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Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Titel: Radio Miracoli und andere italienische Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Bartolomei
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ich.
    »Was soll schon sein … ihr werft sinnlos einen Haufen Geld zum Fenster hinaus.«
    Fausto nimmt Sergio die Liste aus der Hand und vertieft sich in sie, als würde er sie nicht bereits auswendig kennen.
    »Die Arbeiten sind nicht so aufwendig, als dass man dafür gleich einen Installateur bräuchte. Die Elektroinstallation muss der Norm entsprechen, einverstanden, aber ihr verpulvert Tausende von Euro für Arbeiten, die wir selbst machen können«, meint Sergio.
    »Aber wenn wir die Fußböden aufstemmen und neue Rohre verlegen müssen«, wendet Fausto ein.
    »Da ist doch nichts undicht. Diese Flecken an der Zimmerdecke sind schon Jahre alt. Ihr hättet nur mal hinfassen müssen, um das zu kapieren!«
    »Wir haben dem Installateur vertraut«, erkläre ich.
    »Der Mann ist ein Dieb. Als ihr mir das Bad gezeigt habt, in dem die beiden Typen gerade am Arbeiten waren, ist euch da nicht aufgefallen, dass die Leitungsrohre völlig neu sind? Die haben sie wahrscheinlich kurz vorher, bevor wir kamen, nass gemacht«, sagt Sergio.
    Fausto knallt die Papiere auf den Tisch.
    »Das liegt nur daran, dass es keine italienischen Installateure mehr gibt, nicht einen Einzigen! Bei diesen ausländischen Typen versteht man doch kein Wort, und die nützen das schamlos aus … die verarschen dich nach Strich und Faden!«, brüllt er.
    Ich werfe Fausto einen komplizenhaften Blick zu – ja, ja, die Überfremdung Italiens –, kehre ihm den Rücken zu, drehe mich zu Sergio um und rolle tadelnd mit den Augen. Ja, ja, dieser Fausto.
    »Und du, Claudio, wo, zum Henker, hast du die letzten Tage deine Augen gehabt? Hättest du den Typen nicht wie ein Sklaventreiber im Nacken sitzen müssen?«, brüllt Fausto erneut los.
    »Ich?«, fragt Claudio mit sich überschlagender Stimme.
    »Spinnt ihr jetzt? Ihr solltet froh sein, dass ihr einen schönen Batzen Geld sparen könnt«, meint Sergio.
    »Er hat recht. Wenn es sicher ist, dass wir diese Arbeiten selbst erledigen können, dann erklären wir der Firma einfach, dass wir es uns anders überlegt haben und nur die Elektroinstallation von ihnen machen lassen wollen«, schlage ich vor.
    »Natürlich bin ich sicher. Ich habe drei Sozialstationen im Alleingang und praktisch für null Euro renoviert«, erklärt Sergio.
    Als ich »Sozialstation« höre, zucke ich schmerzhaft zusammen, aber als ich dann »null Euro« vernehme, lässt das ungute Gefühl schlagartig nach.
    Wir beschließen, Sergio erst einmal auf die Probe zu stellen, bevor wir die Arbeiten stoppen. Fausto öffnet die Tür, die in den Keller führt, und murmelt etwas von einer Kleinigkeit, die rasch zu erledigen ist. Ich verstehe sofort, dass er damit die verstopfte Toilette meint. Sergio geht vor uns her, und ich zwinkere meinem Kompagnon zu.
    »Von wegen Kleinigkeit! Du bist ein Mistkerl«, flüstere ich.
    Fausto grinst zufrieden, als hätte ich ihm das schönste Kompliment auf der Welt gemacht, und zieht die Daumenschrauben noch ein wenig an.
    »Das ist überhaupt nicht der Rede wert. Eigentlich wollte Claudio sich darum kümmern …«, sagt er zu Sergio.
    Als wir in der kleinen Toilette im Keller stehen, schaut Sergio uns entgeistert an.
    »Wenn du keine Lust hast, lass es«, sage ich, um Fausto einen Gefallen zu tun.
    »Wieso muss ich zu so einer Bagatelle Lust haben?«, fragt Sergio irritiert.
    Wir haben uns zu dritt fast sechs Stunden mit Saugglocke und Salzsäure an diesem Wasserklosett abgemüht. Jetzt streiten wir uns um den Platz in der ersten Reihe in der Hoffnung auf ein wenig Genugtuung. Als wir sehen, wie Sergio die Ärmel seines Hemds hochkrempelt, umspielt ein zufriedenes Lächeln unsere Lippen. Ich reiche ihm die Saugglocke, aber er winkt ab. Stattdessen nimmt er einen Gummihandschuh, zieht ihn sich über wie ein Chirurg und umwickelt seine geschlossene Faust mit einem Putzlappen. Als er die Hand in die Kloschüssel steckt, weichen wir alle einen Schritt zurück und fangen zu grinsen an. Sergio stößt ein Mal kurz und kräftig zu, ohne dass auch nur ein Spritzer entweicht. Dann zieht er die Faust heraus und drückt auf die Klospülung. Der Wasserstrahl erfasst den braunen Brei und das Toilettenpapier und verschwindet damit in der Rohrleitung.
    »Ich gehe dann mal und sage den beiden, dass sie die Rohrzange sofort aus der Hand legen sollen«, verkündet Fausto.
    Wie eine Gruppe Medizinstudenten folgen wir unserem Chefarzt durch das Haus und assistieren, während er tropfende Wasserhähne mit neuen Dichtungen versieht,

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