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Radikal führen

Radikal führen

Titel: Radikal führen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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und nur die Zentrale unseres Unternehmens stünde noch – wir würden locker fünf Jahre unbeirrt weiterarbeiten. E-Mails gingen hin und her, Telefone würden klingeln, Conference Calls, Business Reviews, Meetings ohne Ende. Erst nach etwa fünf Jahren würden wir nach draußen schauen und fragen: Ist da noch jemand?«
    Die Neigung von Organisationen, sich mit sich selbst zu beschäftigen – das treibt Transaktionskosten ins Unermessliche. So wird zum Beispiel ein Unternehmen oft als »internes« Netzwerk von Kunden-Lieferanten-Beziehungen beschrieben. Meist beklagt man, dass sich jeder vorwiegend als Kunde begreift und den jeweils anderen als Lieferanten. Auch Führung sieht sich im Regelfall eher als Kunde denn als Lieferant. Und das Organigramm legt das ebenso nahe wie auch Formulierungen, dass jemand »an mich berichtet« oder »für mich arbeitet«. Führung könnte sich aber auch als Lieferant begreifen: als Lieferant von Möglichkeiten, Freiräumen, Unterstützungen. Führungsaufgabe wäre dann, die eigene Lieferantenrolle anzuerkennen. Und das Motto von Führung wäre: »Ich bin dafür da, dass die anderen ihren Job tun können.«
Vertikal oder horizontal?
    Alle diese Perspektiven haben ihr Für und Wider. Aus der Perspektive der Transaktionskosten aber – und das ist das große Ungesagte – sind das Luxus-Diskussionen. Beide Sichtweisen verfehlen den Kern. Und der Kern ist: Im Unternehmen sind alle Lieferanten. Es gibt keine Kunden im Unternehmen. Der Kunde ist draußen – auf dem Markt! Und wir müssen das Unternehmen so bauen, dass es eben keine oder zumindest möglichst wenig Kunden-Lieferanten-Beziehungen innerhalb des Unternehmens gibt. Weil die uns beim Kunden nicht weiterbringen.
    Das alte Allokationsproblem weist den Weg. Wenn Sie einen Sack Geld zu verteilen haben, dann haben Sie die Wahl, ihn nahe am (externen) Kunden oder weit weg von ihm einzusetzen. Das ist der Lackmustest. Wenn Sie bei einer Investition siebenmal um die Ecke denken müssen, um sich beim Kunden durch diese Investition zu profilieren, und wenn Sie ausgeprägte Ursache-Wirkungs-Akrobatik leisten müssen, damit diese Investition irgendwann durch dessen Auftrag überkompensiert wird, dann sollten Sie überlegen, ob Sie das Geld nicht lieber direkt nahe am Kunden investieren.
    Die Nachfrager-Anbieter-Interaktion, das ist die kleinste Einheit der Wirtschaft und ihre wichtigste. Sie ist gleichsam das Ur-Fraktal. An sie sollten Sie sich immer wieder erinnern, wenn Sie eine Gestaltungsaufgabe lösen wollen. Darauf kommt es dann an: Vieles, was auf dem Markt der Managementtheorie angeboten wird, orientiert sich an der hierarchischen Leitunterscheidung »Oben/Unten«. »Oben« fordert meistens, »Unten« muss liefern; »Oben« fragt, »Unten« antwortet; »Oben« klagt an, »Unten« rechtfertigt sich. Die Hauptkommunikation der Hierarchie ist ja die Frage: »Wer beobachtet wen beim Beobachten?« Man weiß, wenn man in eine Hierarchie eintritt, von wem man beobachtet wird und wen man zu beobachten hat. Die Energien fließen also vorzugsweise vertikal von oben nach unten und umgekehrt. Sie verlassen selten das Funktionssilo. Aber, und das sei hier mit Nachdruck gesagt: Für diesen Autismus werden Sie vom Kunden nicht bezahlt! Er interessiert sich nicht dafür, was und wen Sie monitoren, wem Sie Feedback geben oder nicht und ob Sie Mitarbeitergespräche führen. Bezahlt werden Ihre Bemühungen um eine andere Leitunterscheidung: »Innen/Außen«! Wir brauchen dringend eine Horizontalisierung der Energien. Stellen Sie das Unternehmen unter Horizontalspannung! Draußen am Markt müssen Sie einen Unterschied machen, nicht auf den Kinderspielplätzen der Organisation.
    Doch leider werden unentwegt interne Märkte beliefert, wird die Vertikalspannung intensiviert, werden immense Transaktionskosten verursacht – ohne dass diese auf irgendeinem Konto aufliefen und sichtbar würden. Man kann sie nur ahnen. Unmittelbar plausibel ist diese Tendenz beim Controlling. Soweit ich das überblicke, hat auch noch kein Kommentator bemerkt, dass große Teile der »gestaltenden« Personalarbeit die durch sie entstehenden Transaktionskosten wegblenden. Die gute Absicht scheint es zu erlauben, immer neue interne Märkte zu eröffnen und darüber die externen zu vergessen. Die Ideen hinter vielen Instrumenten wie etwa der »Mitarbeiterbefragung« oder der »Balanced Scorecard« klingen attraktiv; ihr Nutzen scheint offenkundig und konkret – etwa

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