte.
    Mein lieber Medardus, schon wieder wende ich mich mit einer Bitte an dich, die mir sehr am Herzen liegt, doch ich weiß sie bei dir in guten Händen und bei bestem Willen …“
    Sie brach ab und wies mit dem Federkiel auf Agnes. „Es wird Zeit, dass auch du dich in den Schoß der Kirche begibst. Dann bist du sicherer.
    „Ja, ich habe schon daran gedacht. Aber es gab immer so viel anderes zu tun …“
    „Nonne zu werden ist doch wohl keine Frage der Zeit! Fühlst du dich dazu berufen, Gott zu dienen?“ Noch immer zeigte die Feder auf Agnes.
    Diese überlegte. „Ich diene ihm doch schon. Den ganzen Tag. Ich dachte, es wäre nur noch eine Formalität?“
    „Gut. Dann werden wir das für die Zukunft ins Auge fassen.“ Zufrieden beugte sie sich erneut über den Brief. Bis zu ihrer Nachtwache im Hospital musste er fertig sein.
    Sie geht auf einem schnurgeraden Weg, an dessen Ende ein helles Licht leuchtet. Sie läuft darauf zu. Es duftet betörend, sie kann nicht sagen, wonach. Eine einfache und schöne Melodie liegt in der Luft, die ihr seltsam vertraut vorkommt. Am Ende des Weges steht ein Thron, auf ihm sitzt jemand, den das Licht umfließt wie Wasser eine Seerose. Sie kann sein Gesicht nicht erkennen, aber sie weiß, dass es Gott ist. Er hebt seine Hand und winkt sie heran. Als sie direkt vor ihm steht, erfüllt sie plötzlich ein tiefer Frieden. Nie zuvor in ihrem Leben hat sie sich so sicher und geborgen gefühlt. Er nimmt ihre Hand und zieht sie auf seine Knie. Sie hat nicht das Gefühl, zu sitzen. Es ist eher, als schwebe sie inmitten dieses herrlichen Lichtes. Sie hört seine Stimme, doch nicht an ihrem Ohr, sondern in ihrem Inneren, in ihrer Seele.
    „Radegunde“, sagt diese Stimme, „wisse, dass du immer in meinem Herzen wohnen wirst. Sorge dich also nicht.“
    Dann steht sie wieder

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