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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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worauf der König hinauswollte.
    „Bischof Injuriosus drohte mir, dass Gott mir alles nehmen würde, wenn ich mir anmaßen würde, zu nehmen, was Gottes sei.“
    Medardus neigte bedenklich sein Haupt. Er hätte dem Bischof von Tours zu gern Recht gegeben, doch er fürchtete sich, seine Meinung vor Chlothar zu vertreten. Also suchte er nach einer diplomatischen Antwort.
    Doch Chlothar kam ihm zuvor, er war ein Freund schneller Entschlüsse. „Ich werde Injuriosus nicht weiter drängen. Soll er seinen Dritten behalten. Die anderen Bischöfe zahlen, das muss genügen.“
    ,Hoffentlich genügt das Gott auch!‘, dachte Radegunde, doch sie schwieg wohlweislich. Medardus schien ähnlicher Meinung zu sein, denn er machte ein pikiertes Gesicht.
    Die Tafel war noch nicht aufgehoben, da stand Agnes plötzlich hinter ihr. „Radegunde, komm schnell!“
    Sie sprang auf. „Wer ist es diesmal?“
    Agnes blickte sie nicht an. „Besa!“
    Gemeinsam rannten sie zu den Pesthütten hinüber.
    Sie hatten die Zwergin auf ein Lager gebettet. Sie musste die ersten Symptome verschwiegen haben, denn die Krankheit war bereits weit fortgeschritten.
    „Besa! Bitte nicht! Nicht du!“ Sie kniete vor dem Lager, Tränen stürzten aus ihren Augen, als sie die dunklen Flecken am Hals der kleinen Frau sah.
    Besa versuchte zu lächeln. „Erinnerst du dich, als wir Giso den schwarzen Tod angemalt hatten? Den Trick macht uns keiner nach!“
    Dann verlor sie das Bewusstsein.
    Tag und Nacht betete Radegunde um Besas Leben. Sie schlief nicht, sondern saß entweder an ihrem Lager oder lag auf dem kalten Boden der Kapelle und flehte den Gekreuzigten an, das Leben ihrer geliebten Dienerin zu verschonen. „Sie ist das Einzige, was mir aus meiner Heimat geblieben ist. Bitte hilf ihr!“
    Am Tag darauf begann Besa zu husten und ihre Lippen färbten sich schwarz. Am dritten Tag starb sie im Morgengrauen, ohne noch einmal bei klarem Verstand gewesen zu sein. Zitternd vor Erschöpfung und Trauer zog Radegunde ein Laken über den kleinen Körper, der sich fast vollständig schwarz gefärbt hatte.
    „Mit ihr stirbt meine Kinderzeit!“, flüsterte sie.
    Agnes versuchte sie zu trösten, doch was sollte sie ihr sagen?
    Viel Zeit zum Nachdenken blieb ihnen nicht, kaum war Besas Leiche aus der Hütte geschafft worden, stand Salomé in der Tür und stützte sich am Rahmen ab. Entsetzen schwamm in ihren Augen. „Herrin, ich habe Schmerzen unter den Armen. Ich werde auch sterben!“
    Auf der Haut der Sklavin waren die dunklen Flecken nur schwer zu erkennen, aber die Schwellungen unter den Achseln und in der Leistengegend sprachen eine deutliche Sprache. Radegunde nahm sie in den Arm und wiegte sie sanft. Dabei sah sie sich um. In der Hütte lagen dicht gedrängt acht Kranke, darunter drei kleinere Kinder. Zwei Mägde und Agnes halfen ihr bei der Pflege, Chrotesina überwachte souverän den raschen Abtransport der Toten und wies den frisch Erkrankten ihre Lager zu. In den letzten drei Tagen hatte sie sich nur auf Besa und ihre Trauer konzentriert, hatte nur für Besa gebetet. Wie egoistisch war sie gewesen!
    Mit dem Eifer, den ein schlechtes Gewissen hervorruft, bat sie Chrotesina um ein Lager für Chlothars Leibsklavin. Dann rief sie sich noch einmal ins Gedächtnis, was Besa ihr über die Krankheit erzählt hatte.
    „Chrotesina, bring mir ein scharfes Messer und Tücher!“
    Die Frau zog fragend die Brauen hoch, schwieg jedoch und suchte nach den gewünschten Dingen.
    „Salomé, hör mir zu: Ich werde die Beulen unter deiner Haut öffnen, damit das schlechte Blut herausfließen kann. Niemand kann sagen, ob das wirklich hilft, aber ich würde es gern probieren.“
    Die Sklavin riss die Augen auf, dann nickte sie. „Es kann ja wohl auch nicht schlimmer werden. Ich habe nichts dagegen.“
    Staunend betrachtete Chrotesina die Hände ihrer Herrin, die ein leichtes Zittern nicht verbergen konnte. Mit einem tiefen Schnitt öffnete Radegunde die erste Schwellung und fing das hervorquellende Blut mit einem Tuch auf. Salomé klagte nicht, sondern wartete geduldig auf das Ende der ungewöhnlichen Prozedur.
    „Es ist ein Versuch, von dem Besa mir erzählte. Doch muss er nicht unbedingt Erfolg bringen. Wenn du weitere Beulen findest, rufe nach mir.“
    Ein Schatten verdunkelte die Tür. Bertafrid stolperte hinein, sein kleiner Sohn Agnefrid hing ihm schlaff im Arm.
    „Radegunde, du musst etwas tun! Er … er darf nicht sterben!“ Seine Stimme klang fremd vor

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