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Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frida Mey
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eine Beerdigung angezogen, kam eher im Freizeit-Look daher. Sein Gesicht unter der spiegelnden Glatze war gerötet. Er stürmte an Elfie vorbei, drängte sich durch die Trauergemeinde und blieb vor dem Sarg stehen.
    »Mutter!«, rief er, theatralisch und anrührend zugleich. »Ich will meine Mutter noch einmal sehen.« Eine gewisse Verzweiflung lag in seiner Stimme.
    »Norbert! Du!« Die Tochter der Verstorbenen trat zu ihm, legte die Hand auf seinen Arm.
    »Waltraud, ich will Mutter noch einmal sehen.«
    Er wandte sich seiner Schwester zu, und gleich darauf lagen sich die Geschwister in den Armen. Erst nach einigen Minuten löste Norbert sich aus der Umklammerung.
    »Waltraud, ich muss Mutter noch einmal sehen«, wiederholte er eindringlich. »Das verstehst du doch? Der Sarg muss geöffnet werden.«
    Seine Schwester strich ihm über die Wange. »Selbstverständlich sollst du unsere Mutter noch einmal sehen«, meinte sie liebevoll.
    »So einfach geht das nicht«, schaltete sich Juliane Knörringer ein. »Schließlich ist der Sarg schon verschraubt.«
    »Ja und? Denken Sie, ich bin seit dreißig Stunden unterwegs, komme den weiten Weg aus Australien, um mich vonIhnen daran hindern zu lassen, meine tote Mutter noch einmal zu sehen? Schlimm genug, dass ich es nicht zu ihrem Sterbebett geschafft habe. Geben Sie mir den Screwdriver, ähm, den – wie heißt es noch – Schraubenzieher! Dann mache ich das selbst.«
    Der Sohn der Verstorbenen ging einen Schritt auf Juliane Knörringer zu, die beim Rückwärtsstolpern beinahe über den Sarg gefallen wäre.
    »Nein, nein, das geht nicht«, protestierte Juliane lautstark.
    »Doch, doch, das geht schon«, meinte Carlos Knörringer begütigend, wirkte jedoch in Anbetracht der großen Zahl der Trauergäste etwas verunsichert.
    Dann schien ihm die erlösende Idee zu kommen, und sein Gesicht hellte sich auf. »Unter diesen besonderen Umständen bitte ich alle Anwesenden, bis auf die engsten Familienangehörigen, die Halle noch einmal zu verlassen.  – Frau Ruhland schließen Sie danach die Tür.«
    Von außen oder von innen, überlegte Elfie und entschied sich dafür, die Tür von innen zu schließen, nachdem die Trauergesellschaft unter leisem Gemurmel die Halle geräumt hatte. Elfie stellte sich unauffällig in den Schatten einer Säule. Einer der Sargträger eilte mit einem großen Schraubenzieher herbei und machte sich daran, den Sarg zu öffnen.
    Juliane Knörringer hatte sich in den hintersten Winkel der Halle zurückgezogen und stand wie erstarrt. Der Ehemann der Tochter und die beiden Söhne blieben auf ihren Stühlen sitzen, während Sohn und Tochter ganz nah an den geöffneten Sarg traten.
    »Mutter, wie lange habe ich dich nicht gesehen?« Ein Schluchzen erschütterte den Sohn, während die Tochter imgleichen Atemzug rief: »Wo ist Mutters Perlenschmuck, mit dem sie unbedingt begraben werden wollte? Wo ihr Pelzmantel? Ich habe ihn ihr extra angezogen, weil sie doch zum Schluss immer so gefroren hat.« Die Stimme der Tochter war eine einzige Anklage. »Und ihr Ehering fehlt auch!«
    »Da muss ein Missverständnis vorliegen«, wandte Carlos nach kurzem Zögern ein, wobei Elfie beim Anblick der versteinerten Züge von Juliane Knörringer rasch begriff, dass da keineswegs ein Missverständnis vorlag.

1 3.
    Elfie parkte ihren alten VW Käfer in dem kleinen Hof neben Paul-Friedrichs Antiquariat. Sie stieg aus, verriegelte die Türen und prüfte vorsichtshalber noch einmal nach, ob sie tatsächlich abgeschlossen waren. Auf keinen Fall wollte sie riskieren, dass jemand ihr Schmuckstück stahl.
    Während sie um das Auto herumging, fiel ihr Blick auf eine Unebenheit am Kotflügel. Sie beugte sich hinunter und sah, dass der Lack aufgeplatzt war. Darunter schimmerte es rötlich  – die erste Roststelle! Bestimmt, weil sie ihn nach dem Regenguss nicht trocken gerieben hatte.
    Sachte strich sie über den Kotflügel und spürte noch mehr kleine Unebenheiten. Sie holte ihre Lesebrille aus der Tasche und begutachtete die Stellen eingehend. Auch hier würde der Lack wahrscheinlich bald abplatzen.
    Sorgfältig untersuchte sie das ganze Auto und entdeckte weitere Rostblasen an den anderen Kotflügeln, vor allem in den Ecken, wo sie angeschraubt waren. Der restliche Wagen war glücklicherweise in Ordnung und glänzte noch genauso blausilbern wie an dem Tag, als Ludwig und sie ihn gekauft hatten.
    Sie musste dringend bei ihrer Werkstatt vorbeifahren. Hoffentlich konnte der Mechaniker

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