Radikal führen
dann weiterhin »innen«, fließt zum Gehalt, beschäftigt sich mit allen möglichen Manipulierungsstrategien. Das ist Energie, die das Unternehmen beim Kunden keinen Meter weiterbringt. So wie im Unternehmen insgesamt zu oft gefragt wird: »Was will der Chef?« Aber der ist dem Kunden ziemlich egal.
Please the Boss – man ist damit beschäftigt, dem Management zu schmeicheln (oder nicht verhauen zu werden). Wie wenig dabeidie Transaktionskosten beachtet werden, zeigt das amerikanische Unternehmen Cisco, das mittlerweile einen wöchentlichen (!) Forecast hat. Wie reagieren die Mitarbeiter? Sie halten Puffer in der Schublade, um nicht in einen negativen Fokus zu geraten. Die Kundenorientierung muss man dann aufwändig über Seminare und Workshops wieder einführen. Und wieder entstehen Transaktionskosten. Und wenn die Vorhersagen nicht mit der Realität übereinstimmen, ist die Folge Frust und die Neigung, Schuldige für die Abweichung zu finden. Entweder verliert der Mitarbeiter (er ist nicht auf der Höhe der Marktentwicklung) oder der Planer (er hat schlecht geplant). Ohne Verlierer geht es nicht.
Wer mit Planungen versucht, die Komplexität in den Griff zu kriegen, dem schießen die Transaktionskosten durch die Decke: dauernde Abweichungskontrolle, wenn permanent nachverhandelt wird und immerfort die Pläne angepasst werden müssen. Planung wird daher in einer Welt der Turbulenzen zur Anmaßung.
Niemand kann heute mehr den Zeitraum eines Jahres verlässlich überblicken – es sei denn, er ist nicht am Markt. Müssen, dürfen wir uns weiterhin und unbeirrt an einer intern definierten Wirklichkeit orientieren? Oder sagen uns nicht die Kunden und die Märkte, worauf wir uns einzustellen haben? Zugespitzt kann man sagen: Wer Planzahlen erreicht, ist kein Unternehmer. Sondern ein Bürokrat. Im Grunde ist das Planwirtschaft, die so tut, als sei sie Kapitalismus.
Wenn Sie Ihr Unternehmen auf wechselnde Kundenbedürfnisse, Marktveränderungen und Umweltbedingungen einstellen wollen, dann kann das eine zentrale Planung nicht leisten. Leisten kann das in effizienter Weise ein Unternehmen nur, wenn alle Einheiten, Teile und Stellen selbstgesteuert handeln. Nur die Konditionen der Zusammenarbeit müssen fremdgesteuert sein: Die Vorgaben zur Rentabilität etwa oder zur Marktführerschaft müssen von der Zentrale kommen.
Das heißt: Wer heute auf turbulenten Märkten agiert, kann nur um den Preis permanenten Nachverhandelns an Zielvereinbarungen festhalten. Viele Praktiker beklagen, dass, wenn sie das Instrument ernst nehmen, sie im Nachverhandlungsstrudel versinken. Und je schärfer die Zielvereinbarung gefasst ist, desto größer der Nachverhandlungs-Aufwand – vor allem natürlich, wenn sie direkt mit dem Entgelt-System gekoppelt ist. Gegen das Prinzip der Marktausschaltung verstößt, wer in turbulenten Zeiten und auf volatilen Absatzmärkten laufend die variablen Einkommensanteile nachverhandeln muss. Es ist erstaunlich, wie unbeirrt vielerorts an den Planungsprozessen ruhiger Abschöpfungsmärkte festgehalten wird.
Fassen wir zusammen: Jede Verhandlung und Vereinbarung erhöht die Transaktionskosten. Das wird der Dynamik der Märkte heute vielfach nicht mehr gerecht. So sinnvoll die Planung im Einzelnen auch sein mag, der Nutzen ist den Kosten gegenüberzustellen. Mit Blick auf die Kostenseite hätte eine Allianz frei flottierender Selbstständiger kaum weniger Nachteile. Das heißt: Zielvereinbarungen sind teuer.
Daher mein Vorschlag: Lassen Sie die Jahresplanung und die Budgetverhandlung mal wegfallen. Setzen Sie sie für ein Jahr aus. Können Sie sich vorstellen, auf Dienstpläne zu verzichten und der Selbstorganisation der Mitarbeiter zu vertrauen? Wenn Sie fragen, welche Unternehmen schon so arbeiten, dann gibt es da einige: Aldi zum Beispiel, oder Hilti, Egon Zehnder, Southwest Airlines (eines der wenigen Luftfahrtunternehmen, das wirklich profitabel ist), Google, der amerikanische Dosentomatenhersteller Morning Star, die Svenska Handelsbank. Und viele Mittelständler, deren Namen zwar nicht allgemein bekannt sind, die aber zum Teil auf ihren Märkten weltweit erhebliche Anteile halten. Alle diese Unternehmen sind seit Jahren sehr erfolgreich. Das ändert nichts daran, dass sie eine Minderheit darstellen. Die Mehrheit der Unternehmen arbeitet weiterhin mit Planung und Budgets. Das heißt aber doch nur: Es gibt mehrere Wege, erfolgreich zu sein; und es ist Ihre Wahl, auf welchem Sie sich wohler fühlen.
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