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Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Titel: Radio Miracoli und andere italienische Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Bartolomei
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von den vigili urbani , aber das bekommen wir, sobald wir mit dem Umbau fertig sind.«
    »Was haben die denn schon zu melden. Um Genehmigungen bittet man die Leute, die wirklich wichtig sind.«
    Ich muss den Sinn dieses Satzes wohl missverstanden haben, denn trotz seines arroganten Tonfalls umspielt weiter ein wohlwollendes Lächeln die Lippen des Mannes.
    »Und wer ist wirklich wichtig?«, frage ich.
    »Leute, die schon seit Hunderten von Jahren hier leben. Alteingesessene Familien.«
    Bei dem Wort »Familie« läuft es mir kalt über den Rücken. Und plötzlich passt dieser Anzug, der so gar nicht meiner Vorstellung von einem Bauern entsprechen wollte, perfekt in das Bild eines Vertreters der neapolitanischen Camorra, der hier ansässigen Mafia.
    »Das Land gehört uns. Wir haben es gekauft«, erwidere ich lahm.
    »Selbstverständlich gehört es euch. Ihr seid die Besitzer. Ihr könnt entscheiden, ob ihr in Frieden leben oder ob ihr große Probleme bekommen wollt. Ihr seid auch die Herren über euer Leben und über euren Tod.«
    Ich bin sprachlos. Sergio fängt meinen idiotischen Blick auf und kommt mit sorgenvoller Miene näher. Seine Anwesenheit gibt mir Sicherheit. Sein Gesicht ist von der Sonne verbrannt, aber er wischt sich den Schweiß mit einem rauen Lappen ab, ohne das geringste Unbehagen zu verspüren. Das scheint meinen Gesprächspartner wenig zu beeindrucken.
    »Guten Tag«, wendet sich Sergio an den falschen Bauern, ehe er von mir wissen will: »Was ist hier los?«
    »Sind Sie ein Geschäftspartner?«, fragt der Camorrista.
    »Und wer sind Sie?«
    »Ein Freund, der Ihnen einen Rat geben will.«
    »Was für einen Rat?«
    Der Kerl, dem es in der Sonne nicht sehr zu gefallen scheint, seufzt genervt und liefert Sergio eine kurze Zusammenfassung dessen, was er zu mir gesagt hat.
    »Ihr seid Fremde, ihr wisst nichts über dieses Land. Hier gibt es viele Menschen, die es nicht gut mit euch meinen. Ich biete euch Schutz an.«
    »Sind Sie von der Polizei?«, fragt Sergio.
    »Nein, hören Sie …«, setze ich an, ohne zu wissen, wie es weitergehen soll.
    Der Vertreter der Camorra lacht, dass ich Gänsehaut bekomme.
    »Also, sind Sie Polizist, Carabiniere? Wer, zum Henker, sind Sie?«, fährt Sergio fort und wird dabei immer lauter.
    »Ich würde vorschlagen, ihr denkt jetzt eine Nacht über das nach, was ich euch gesagt habe, und morgen früh reden wir noch einmal darüber. Ach ja, und morgen versuchen wir es mal mit einem anderen Tonfall. Ihr seid die Neuankömmlinge«, sagt er und tippt Sergio mit dem Finger auf die Brust.
    Doch an dem Punkt hat er sich verrechnet. Ich bin ein Typ, der sich schon fast in die Hosen macht, wenn jemand nur laut wird. Sergio hingegen ist einer, der seine Blase bestens unter Kontrolle hat. Sein Problem sind die Hände.
    Der Camorrista fliegt nach hinten. Ohne Sergios Fausthieb übermäßig glorifizieren zu wollen, würde ich schwören, dass der Mann sich mindestens zwanzig Zentimeter vom Boden erhoben hat, ehe er eine Pirouette drehend mit dem Gesicht nach unten aufschlug.
    Eine Sekunde lang herrscht Totenstille, dann:
    »Du Arschloch! Ich prügle dich mit Fußtritten in dein Dorf zurück!« Sergio.
    »Du Stück Scheiße! Du bist ein toter Mann!« Der Vertreter der örtlichen Camorra.
    »Ganz ruhig, Sergio! Ruhig!« Fausto.
    »Oh! Oooh! Aber! …« Claudio.
    Ich springe Sergio auf den Rücken, kann aber eine weitere Ohrfeige nicht verhindern. Sergio bückt sich, als hätte er nicht einen übergewichtigen Erwachsenen, sondern einen kleinen Rucksack auf dem Rücken, und streckt die Hand nach dem Mann aus. Dieser rappelt sich auf, Speichel läuft ihm aus dem Mund. Er fingert an seinem Gürtel herum. Die Pistole ist auf den Boden gefallen, und bevor er nach ihr greifen kann, haben wir uns alle auf ihn gestürzt.
    »Weg mit ihm, ins Haus!«, ruft Sergio uns zu.
    »Lasst mich los, ihr Scheißkerle! Ihr seid tot, tot, tot!«
    Wir zerren den Mann in die Küche und drücken ihn auf einen Stuhl. Claudio öffnet mit zitternden Händen eine Schublade, holt eine Bratenschnur heraus und fängt an, sie um die Handgelenke unseres Gefangenen zu wickeln.
    »Was machst du da? Nimm doch ein Klebeband!«, brüllt Sergio.
    Der Schrei lässt Claudio hochschrecken, er nimmt das Klebeband und drückt es Sergio in die Hand, bevor er auf dem Fußboden zusammensackt.
    »Claudio!«, rufe ich überrascht.
    »Was hat er denn jetzt wieder?«, ruft Fausto genervt.
    Während ich zu dem Ohnmächtigen eile und seine

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