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Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Titel: Radio Miracoli und andere italienische Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Bartolomei
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einigen Tagen nicht mehr bemerkbar gemacht. Wir haben beschlossen, dass wir die Probleme der Reihe nach angehen wollen. Erst werden wir uns vergewissern, ob die junge Frau auch die Richtige ist, und dann werden wir das Problem mit den Gefangenen in Angriff nehmen. Ist uns das gelungen, wird der vergrabene Alfa Giulia nur noch ein nebensächliches Detail sein.
    Als Sergio und Claudio mit ihrer wertvollen menschlichen Fracht an Bord vom Bahnhof zurückkehren, treten Fausto, Vito und ich in den Hof hinaus, um sie zu begrüßen. Wir leben nun schon so lange allein unter Männern, dass man kein Genie sein muss, um zu verstehen, welche Erwartungen auf den Neuankömmling gerichtet sind.
    Dem Wagen entsteigt eine kleine, zarte Frau mit feinen Gesichtszügen und einer sympathischen Ausstrahlung. Über ihrer Stirn prangt ein feuerroter, widerspenstiger Haarschopf, und als sie näher kommt, um uns zu begrüßen, bemerke ich eine beeindruckende Anzahl von verwaisten Piercing-Löchern für Ringe und Metallkugeln. So haben wir uns die junge Frau nicht vorgestellt. Ganz sicher nicht.
    »Gott, ist das schön hier! … Elisa«, sagt sie zu mir und streckt mir die Hand hin.
    »Diego«, stelle ich mich vor.
    »Elisa«, wiederholt sie und reicht Vito die Hand.
    »Pietro.«
    »Elisa«, sagt sie zu Fausto.
    »Angenehm, Fausto Maria.«
    Als Sergio kraftvoll die Autotür schließt, erwacht unsere Giulia zum Leben. Leicht und beschwingt steigen die Töne wie Seifenblasen empor, aber die junge Frau scheint nur unser verlegenes Schweigen zu bemerken.
    »Mozart … Klaviersonate «, flüstert Vito mir zu.
    »Komm, Elisa, ich zeige dir alles«, sagt Sergio und führt sie rasch in Richtung Haus.
    Wir folgen ihnen, nicht ohne die Giulia im Geist herzhaft verflucht zu haben.
    »Ich wusste gar nicht, dass du Fausto Maria heißt«, sage ich, als die Frau außer Hörweite ist.
    »Ich heiße eigentlich nur Fausto, aber die Frauen mögen Männer mit einem femininen Touch. Deshalb habe ich mir dieses ›Maria‹ zugelegt … damit sie sich leichter mit mir identifizieren.«
    Elisas erster Kommentar, als sie das Wohnzimmer betritt, lautet: »Hier gibt es ja noch allerhand zu tun.«
    Wir sind fassungslos. Nach so langer Zeit haben wir uns an unseren Einrichtungsstil gewöhnt.
    »Wir sind ja auch noch nicht ganz fertig«, meint Fausto.
    »Und was ist das da?«, fragt sie und deutet auf die Pokertische.
    »Die waren ein echtes Schnäppchen. Stell sie dir mal mit richtig schönen Tischdecken vor.«
    Jetzt verschlägt es Elisa die Sprache. Sie scheint etwas sagen zu wollen, lächelt bemüht und fragt dann:
    »Also, machen wir einen Test? Soll ich euch bekochen?«
    In weniger als vierzig Minuten zaubert die junge Frau aus dem Wenigen, das wir im Haus haben, ein dreigängiges Menü auf den Tisch. Zu den Nudeln improvisiert sie eine Art Pesto-Soße ohne Knoblauch, aber mit Walnüssen und Sesam, zu den Koteletts gibt es eine Soße aus Auberginen und Joghurt und als Beilage Ofenkartoffeln, die innen weich und außen knusprig sind. Das Essen schmeckt nicht nur gut, sondern ist auch noch hübsch angerichtet. Die Koteletts sind mit Auberginenschalen dekoriert, die Elisa in hauchdünne Streifen geschnitten und frittiert hat, sodass sie auf dem Teller aussehen wie ein Gebinde aus knuspriger lila Wolle. Unsere strengen Restaurantkritikermienen lösen sich in Wohlgefallen und zufriedene Seufzer auf.
    Das erste offensichtliche Ergebnis ist, dass eine Mahlzeit wie diese abrupt die gute Laune steigert. Wir lächeln, tauschen verschwörerische Blicke und gratulieren Claudio zu dieser perfekten Lösung. Elisa ist die ideale Kandidatin, vor allem für uns. Lange genug haben wir unser Essen in Eile hinuntergeschlungen, lustlos und mit dem ständigen Damoklesschwert über uns schwebend, selbst irgendwann einmal kochen zu müssen, ohne auch nur im Geringsten dazu fähig zu sein.
    » Aus dem, was da war, konnte ich leider nicht mehr machen«, entschuldigt sich Elisa, die genau weiß, dass sie uns bereits erobert hat.
    »Alles bestens. Ich habe noch nie so gut gegessen«, sagt Sergio.
    »Einfach super«, bestätige ich.
    »Wirklich Kochkunst auf hohem Niveau«, tut Fausto kund, konterkariert sein weltmännisches Auftreten aber sofort wieder, als er mit einem halben Blatt Petersilie auf dem Schneidezahn in die Runde grinst.
    »Ich hatte ohnehin keine Zweifel. Wenn ihr einverstanden seid, dann …«, sagt Claudio.
    »Vorher würde ich gern noch etwas mit euch besprechen«, wirft Elisa

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