Radio Miracoli und andere italienische Wunder
oder der Typ, den sie im Fernsehen sehen. Es nützt nichts, sich etwas vorzumachen …«, erwidert er.
Da schau her, denke ich. Fausto ist doch nicht so dumm. Er kann auch in die Tiefe gehen und hat auf seine Art sogar Format.
»Ach, was soll’s!«, fügt er hinzu und lacht meckernd.
Die Smaragdeidechse ist inzwischen verschwunden.
9
Die Inneneinrichtung des Bauernhauses muss quasi vollständig erneuert werden. Die Möbel sind alt, und bis auf das Sofa, die Sessel, die Betten und den einen oder anderen Schrank werden wir alles neu kaufen müssen. Als wir von einem Abverkauf von Gebrauchtmöbeln im großen Stil erfahren, brechen wir frühmorgens auf, um uns in Ruhe die besten Stücke zu sichern.
Während wir uns in der schäbigen Lagerhalle umsehen, stürzt Fausto sich fasziniert auf Spieltische, die aus einem Spielkasino stammen, oder, was wahrscheinlicher ist, aus einem Seniorenzentrum.
»Mit einer Tischdecke darüber sind das die perfekten Esstische, und ohne Decke kann man lustig zocken. Sie sind ideal für unsere Zwecke!«, schwärmt er.
Ich schaue mir die Tische näher an, kann sie mir aber nur schwerlich in einem Ferienhaus vorstellen. Außerdem weiß ich nicht so recht, ob ich diese Idee für den genialen Einfall eines Dekorateurs oder aber für einen Ausdruck von schlechtem Geschmack halten soll.
»Ich bin nicht restlos überzeugt. Was meinst du, Claudio?«, frage ich ihn, beiße mir aber sofort auf die Zunge.
Was Claudio betrifft, habe ich eines gelernt: Frage diesen Mann nie nach seiner Meinung. Die hat er ohnehin nur selten, und wenn man ihn festzunageln versucht, tendiert er immer zu der These, die mit dem größten Nachdruck propagiert wird.
»Ich finde sie auch ideal«, sagt er prompt.
Ohne große Überzeugung nicke ich und mache mich auf die Suche nach Gartentischen.
»Warte mal, ich habe da was gesehen«, ruft Fausto.
Das, was er gesehen hat, entpuppt sich als ein Stapel weißer Plastiktische und ebensolcher Stühle.
»Entschuldige bitte, sollen wir den Leuten vielleicht Plastikhocker anbieten?«, frage ich ihn.
»Was willst du denn sonst draußen hinstellen? Louis-Onze-Sessel vielleicht?«
Auch wenn ich bezweifle, dass er den richtigen Louis damit meint, begreife ich, was er damit ausdrücken will, und deute auf eine Reihe von Stühlen und Tischen aus Holz.
»Nehmen wir lieber die da. Die sind viel hübscher!«
Fausto befingert das Preisschild, das an der Rückenlehne eines Stuhles baumelt, und wirft mir einen vielsagenden Blick zu.
»Hör mal, Dicker, ich weiß ja nicht, ob du den Preis gesehen hast. Ich sage, wir nehmen jetzt erst mal die aus Plastik, und sobald die ersten Einnahmen eintrudeln, fangen wir an, uns Stück für Stück schönere Sachen zu kaufen.«
»Das kommt mir auch vernünftig vor«, mischt Claudio sich ein, nachdem ich die bescheuerte Idee hatte, ihn mit einem Augenzwinkern zu einem Kommentar aufzufordern.
»Jetzt versuchen wir doch mal, wie Unternehmer zu denken und nicht wie hysterische Weiber. Die Investition muss sich am voraussichtlichen Gewinn orientieren«, doziert Fausto.
Ich kann mich noch bestens daran erinnern, dass er, als es darum ging, uns zur Gründung unserer Gesellschaft zu überreden, von Gewinnaussichten geschwärmt hat, mit denen wir uns noch ganz andere Möbel als diese Louis-soundsoviel-Stühlchen hätten leisten können. Doch mir scheint jetzt nicht der geeignete Moment für eine Grundsatzdiskussion zu sein, und so stimme ich zu.
Der Theorie einer gewinnorientierten Investition folgend, erwerben wir sechs Spieltische und vierundzwanzig passende Stühle, vier kleine und einen größeren rechteckigen Tisch aus weißem Plastik plus zwanzig Plastikstühle, zwei Sessel aus schwarzem Kunstleder, die Sitzflächen purpurfarben abgesetzt, einige Hängeschränke aus gelbem Resopal für die Küche, Bücherschränke und Anrichten in den unterschiedlichsten Farben, zweitürige Kleiderschränke, auf Mahagoni getrimmt, und drei schmale Sprungfedergestelle.
Der Besuch des Besitzers der örtlichen Baufirma demoralisiert uns nachhaltig. In Begleitung zweier Rumänen, die kein Wort Italienisch sprechen, läuft der Mann unter permanentem Kopfschütteln durch das Haus und gibt uns zu verstehen, dass es angesichts der Größe des Anwesens und der anstehenden Arbeiten nicht gerade billig werden wird. Mit den Ausgaben für neue elektrische Leitungen und ein neues Dach hatten wir gerechnet, aber jetzt kommen wir offenbar nicht umhin, wegen eines
Weitere Kostenlose Bücher