Radio Miracoli und andere italienische Wunder
seines Charakters, die niemand an ihm vermutet hätte.
Vorsichtig lehne ich mich trotz meines schweißnassen Rückens an den Kunstlederbezug eines der neuen Sessel, während Fausto aus einer Flasche Mineralsalze in sich hineinkippt. Dabei massiert er sich den Bauch, um sein Sixpack ins rechte Licht zu rücken. Angesichts der Mühe, die es ihn kosten dürfte, seine Muskulatur in diesem gut definierten Zustand zu halten, überrascht es mich nicht, dass er jede Gelegenheit nützt, sie herzuzeigen.
Er schaltet den Fernseher ein.
»Zehn Minuten Pause!«, verkündet er.
Wir zappen uns durch die Programme und stellen dabei fest, dass nichts Interessantes läuft. Zur Untermauerung dieser Feststellung wiederholen wir den Durchlauf zweimal. Nach über einer Stunde lässt sich auch Claudio wieder einmal blicken. Zwei Stufen auf einmal nehmend, kommt er die Treppe aus dem oberen Stockwerk herunter.
»Was? Seid ihr schon müde?«, fragt er mit rasselnden Bronchien, was seiner Bemerkung sofort jegliche Glaubwürdigkeit raubt.
»Gönne uns doch eine Verschnaufpause. Wir sind schließlich nicht so gebaut wie du.« Ich stöhne.
Fausto schmunzelt und zwinkert mir zu.
»Oben läuft alles bestens. Ich sitze ihnen im Nacken wie ein Sklaventreiber«, brüstet sich Claudio.
»Bravo. Quäl sie bis aufs Blut!«, lästert Fausto.
»Dann nehmen wir uns ein Beispiel an dem Sklaventreiber und erledigen die restlichen Möbel«, schlage ich vor.
Fausto klopft mir auf die Schulter, was ich als den Ritterschlag empfinde, der meinen Aufstieg in der Hierarchie bestätigt und mich ermutigt, allmählich Faustos selbst ernannte Führungsrolle zu untergraben.
Als es an die Verteilung der Möbel und somit zum angenehmen Teil der Arbeit geht, beschließt Claudio, dass er die Rumänen nun genügend schikaniert hat, und gesellt sich zu uns. Wir beginnen im Wohnraum, und bald ist es vorbei mit der Freude. Wie immer wir die Möbel auch platzieren, die Zimmer wirken kalt und trostlos. Eher aus Erschöpfung denn aus Überzeugung einigen wir uns schließlich auf Folgendes: In den Teil des Wohnraums, in dem sich der Kamin befindet, stellen wir das Sofa, die beiden Sessel und den großen Bücherschrank, in den anderen Teil kommen die sechs Spieltische mit den dazugehörigen Stühlen. Sie schauen beschissen aus, aber bevor ich mich dazu äußere, will ich sie wenigstens ein Mal mit Tischdecke gesehen haben.
Anschließend ziehen wir in die Küche weiter. Die Hängeschränke erweisen sich als Albtraum. Wir benötigen zwei volle Stunden, um sie aufzuhängen, aber nicht einmal zwei Sekunden, um festzustellen, dass die alten Küchenmöbel besser aussahen. Die restliche Einrichtung ist eher rustikal gehalten, alles in dunklem Holz, und das gelbe Resopal passt dazu wie die Faust aufs Auge. Nur Fausto, der bei sich zu Hause bereits eine ähnlich gewagte Kombination stehen hat, scheint sich nicht daran zu stoßen.
»Die sind viel praktischer«, meint er.
»Na ja, praktisch sind sie ja«, erwidert Claudio.
»Also, sie sind wirklich praktisch«, beende ich die Diskussion.
Im Erdgeschoss fehlt uns jetzt nur noch die Dependance. Das soll unsere Bleibe werden, wenn alle anderen Zimmer belegt sind, und deshalb wollen wir uns der Aufgabe mit Sorgfalt widmen. Wir schieben die alten Möbel ein wenig beiseite und stellen die drei schmalen Sprungfedergestelle und zwei kleinere Bücherschränke dazu.
»Wirkt ein bisschen kahl«, sagt Claudio.
»Ich würde eher sagen – auf das Wesentliche reduziert«, meint Fausto.
»Wollen wir uns auf minimalistisch einigen?«, frage ich.
Zufrieden klatschen wir einander ab und machen uns daran, den ersten Stock zu verunstalten, der vollständig von den Schlafzimmern eingenommen wird. Alle sind gleich geschnitten: Doppelfenster gegenüber der Tür, Holzbalken an der Decke, Doppelbett auf der einen, zweitüriger Schrank auf der anderen Seite. Wir schleppen die Nachttischchen und die beiden fehlenden Kleiderschränke nach oben und achten darauf, den Parkettboden nicht zu verschrammen. Nach getaner Arbeit werfen wir uns halb tot auf das nächste Bett.
»Die Gartenmöbel stellen wir morgen auf, ja?«, bittet Claudio.
»Aber ja doch. Heute haben wir schon viel zu viel gearbeitet«, pflichtet Fausto ihm bei.
Vor meinen Augen tanzen schwarze Punkte. Wahrscheinlich ist mein Blutdruck zu niedrig. Ich bräuchte dringend etwas zu essen und zu trinken. Ich würde ja gerne Faustos Begeisterung teilen, aber ich bin ein wenig ratlos. Ich bin
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