Radegunde von Thueringen
für ein gewaltiges Fest! Das ganze Heer folgte seinem Beispiel, und die Priester unter Remigius hatten eine ganze Woche lang zu tun. Chlodwig schenkte den Bischofskirchen Land, damit die Priester und die Armen ernährt werden konnten. Bevor er starb, gab er seinen Söhnen das Reich zu gleichen Teilen und nahm ihnen das Versprechen ab, nur zum Wohle der Franken zu regieren. Alles schien gut zu werden. Gegen Burgund zogen sie gemeinsam, mit einem mächtigen Heer. Doch Chlodomer fiel in der Schlacht. Als sei damit Gottes Segen von ihnen genommen, wurde der Feldzug plötzlich zum Fiasko. Burgund ist bis heute nicht erobert. Nun sind noch zwei Söhne übrig, und was tun sie? Sie schlagen sich. Statt gemeinsam das Reich zu stärken, versuchen sie, sich gegenseitig zu töten.“
Etwas in ihrer Stimme ließ Radegunde aufhorchen. „Was ist passiert?“, fragte sie.
Chrothilde sah auf. „Mir scheint, ihr lebt hier ein wenig abseits aller Nachrichten. Childebert zog gegen seinen Bruder. Vor etwa einem Mond. In einem Wald nahe Rouen musste Chlothar sich verschanzen.“ Ihre Augen wurden plötzlich schmal und bekamen einen harten Ausdruck. „An allem ist nur dieser Bastard schuld! Gott möge ihn endgültig verdammen!“ Ihre Hände kneteten das Katzenfell, das über der Stuhllehne hing.
,Theuderich!‘, dachte Radegunde. ,Natürlich. Sie hasst ihn, weil er nicht ihr Sohn war. Selbst nach seinem Tod kann sie nicht aufatmen, denn sein Sohn ist stark.‘
„Childebert hätte ihn beinahe besiegt, doch Gott hatte ein Einsehen. Er schickte ein Unwetter. Hagelkörner so groß wie meine Faust prasselten auf die Krieger hernieder.“ Chrothilde lachte schadenfroh. „Weißt du, ich hatte auch eine Tochter. Wenn die Jungen sich im Bogenschießen oder Schwertkampf übten, saß sie bei mir am Stickrahmen. Sie konnte hell wie eine Lerche singen, ihr Lachen klang wie das Geläut einer kleinen Glocke.“
Radegunde erinnerte sich an Pater Nicodemus’ Worte. „Sie war mit Amalarich verheiratet, dem Bruder meiner Tante.“
„Ja, auch ihn möge Gott verdammen in alle Ewigkeit.“ Ihre Stimme klang eisig. „Es ist jetzt beinahe drei Jahre her, da brachte Childebert sie mir zurück. Dieser widerliche gotische Teufel hatte sie geschlagen, weil sie seinen gotteslästerlichen Glauben nicht annehmen wollte. Selbst ihr Kind hat er aus ihr herausgeprügelt. Sie starb mir unter den Händen weg.“
Misstrauisch sah sie Radegunde an. „Glaubst du etwa auch dieses frevelhafte arianische Zeug?“
Auf dem Hof erhob sich plötzlich ein lautes Geschrei und befreite sie von einer Antwort. Fünf oder sechs junge Hengste rasten im Galopp zwischen Federvieh und Schweinen hindurch. Mägde sprangen kreischend beiseite. Mehrere Pferdeknechte nahmen die Verfolgung auf. Raue Verwünschungen drangen durch den aufgewirbelten Staub.
„Die Jährlinge sind sehr temperamentvoll!“, erklärte Radegunde. „Es genügt schon ein kläffender Hund oder eine schlagende Tür und sie gehen durch.“
Chrothilde nickte. „Nun habe ich genug von mir erzählt. Es wird Zeit, dass wir von dir reden. Du bist getauft worden?“
„Ja, mit meinem Bruder Bertafrid zusammen. In der Unstrut.“
Chrothilde strich zerstreut über das Katzenfell. Der Name des Flusses schien ihr nichts zu sagen. „Gut. Chlothar ist sehr gottesfürchtig. Das einzig Positive, was ich über ihn berichten kann. Doch das wenige, das man hat, sollte man nutzen.“
Sie schwieg einen Moment, als wollte sie ihre Gedanken sammeln.
„Ich gehe davon aus, dass er kommt, sobald er sich von der Schlacht bei Rouen erholt hat. Er wird der Form halber um deine Hand anhalten und du wirst ja sagen.“ Sie hob die Hände, als Radegunde protestieren wollte. „Du hast sowieso keine Wahl! Er kriegt immer, was er will. Als er sich die Zwillinge nahm, habe ich ein Auge zugedrückt. Bei Chunsina dachte ich, er will sich über den Tod der beiden hinwegtrösten. Erst als er Guntheuka ehelichte, die Witwe seines Bruders, da wurde mir klar, wie skrupellos er ist.“
„Ihre Söhne …“
Chrothilde musterte sie kühl. „Du hast also schon davon gehört! Ja, er hat zwei ihrer Jungen erschlagen. Danach hat er einen ganzen Tag in der Kirche verbracht und gebetet!“
„Und Ihr erwartet von mir …?“
„Das Volk der Franken braucht eine starke Königin. Chunsina war dumm wie Stroh, Guntheuka schwach und willenlos. Nach allem, was ich gehört habe, wärest du eine Chance für unser Reich.“
Radegunde wollte
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