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Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Titel: Radio Miracoli und andere italienische Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Bartolomei
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Verkäufer, hätte ich dem Mann vielleicht die Hälfte dessen, was er sagt, geglaubt. Aber ich wittere sofort die Schule, die auch Oscar durchlaufen haben muss, und glaube ihm folglich kein Wort. Außer den Bädern ist im Haus nichts renoviert worden, die Elektroleitungen erfüllen nicht einmal meine klägliche Norm, und durch das Dach dringen Sonnenstrahlen, die – und da muss ich dem Makler allerdings recht geben – die Zimmer tatsächlich sehr hell erscheinen lassen. Aus der Aufteilung der Räume und den paar Umbauarbeiten könnte man schließen, dass die Absicht bestand, das Bauernhaus in einen Agriturismo, ein Landhotel, umzubauen: Mansarde als Hobbyraum nutzbar, fünf Gästezimmer im ersten Stock, drei Bäder, neuer Parkettboden, Erdgeschoss mit geräumigem Aufenthaltsraum, großer Küche und einer Art Einliegerwohnung, bestehend aus Schlafzimmer, Studio und Bad.
    Typen wie diesem Makler wird beigebracht, sich ihre Kunden genau anzuschauen, um herauszufinden, wovon diese träumen. Wie der Schönling mit den Strähnen im Haar allerdings darauf gekommen ist, dass ich von einem Weinkeller träume, der meine Freunde vor Neid erblassen lässt, ist mir ein Rätsel. Heroisch stecke ich diesen Tiefschlag ein und folge ihm in den Keller. Von der Küche aus führt ein langer, in den Tuffstein gehauener Gang hinunter in einen großen Raum voller Holzgestelle. Auf der einen Seite steht eine steinerne Bank mit einem Brett aus rohem Holz darauf, und hinter einer Tür verbirgt sich eine kleine Toilette mit Waschbecken. Das ist zwar absolut nicht das, wovon ich träume, aber recht hübsch.
    Als wir wieder in den Wohnraum zurückkehren, sind die heimlichen Sehnsüchte des Wichtigtuers an der Reihe. »In einem Raum mit diesen Ausmaßen bringt man leicht einen richtigen Billardtisch unter«, sagt der Makler beiläufig. Ich muss grinsen, aber zu Unrecht: Der Angeber bückt sich tatsächlich, dreht den Kopf, um sich zu vergewissern, dass sein imaginärer Queue nicht irgendwo anstößt, und deutet einen kurzen Stoß an.
    Gut. Jetzt bin ich gespannt, wie der Immobilientyp die Persönlichkeit des Weicheis einschätzen wird. Doch wir setzen unseren Rundgang fort, ohne dass der Makler den Schwächling zu fassen bekommt. Er beobachtet ihn, versucht, ihn einzuordnen, schnaubt ein paarmal frustriert und weist schließlich wenig überzeugt darauf hin, dass die Küche groß genug ist, um eine Kochinsel zu installieren, aber als unsere Besichtigung sich dem Ende nähert, haben wir noch immer nichts Konkretes erfahren. Offensichtlich hat ein Typ wie er keine Träume. Er kann sie sich wohl nicht erlauben.
    Als wir uns an den Tisch setzen, um die Verkaufskonditionen zu besprechen, muss ich dem Sportsmann Abbitte leisten. Mit irgendwelchen Pferdefüßen hatten wir natürlich gerechnet, aber der Gag mit dem falschen Kaufpreis in der Anzeige kommt dann doch überraschend. Ich muss unwillkürlich lachen, während das Weichei den Tränen nahe scheint. Vielleicht eine Nervensache. Der Plebejer baut sich jedoch vor dem Makler auf und schnauzt ihn an: »Na wunderbar, und wie regeln wir das jetzt mit den vierzig Euro, die ich für Benzin ausgegeben habe, und den neun Euro Maut für die Autobahn?« Normalerweise geht man in einem solchen Fall zum Angriff über, indem man mangelnde Seriosität beklagt, von Betrug spricht und kopfschüttelnd konstatiert, dass wegen unehrlicher Typen wie ihm dieses Land noch vor die Hunde gehen wird. Der Sportsmann ist allerdings eher nüchtern veranlagt und kommt gleich auf den Punkt. Natürlich verzichtet er dabei nicht auf das gesamte Repertoire an Imponiergehabe und bedrohlicher Körpersprache, über das der italienische Mann gemeinhin verfügt.
    Der Gesträhnte und der Angeber stehen sich nun Aug in Aug gegenüber: gefakter Dolce&Gabbana-Anzug gegen Armani aus dem Outlet-Shop. Erster Satz: »Jetzt werden Sie bloß nicht laut.« Dann: »Fassen Sie mich nicht an.« Daraufhin: »Sonst was?«
    Die Phrase kann so abgedroschen sein, wie sie will, aber richtig darauf zu reagieren, ist eine Kunst. Seit meinem elften Lebensjahr versuche ich es in regelmäßigen Abständen, aber es will mir einfach nicht gelingen. Erwidert man: »Dann reiße ich dir den Arsch auf«, setzt man die stillschweigende Übereinkunft, sich nicht zu prügeln, aufs Spiel. Sagt man: »Probier’s doch!«, geht der Kerl in neun von zehn Fällen auf einen los, und der Eiertanz beginnt von vorn: »Nimm deine dreckigen Pfoten weg!« – »Sonst was?« –

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