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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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wanderten zwischen den beiden Bauersleuten hin und her.
    „Ihr habt schon länger Streit, nicht wahr?“, fragte sie.
    Überrascht sahen die beiden Männer auf.
    „Ja, hohe Herrin. Er hat meine Schwester geheiratet und sie nicht gut behandelt“, berichtete Wadardus, „da habe ich sie eines Tages zurückgeholt.“
    „Ich habe sie behandelt, wie es sich gehört! Du hast kein Recht, sie mir wegzunehmen!“, empörte sich der Gelbgesichtige.
    „Wie gehört denn eine Frau behandelt?“, hakte sie nach.
    Der Bauer begriff, dass er sich auf gefährliches Eis begab, und schwieg.
    „Hast du sie geschlagen?“
    „Ja, was sollte ich denn tun, wenn sie mir widersprach?“
    „Dann hast du Gewalt angewendet gegen eine Frau, deren Schutz und Fürsorge dir anvertraut war!“ Ihre Stimme war jetzt schneidend.
    Bertafrid drängte sich durch die Zuhörer und trat an ihren Stuhl. „Was gibt es?“
    „Du wirst als Zeuge benötigt. Erinnerst du dich an den Hengst, der unlängst zurückgebracht wurde, nachdem er angeblich gestohlen worden war?“
    „Ja, unser Silberpfeil! Ein sehr schwieriger Gaul, der seinen eigenen Kopf hat.“
    „Kannst du dir vorstellen, wie er auf die Wiese des Bauern Wadardus gekommen ist, wenn nicht durch Diebstahl?“
    Bertafrid kratzte sich am Kopf. „Ehrlich gesagt, kam mir das mit dem Diebstahl schon damals seltsam vor. Silberpfeil hat – wie gesagt – eine komplizierte Persönlichkeit und lässt kaum jemanden an sich heran. Ihn zu stehlen, dürfte nicht ohne Prellungen und Bissverletzungen abgehen. Aber es ist denkbar, dass er wieder einmal ausgerissen war. Es wäre nicht das erste Mal.“
    „Das klingt vernünftig. Wadardus, deine Wiese grenzt direkt an unsere Koppeln, nicht wahr?“
    „Ja, hohe Herrin.“
    „Dann sollten wir prüfen, ob die Zäune in Ordnung sind.“ Sie senkte den Kopf und faltete die Hände. „Lasst uns beten, bevor das Urteil gesprochen wird!“
    Nach dem „Vaterunser“, in das die Bauern murmelnd einfielen, hob sie erneut die Stimme: „Folgendes Urteil ergeht im Namen Chlothars, des Königs der Franken: Du, Wadardus, bist freigesprochen vom Vorwurf des Diebstahls. Der königliche Hengst ist ohne dein Verschulden auf deine Wiese geraten. So sei es, im Namen Gottes, seines Sohnes Jesus Christ und des Heiligen Geistes. Amen!“
    Die Bauern verneigten sich, der eine zähneknirschend, der andere erleichtert.
    „Wadardus, eins noch: Pass gut auf deine Schwester auf! Und sollte dein Nachbar dir noch einmal Probleme bereiten, wende dich direkt an mich!“
    „Danke, hohe Herrin!“ Der Bauer verbeugte sich erneut, dann verließ er neben dem erfolglosen Ankläger eilig den Platz. Die Zuschauer zerstreuten sich unter beifälligem Gemurmel.
    „Bertafrid, auf ein Wort!“, rief sie ihrem Bruder nach.
    „Ist es wichtig?“ Er klang gehetzt.
    „Für mich schon!“
    „Also gut.“
    Sie stieg von ihrem hohen Stuhl und ging mit ihm in Richtung Königshalle. „Giso hat mir erzählt, was in Thüringen geschehen soll.“ Sie hob die Hand, als er tief Luft holte. „Ich weiß, dass du das nicht billigst. Aber ich bin froh, dass er es getan hat. Ich hasse es, immer außen vor zu stehen!“
    „Ich dachte dabei nur an deine Sicherheit! Wenn es schiefgeht, kannst du reinen Gewissens behaupten, von nichts gewusst zu haben! Falls Chlothar glaubt, dass du Bescheid wusstest, bist du des Todes!“, flüsterte er eindringlich.
    „Sage mir nur, was Theudebalds Tod jetzt ändert.“
    „Er kann uns hilfreich sein. Wir müssen das allgemeine Durcheinander ausnutzen. Das Beste, was passieren kann, ist Chlothars Verwicklung in einen Krieg mit Childebert.“
    „Das dachte ich mir. Deshalb habe ich heute früh auch nicht versucht, ihm diese Idee auszureden.“

    „Er hat vor, gegen Childebert zu ziehen?“ Bertafrid frohlockte.
    „Du kennst ihn. Wenn Childebert nicht freiwillig auf Theudebalds Gebiete verzichtet, gibt es Krieg.“
    „Und der wird nicht verzichten.“
    „Natürlich nicht!“
    Bruder und Schwester hatten beide das gleiche Leuchten in den Augen. Doch über Radegundes Gesicht huschte sogleich wieder ein Schatten. „Was wird sein, wenn der Aufstand gelingt? Wirst du der König des neuen Thüringer Reiches?“
    „Ich denke, schon. Amalafrid wird kaum zurückkehren. Und wenn, dann findet sich auch eine Lösung.“
    „Und … was wird aus mir?“ Ihr Flüstern war nur noch ein Hauch.
    „Ja, ich weiß nicht …“ Seiner Stimme war anzuhören, dass er darüber noch nicht

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