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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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reagierte.
    „Sie heißt Waldarada. Und sie haben noch keine Kinder“, ergänzte Agnes.
    „Damit sind Chlothar und Childebert seine Erben. Und das bedeutet Krieg!“, bemerkte Radegunde trocken und ging zur Tür.
    In der Halle herrschte noch immer Ruhe. Chlothar und Baudin waren die Einzigen, die am Tisch saßen und diskutierten. In der Ecke neben der Feuerstelle stand ein Diener bereit.
    „Zunächst sollten meine Söhne Bescheid wissen. Schnelle Boten müssen geschickt werden, sie sollen sich mit einem Aufgebot bereithalten.“
    „Hast du vor, Theudebalds Gebiete zu übernehmen?“ Radegunde mischte sich ein, ohne zu zögern.
    Chlothar hob nur kurz den Kopf, er hatte sich längst an das Politikinteresse seiner Frau gewöhnt. Nicht nur das, er hatte auch gelernt, dass ihre Ratschläge mitunter sehr klug waren.
    „Natürlich! Glaubst du, ich überlasse das ganze Gebiet dieser Ratte Childebert?“ Auf seinen Bruder war er noch weniger gut zu sprechen, seit dieser ihn mit der Adoption ihres Neffen Theudebert ausgetrickst hatte.
    „Was hast du konkret vor?“
    „Ich treffe mich mit Childebert an Theudebalds Hof in Reims. Dort werden wir verhandeln.“
    Radegunde verzog das Gesicht. Sie konnte sich vorstellen, was mit Verhandeln in Chlothars Sinne gemeint war. Nicht umsonst versetzte er seine Söhne, die er strategisch günstig auf Höfe im ganzen Reich verteilt hatte, in Bereitschaft.
    „Wann werdet ihr euch treffen?“
    „Ich reite noch heute. Childebert wird etwas länger brauchen von Paris, so kann ich mich am Hof in Reims schon positionieren.“ Er lachte. „Dieses Mal bin ich im Vorteil, weil ich näher dran bin!“
    Er stand auf. „Nun denn, Baudin, schlag Alarm und lass die Grafen wecken. Sie werden den Tag verfluchen. Doch ich will gegen Abend in Reims sein.“
    Baudin verneigte sich. „Was ist mit der Anhörung heute Nachmittag? Es geht um den Diebstahl königlicher Pferde, ein armer Bauer wird verdächtigt … Soll ich sie vertagen?“
    „Ich übernehme das!“, schaltete sich Radegunde ein.
    Chlothar sah sie skeptisch an. „Du bist zu milde zu den Gaunern! Du schenkst ihnen am Ende noch ein paar Gäule dazu.“
    „Ich werde gerecht urteilen!“, versicherte sie.
    „Also gut, warum nicht. Doch jetzt los, Baudin, spute dich!“
    Die Verhandlung am Nachmittag erwies sich zunächst als kompliziert. Ein Bauer hatte seinen Nachbarn angezeigt, weil auf dessen Wiese ein silberfarbener Hengst stand, der offenbar aus dem Stall des angrenzenden königlichen Hofes stammte. Jetzt standen die beiden Kontrahenten sich auf dem Platz vor der Kirche gegenüber und funkelten sich wütend an.
    „Wadardus kann sich ein solches Tier überhaupt nicht leisten! Er muss es gestohlen haben!“, ereiferte sich der Ankläger.
    „Woher willst du wissen, was ich mir leisten kann?!“, fauchte der Angeklagte zurück.
    „Wadardus, auf den Diebstahl eines königlichen Hengstes stehen neunzig Solidi Buße. Sage mir, hast du das Pferd gestohlen?“, fragte Radegunde eindringlich. Sie saß auf einem kunstvoll geschnitzten, leicht erhöhten Sitz, den sonst Chlothar einnahm, wenn er Verhandlungen führte. Zwei Sklaven hatten ihn vor die Kirchentür gestellt. Die beiden Männer in einfacher Bauernkleidung standen in gebührender Entfernung vor ihr. Hinter ihnen hatte sich eine kleine Zuschauermenge eingefunden.
    „Natürlich nicht, hohe Herrin. Was sollte ich mit einem Tier, dem man sofort ansieht, woher es stammt?“ Der hagere Mann wischte sich mit dem Ärmel seines grobgewebten Kittels den Schweiß von der Stirn.
    „Du hättest es schnell verkaufen können, dann wäre es fort gewesen und du hättest die Solidi eingestrichen!“, keifte der Nachbar, ein gelbgesichtiger kleiner Mann.
    „Am besten ist, ihr redet nur, wenn ihr gefragt werdet, sonst kommen wir nie zum Schluss!“, ermahnte Radegunde. „Wadardus, wie erklärst du dir, dass der Hengst auf deiner Wiese stand?“
    „Ich weiß es nicht, hohe Herrin, ich weiß es wirklich nicht! Vielleicht hat ihn mein Nachbar dorthin gestellt, um mir zu schaden!“, jammerte der Bauer mit einem scheelen Seitenblick zu seinem Kontrahenten.
    Der wollte auffahren, doch Radegunde hieß ihn mit einer Handbewegung schweigen. Sie überlegte einen Moment. Dann winkte sie einen Diener heran. „Lass meinen Bruder, den Hauptmann Bertafrid, holen. Es ist wichtig, er soll sich beeilen!“
    Eine Weile herrschte Ruhe auf dem Platz, nur ein paar Hühner gackerten im Hintergrund. Giftige Blicke

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