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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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verstellen und wie Männer zu sprechen.
    Agnes lachte über Radegundes krächzende Töne. „Du klingst wie ein leerer Bierkrug mit einem Sprung!“
    „Du hörst dich auch nicht besser an!“, gab sie kichernd zurück.
    Am späten Nachmittag überquerten sie einen Hügel mit dichtem Weißdorngestrüpp, hinter dem sich eine weite Ebene voller kleiner Felder öffnete. Der Fluss verlief wie eine schlecht geführte Naht zwischen den Parzellen.
    Unbehaglich musterte Radegunde die große Fläche ohne jede Deckung. Auf einer Wiese rechts von ihnen trug eine Bauersfrau mit ihren Kindern Heu zusammen. Ein halbwüchsiger Junge deutete zu ihnen herüber.
    „Hier sieht uns sogar ein Maulwurf!“, stellte Agnes fest.
    „Es nützt nichts, wir müssen am Fluss entlang, sonst verlieren wir die Orientierung. Dort drüben gibt es wieder Wald!“ Sie drückte ihrem Hengst die Fersen in die Weichen und galoppierte los.
    Auf der Hälfte der Strecke durch das Tal hörten sie hinter sich plötzlich laute Rufe. Radegunde sah über ihre Schulter zurück und entdeckte Reiter am Waldrand. Sie erschrak. Agnes hatte sie wohl auch gesehen, denn sie spornte ihr Pferd an und kam näher.
    „Wir müssen es bis zum Wald schaffen, hörst du?“, schrie Radegunde in den Wind.
    Doch sie waren beide keine besonders geübten Reiterinnen, und die Rufe ihrer Verfolger wurden beständig lauter.
    Radegunde sprang vom Pferd, kaum dass sie im Wald außer Sicht waren. Kurz nach ihr kam Agnes an. Mit aller Kraft zogen sie die sich sträubenden Tiere seitlich in das dichte Unterholz und legten ihnen beruhigend die Hände auf die Nüstern. Nur wenige Minuten danach hörten sie die Männer kommen. Auch sie saßen ab und führten ihre Pferde durch den Wald. Laut diskutierend zogen sie vorbei.
    „Hier im Wald kommen sie nicht voran, wir werden sie bald kriegen!“ Das war die Stimme von Sigimer. „Achtet auf Spuren!“
    „Sie werden gleich merken, dass wir nicht mehr vor ihnen sind. Komm, wir müssen zurück zum Waldrand.“ Radegunde zerrte am Zügel. Ihr Herz klopfte so laut, dass es in ihren Ohren dröhnte.
    „Was hast du vor?“, keuchte Agnes.
    Sie antwortete nicht, sondern kroch tiefer in das Gestrüpp aus jungen Bäumen und Himbeersträuchern. Das Zaumzeug verhedderte sich in einem Dornenbusch, ihr Pferd stolperte über eine Wurzel, die unter dichtem Moos verborgen war, und blieb stehen.
    „Also gut. Wir lassen die Pferde hier. Sie laufen sicher nicht weg und hier findet sie auch keiner.“ Ihre Stimme zitterte.
    „Und was machen wir?“
    „Wir gehen zum Waldrand und verstecken uns im Korn.“
    Gebückt krochen sie aus dem Unterholz zurück und hockten sich in das angrenzende Haferfeld. Es dauerte tatsächlich nicht lange, da kamen die Verfolger aus dem Wald heraus. Sigimer richtete sich im Sattel auf und drehte den Kopf in alle Richtungen, dann hob er den rechten Arm. „Chlodwart, nimm dir vier Leute, ihr durchkämmt den Waldrand!“, befahl er. „Weit können sie nicht sein.“
    Er wandte sich um. „Sigwart, du reitest den Hügel hinauf und befragst die Bäuerin. Sei nicht zimperlich! Sie muss etwas gesehen haben. Ihr anderen wartet hier mit mir. Haltet die Augen offen!“
    Agnes stieß Radegunde an. „Sie werden die Pferde finden!“, flüsterte sie voller Panik.
    „Aber uns nicht!“
    „Doch ohne Pferde kommen wir nicht weit.“
    „Vielleicht können wir irgendwo welche stehlen?“
    „Von den Bauern hat doch niemand Pferde!“
    Am gegenüberliegenden Waldrand begann die Bäuerin laut zu jammern. Eines der Kinder weinte.
    „Nein, nein! Bitte, Herr!“, hörten sie die Frau klagen. Sigwart hatte sie bei den Haaren gepackt und in die Knie gezwungen.
    „Der ist wahrhaftig nicht zimperlich!“, raunte Agnes und lugte vorsichtig zwischen den Haferhalmen hervor.
    Auch Radegunde verfolgte die Szene mit wachsendem Unmut. Der halbwüchsige Junge rannte jetzt über die Wiese auf Sigwart zu, er wollte seiner Mutter helfen. Die Soldaten um Sigimer begannen zu lachen.
    „Diese Unholde!“, zischte sie wütend. Sie sah noch, wie Sigwart sein Schwert zog und der Frau an die Kehle setzte, dann sprang sie auf. „Hört auf! Hört sofort auf!“, schrie sie über die Haferhalme hinweg. „Lasst sie in Ruhe!“
    Neben Scham kam fast ein wenig Freude in ihr auf, als sie, von Sigimers Soldaten eskortiert, am nächsten Morgen auf den Hof zurückgebracht wurden. Sie bemerkte erstaunt, dass sie das Gefühl hatte, nach Hause zu kommen. Tränenreich wurde sie von

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