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Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Radio Miracoli und andere italienische Wunder

Titel: Radio Miracoli und andere italienische Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Bartolomei
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war sie überrascht, dann bestürzt, dann fast wütend. Uns wie die letzten Idioten abkanzelnd, hat sie uns zu verstehen gegeben, dass es sich bei dem alten Plunder um wertvolle antike Möbelstücke handelt, die mit ein wenig Mühe wieder wie neu aussehen werden. Und so haben wir alle anderen Aktivitäten zurückgestellt und uns als Möbelrestaurateure betätigt.
    Und schließlich sind wir der Reihe nach auch in den Genuss von Elisas Fähigkeiten als Masseurin gekommen. Der Wellnessraum, den sie in der Mansarde eingerichtet hat, ist bereits jetzt das schönste Zimmer im ganzen Haus. Die Behandlungsliege hat sie vor das Fenster geschoben, sodass der Gast von dort aus die Aussicht bewundern kann. Kerzen und duftende Essenzen verleihen dem Raum eine stimmungsvolle Atmosphäre. Von den Massagen will ich erst gar nicht reden. Ich bin kein Experte (aber ein Mann, der sich prostituieren würde, um von Elisa den Rücken gekrault zu bekommen), und nach einer fünfzigminütigen Massage bin ich ihren Händen rettungslos verfallen. Meine Hingabe ist nicht nur vorbehaltlose Anerkennung ihrer Meisterschaft, sondern ein Treueversprechen, das jeder entspannten und gelösten Faser meines Körpers entspringt.
    Vito entpuppt sich als wertvoller Helfer in der Küche. Gemeinsam gelingt es Elisa und ihm, ein abwechslungsreiches und innovatives Menü auf den Tisch zu bringen. Ihr mit Mohn, Leinsamen und Sesam gratiniertes Gemüse oder die angerösteten Pinienkerne in ihrer Tomaten-Basilikum-Soße entlocken uns wahre Begeisterungsstürme. Gut genährt und wohlig durchgeknetet, arbeiten wir harmonisch Seite an Seite, als befänden wir uns in einer Hare-Krishna-Kommune. Sergio verbringt seine Abende damit, die neuen Vorhänge einzusäumen; Vito versieht mit seinen eher an Würgegriffe gewöhnten Pranken die Einmachgläser mit Etiketten in Schönschrift; Fausto und Claudio fädeln Glasperlen für die Fransen von Lampenschirmen auf, und ich flechte Stroh, um daraus Platzdeckchen zu machen.
    Wir sind so entspannt, dass wir vollkommen vergessen, unser Geheimnis im Keller anzusprechen. Um ehrlich zu sein, ein paarmal ist es uns durchaus in den Sinn gekommen, Elisa die Wahrheit zu sagen, zum Beispiel, als sie einmal in der Küche stand und durch das Fenster klar und deutlich ein Triumphmarsch, gefolgt von den wütenden Klängen irgendwelcher deutscher Philharmoniker, hereindrang. Da sie jedoch annahm, die Musik käme aus dem oberen Stockwerk, haben wir uns hastig eingeredet, dass es keine Eile habe mit unserem Geständnis, dass der richtige Moment schon noch kommen würde und dass es ein Leichtes wäre, Elisa von der Richtigkeit unseres Tuns zu überzeugen.
    Als der Lastwagen mit den neuen Möbeln eintrifft, machen wir uns unter Elisas Kommando sofort an die Arbeit. Wir verteilen Tische und Stühle, rücken Anrichten, Sofas und Sessel an den richtigen Platz, nageln Bilder an die Wand, arrangieren Vasen und Teppiche, hängen Vorhänge, Ablagen und Regalbretter auf – mit einem Wort, wir schaffen Atmosphäre mithilfe von Lampen, Pflanzen und Büchern. Der Macht von Elisas zarten Händen rettungslos verfallen, vermögen wir ihren Anweisungen nichts entgegenzusetzen, selbst wenn es nur darum geht, ein Möbelstück richtig zu platzieren. Elisa hat mit ihrem diskreten Charme längst alle erobert. Bis auf Claudio, der sich jetzt nur noch für Fußball zu interessieren scheint, machen sich in ihrer Gegenwart alle zum Narren. Vito setzt auf Galanterie alter Schule. Er ist sich des Altersunterschiedes sehr wohl bewusst, aber auch der Tatsache, dass man nie weiß, was das Leben noch bringen wird. Fausto und Sergio haben ihre Ritterturniere wieder aufgenommen und versuchen, Elisa damit zu beeindrucken, dass sie Mobiliar durch die Gegend wuchten, das man normalerweise nur zu zweit bewegen würde. Das Resultat: Um Mitternacht ist das Haus fast vollständig eingerichtet.
    Nach Elisas Rosskur kann das Anwesen locker mit den bewunderten Vorbildern aus den Zeitschriften mithalten. Alles nur eine Frage kleinerer Kunstgriffe. So haben wir beispielsweise im Wohnraum das Sofa in Richtung des Kamins statt in Richtung des Fernsehapparats gedreht, die Vorhänge vor den Fenstern haben alle dieselbe Farbe, die Spieltische wurden durch rustikale Tische ersetzt, und Stehlampen spenden weiches, gedämpftes Licht anstelle der weißen, kalten Spotbeleuchtung. Nachdem wir die Hängeschränke aus Laminat abgenommen haben, erstrahlt auch die Küche wieder in altem Glanz. Die

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