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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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beschloss, ihre Würde zu verteidigen und das Ganze souverän zu überspielen. „Ihr habt noch nicht berichtet, mein König, wie Eure Verhandlungen mit Childebert verlaufen sind!“ Und jetzt ritt sie der Teufel, doch sie konnte sich den Spott nicht verkneifen: „Es scheint, als ob er das Reich hat und Ihr die Witwe?“
    Einen Moment herrschte Totenstille im Saal. Am hinteren Ende der Tafel prustete einer der Vikare seinen Wein über den Tisch. Nun fingen alle an zu lachen, niemand konnte sich mehr beherrschen. Chlothar besaß immerhin genug Humor, um in das Gejohle einzufallen. Doch sie ahnte, dass sie nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschlittert war. Sie ermahnte sich, umsichtiger vorzugehen.
    „Nein, meine Liebe“, konterte ihr Gemahl, „es ist viel besser: Ich habe beides!“ Beifall heischend sah er sich um, doch das Gelächter klang jetzt dürftig und erzwungen.
    „Wie meint Ihr das?“, fragte Medardus laut.
    „Ganz einfach: Ich habe Childebert mit ein paar handfesten Argumenten dazu überredet, mir Theudebalds Reich vollständig zu überlassen.“
    „Er hat verzichtet?“, hakte Radegunde ungläubig nach.
    „Ich musste natürlich etwas nachdrücklicher werden. Aber ich hatte mich bereits vor Childeberts Ankunft der Rückendeckung von Theudebalds Hofstaat versichert. Wenn er nicht zugestimmt hätte, dann hätte er den Hof nicht lebend verlassen!“
    Sie suchte Bertafrids Blick, der ihr schräg gegenübersaß. Enttäuschung malte sich darin aus und Wut. Maßlose Wut.
    ,Hoffentlich verliert er nicht die Beherrschung‘, dachte sie und nickte ihm beruhigend zu.
    „Ihr sagtet, Ihr habt beides! Was meint Ihr damit?“ Medardus ließ nicht locker.
    „Nun, wie meine Gemahlin schon vermutete, habe ich auch Theudebalds Witwe. Sie ist jetzt allein, jemand muss sich um sie kümmern. Ich werde sie heiraten.“
    Obwohl jeder im Saal schon seine Schlussfolgerungen aus Chlothars Verhalten gezogen hatte, schlugen seine letzten Worte ein wie ein Blitz. Sich eine Geliebte halten – auch wenn sie als Königswitwe einen enormen Rang hatte – war das eine. Doch eine Hochzeit anzukündigen, während die angetraute Gemahlin daneben saß, war etwas ganz anderes.
    Bertafrid sprang auf, sein Krug zerschellte auf dem Boden. „Ihr seid verheiratet, habt Ihr das vergessen?“
    Chlothars Stirn umwölkte sich. „Was geht es dich an, Thüringer?“
    „Ihr seid mit meiner Schwester vermählt!“
    „Setz dich hin und trink deinen Wein! Bringt ihm einen neuen Krug! Ich will heute keinen Streit.“
    So scheinbar friedliebend war Chlothar nur, wenn er ein neues Spielzeug sein Eigen nannte. Radegunde kannte diese Stimmungen zu gut. Sie waren trügerisch. Vergeblich versuchte sie, den Blickkontakt zu Bertafrid wiederherzustellen, um ihn zur Ruhe zu mahnen.
    Zum Glück zerrten Freunde von ihm schon an seinen Ärmeln und Medardus mischte sich wieder ein. „Herr, unser gütiger Gott lässt nur eine Ehefrau zu! Ihr könnt die Witwe nicht heiraten!“
    „Ja, seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen?“ Jetzt brüllte Chlothar. Vor seinem Mund schäumte Speichel. „Hatten unsere Vorfahren nicht alle so viele Frauen, wie sie verkraften konnten? Was wollt ihr eigentlich? Ich bestimme selbst, wie viele Frauen ich heirate. Und du, Medardus“, er zeigte mit dem Finger auf den Bischof, als wolle er ihn an Ort und Stelle damit aufspießen, „du weißt am besten, dass ich mit einer Nonne verheiratet bin!“
    Er machte eine bedeutungsvolle Pause. „Und jetzt hinaus mit euch! Raus! Alle!“
    Draußen auf der Treppe erwischte Radegunde ihren Bruder. „Du musst vorsichtiger sein, hörst du?! Kümmere dich nicht um mich, das besorge ich schon selbst! Du darfst kein Risiko eingehen!“
    Er blieb stehen. Sein Atem ging schwer. „Du hast Recht, aber ich konnte nicht anders. Ich werde ihm aus dem Wege gehen.“
    Sie zog ihn beiseite, weg von dem Strom der eifrig diskutierenden Leute, die um die Reste ihres Abendessens gebracht wurden.
    „Was ändert sich jetzt, wenn es keinen Krieg gibt?“
    „Warte ab, es ist noch nicht aller Tage Abend!“, murmelte er geistesabwesend. Bevor sie weiter in ihn dringen konnte, wies er mit dem Kinn zur Treppe: „Ich glaube, dort benötigt jemand deine Hilfe!“
    Vor der Tür der Halle stand Waldarada und sah sich hilflos um. Von ihrer Arroganz war nicht viel übrig geblieben.
    Seufzend ging Radegunde zurück. „Komm mit, ich zeige dir ein Gemach, wo du dich einrichten kannst!“
    Die Witwe

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