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Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Titel: Radio Miracoli und andere italienische Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Bartolomei
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Wasserschadens, den keiner von uns bemerkt hat, auch noch den Fußboden in zwei Bädern aufreißen und einen neuen Heizkessel einbauen zu lassen.
    Als uns der Mann von der Baufirma seinen Kostenvoranschlag unterbreitet, bleibt uns vor Staunen und Verdruss der Mund offen stehen. Uns fehlt schlichtweg die Erfahrung, um zu wissen, ob und wie weit wir ihn herunterhandeln können. Also greifen wir auf uralte Hausfrauentricks zurück: Wir bieten ihm einen Kaffee an, stellen ihm kostenlose Mittag- und Abendessen in Aussicht, sobald der Agriturismo seinen Betrieb aufgenommen hat, und machen ihm schamlose Komplimente, was für ein ausgebuffter Profi er doch ist. Mit diesem durchsichtigen Manöver gelingt es uns immerhin, einen lächerlichen Abschlag auf die Lohnkosten für die Arbeiter zu erreichen. Trotzdem wird uns nichts anderes übrig bleiben, als ihm unser gesamtes Kapital in den Rachen zu werfen. Unsere enttäuschten Gesichter können den Kerl nicht erweichen, und so spielen wir unsere letzte Karte aus: Wir beschließen, ihn auf die Folter zu spannen, und erklären, dass derart hohe Ausgaben unser Budget sprengen und wir deshalb gezwungen sind, Kostenvoranschläge von anderen Firmen einzuholen. Das beeindruckt den Herrn nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Er stellt uns sogar ein Ultimatum und fordert, uns binnen einer Woche zu entscheiden, da er noch einen anderen Auftrag in Aussicht hat und dann keine Zeit mehr für uns haben wird. Der Schlaumeier hat uns den Schwarzen Peter wieder zurückgespielt.
    Kaum sitzt er im Wagen und biegt auf den Feldweg ein, schicken wir ihm eine Salve an Flüchen hinterher. Fausto schaltet sein Handy ein und scrollt im Adressbuch. Diesem Gauner wird er nicht einen Euro in den Rachen werfen, schimpft er. Er hat nämlich einen Freund, der dieselbe Arbeit für die Hälfte erledigen wird. Was heißt hier Freund, die beiden sind praktisch Brüder.
    »Ah, schön!«, ruft er erfreut ins Telefon.
    Dann nennt er seinen Namen. Fausto – der mit den Uhren, ist er gezwungen zu präzisieren. Er sagt noch mehr, aber ich kann ihn schon nicht mehr verstehen, weil er das Gespräch draußen im Garten fortsetzt, außerhalb unserer Hörweite.
    »Schon gut, ich habe verstanden …«, meint Claudio.
    Er greift zum Handy. Er kennt auch einen tüchtigen, zuverlässigen Handwerker, der ihm den Supermarkt renoviert hat und ihm noch einen Gefallen schuldet für die vielen Aufträge, die er ihm vermittelt hat.
    »Rate mal, wer dran ist?«, fragt Claudio.
    Die Antwort müsste ungefähr so lang sein, wie es dauert, einen Vornamen auszusprechen. Stattdessen gibt der Gesprächspartner Äußerungen von sich, die Claudio zum Verstummen bringen und ihn veranlassen, sich ebenfalls in den Garten zurückzuziehen, ungefähr dorthin, wo Fausto noch immer telefoniert.
    Ich beobachte die beiden. Sie laufen hin und her, werfen mit den Schuhspitzen Kies hoch, kratzen sich am Hintern, greifen sich in den Schritt, um ihr undiszipliniertes Gemächte zu bändigen, nicken. Und schließlich verstummen sie und sagen eine Zeit lang überhaupt nichts mehr.

10
    Am nächsten Tag, als die ersten Arbeiter im Haus bereits zugange sind, trifft der Lastwagen mit unseren Möbeln ein. Auch das noch. Der finanzielle Aderlass durch die Renovierungskosten hat uns jeglicher Begeisterung beraubt, und unsere Nerven liegen blank. Während die neuen Möbel im Garten ausgeladen werden, tragen wir die alte Einrichtung in die Garage. Wir werden versuchen, sie zu verkaufen. Schlimmstenfalls verwenden wir sie als Brennholz, um im Winter Heizkosten zu sparen. Die Sonne sticht vom Himmel, aber es weht ein leichter Wind, der die Anstrengung zunächst noch erträglich erscheinen lässt. Doch nachdem wir den großen Küchentisch herausgeschleppt haben, geht uns die Puste aus. Auf dem Weg zur Garage müssen wir dreimal pausieren, und die Vorstellung, auf dem Rückweg erneut der sengenden Sonne ausgesetzt zu sein, ist der reinste Albtraum. Claudio, der immerhin zwei Nachttischchen herübergetragen hat, meldet sich freiwillig, um die Arbeit der Rumänen zu beaufsichtigen. Gemein von ihm, aber leider sinnvoll. Als wir den Kostenvoranschlag akzeptierten, haben wir uns geschworen, minutiös alle Arbeiten zu überwachen und diesem Verbrecher von Bauunternehmer nicht eine Sekunde zu viel abrechnen zu lassen. In solchen Situationen kann Claudio eine richtige Nervensäge sein. Es scheint ihm Spaß zu machen, die Hilfsarbeiter zu schikanieren, und er offenbart dabei eine Seite

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