Radio Miracoli und andere italienische Wunder
kaputte Schlösser erneuert und verrostete Heizkörperventile austauscht. In weniger als vier Stunden kann Claudio fast ein Drittel aller Punkte auf der Liste streichen. Sicher, alles nur Kleinigkeiten, aber in unserer Situation ist der psychologische Aspekt von größter Bedeutung. Wir sind plötzlich wieder so voller Elan, dass wir uns darum reißen, wer mit dem Chef der Baufirma sprechen darf, als dessen Name im Display von Faustos Handy auftaucht.
Das Telefonat vollzieht sich in drei Akten. Im ersten Akt mit der Überschrift »Die Überraschung« staunt der Installateur nicht schlecht über unsere plötzliche Resolutheit. Wir erklären ihm, dass wir hinter den Betrug mit den angeblich undichten Wasserleitungen gekommen seien und deswegen die Zusammenarbeit mit einer Firma, in die wir kein Vertrauen mehr haben, aufkündigen müssten. Der Mann versucht uns einzureden, dass dies unmöglich sei und dass Wasser austreten würde. Auf Sergios Anraten hin machen wir ihm den Vorschlag, er solle sich selbst davon überzeugen. Wir würden die Rohrleitung erst trockenlegen und dann das Wasser aufdrehen. Der erste Akt endet damit, dass jegliche Schuld auf die Rumänen abgewälzt wird. Im zweiten Akt, überschrieben »Die Drohung«, faselt der Installateur etwas von Konventionalstrafen, wenn wir den Auftrag annullierten, von entgangenen Bestellungen und von bereits erfolgten Materialkäufen. Woraufhin wir ihm erklären, dass wir nicht daran dächten, irgendwelche Strafen zu bezahlen, weil die Arbeiten schlecht ausgeführt wurden. Stattdessen schlagen wir ihm vor, fünfzig Prozent der Materialkosten zu übernehmen, aber auch nur gegen Vorlage der Rechnung als Beleg für den tatsächlich erfolgten Kauf. Es gebe keine Rechnung, erwidert daraufhin der Installateur, da er alles schwarz und unter Umgehung der Mehrwertsteuer gekauft habe, um uns entgegenzukommen und den Preis zu senken. Der zweite Akt endet damit, dass jegliche Schuld auf die gierigen Hersteller von Baumaterialien abgewälzt wird, die einfach zu viel verlangen. Der dritte Akt, »Die Einigung«, beschert uns schließlich einen mühsam errungenen Kompromiss, der unsererseits wie folgt aussieht: Wir bezahlen bereits erfolgte Arbeiten, erstatten die Kosten für bereits erworbene Materialien, wenn auch nur zum Fabrikpreis, und leisten Vertragstreue, was die Reparatur der Elektroleitungen betrifft. Die Baufirma ihrerseits übernimmt die Instandsetzung des Fußbodens, den sie unrechtmäßigerweise im ersten Bad aufgerissen hat, sieht ab von einer Konventionalstrafe, was unseren Rücktritt vom Einbau des neuen Heizkessels betrifft, und verzichtet auf zehn Prozent der ursprünglich in der Kalkulation für die Elektroarbeiten veranschlagten Kosten.
Wir stoßen auf das erfolgreiche Telefonat an und machen uns daran, die Kosten neu zu berechnen. Falls es uns gelingt, auch das Dach in Eigenregie zu reparieren und den Austausch des Heizkessels zu umgehen, haben wir gute Chancen, alle Kosten zu decken, ohne unsere fahrbaren Untersätze verkaufen zu müssen.
14
Am nächsten Tag sind wir bereits früh auf den Beinen und können es kaum erwarten, uns auf die Arbeit zu stürzen und weitere Punkte von der Liste zu streichen. Mit dem uns zur Verfügung stehenden Material können wir jedoch nur die Reparatur der Holzjalousien in Angriff nehmen. Auf Claudios neu erstellter To-do-Liste ist dieser Punkt dreimal unterstrichen und mit dem Attribut »sehr anspruchsvoll« versehen. Wie immer vor »anspruchsvollen« Aktionen versuchen wir, die nötige Konzentration dadurch zu erreichen, indem wir den Fernsehapparat einschalten.
»Also?«, sagt Sergio.
»Gleich«, erwidere ich.
»Na los«, fordert Fausto uns auf.
Er ignoriert jedoch seine eigene Forderung, bleibt stehen und starrt uns an, als hätte er noch nie drei Männer vor einem TV -Gerät gesehen. Er will, dass wir uns lächerlich vorkommen, aber das kann er sich sparen. Der vormittägliche Programmmix aus Comics für Kinder und Kochsendungen für Hausfrauen ist ihm bereits zuvorgekommen.
Die Angeln der Fensterläden sind verrostet, und so müssen alle Seitenflügel abmontiert, abgeschmirgelt und neu gestrichen werden. Die Aktion »Fensterläden« wird zur Spielwiese, auf der Sergio und Fausto ihr Duell fortsetzen können. Während Claudio und ich uns erfolglos an einer Holzjalousie abmühen, packt Fausto einen Fensterladen und wirft sich mit der Schulter dagegen, bis die Angeln bersten. Sergio assistiert ihm dabei, greift sich den
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