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Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Titel: Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Shepherd
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Bewohner sind alle zu ihrer Arbeit zurückgekehrt und die Schalter der Nahrungsvergabe haben bereits geschlossen. Es gibt für mich keine Möglichkeit, alleine zurück in die Legionsführerkugel zu kommen. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als zu warten.
    Nach einer Stunde und zwanzig Minuten öffnet sich plötzlich der Aufzug und A233 tritt hervor. Sie wirkt gestresst und besorgt zugleich.
    „ Entschuldige die Verspätung, es gab einen Vorfall, der A350 aufgehalten hat. Sie will dich aber sofort sehen. Folge mir!“
    A233 steuert zielstrebig auf die Krankenstation zu.
    „ Was ist passiert?“
    Ist womöglich etwas mit Zoe? Konnte sie sich doch nicht beherrschen und hat randaliert?
    „ D560 hat versucht, sich umzubringen. A350 hat sie gefunden und ist seitdem bei ihr.“
     

12. Ein Name voller Hoffnung
     
    Als ich vor der Tür stehe, hinter der D560 ihr Krankenzimmer hat, sind meine Hände schweißnass. Jegliche Farbe ist mir aus dem Gesicht gewichen und ich fühle mich leicht schwindelig. Wie konnte sie das nur tun? Warum habe ich in der letzten Nacht nur nicht nach ihr gesehen? Vielleicht wäre es dann niemals so weit gekommen.
    A233 öffnet für mich die Tür mit ihrem Fingerabdruck. Ich bin froh zu sehen, dass es nicht eine der üblichen Zellen ist, in denen die Legion sonst ihre Gefangenen hält. Dieses Zimmer ist anders. Zwar gibt es auch hier kein Fenster, immerhin befinden wir uns unter der Erde, aber zumindest sind die Wände in einem fröhlichen Grasgrün gestrichen und der Boden besteht aus sandbraunen Platten und nicht dem üblichen tristen Grau. A560s Bett steht in der Mitte des Raums. Sie ist an ein Herzfrequenzmessgerät angeschlossen, das ein ständiges Piepsen von sich gibt. Ihre Handgelenke sind mit einem weißen Verband umwickelt, der sich kaum von ihrer bleichen Haut abhebt. Ihre Augen sind geschlossen, aber selbst im Schlaf wirkt sie traurig und so zerbrechlich, dass selbst die kleinste Berührung sie zum Zerspringen bringen könnte.
    A350 steht neben dem Bett und blickt erst von D560 auf, als wir den Raum betreten. Ihr Gesicht ist gezeichnet von Sorge. Sie tritt um das Bett herum auf mich zu.
    „ Du darfst mit ihr alleine sein, wenn du möchtest.“
    Ich nicke schnell und beiße mir auf die Unterlippe, um meine bebenden Lippen unter Kontrolle zu halten.
    „ Ich warte vor der Tür auf dich“, flüstert mir A350 sanft zu und lässt für einen kurzen Moment ihre Hand auf meiner Schulter verweilen. Danach verlässt sie mit A233 den Raum.
    Als sich die Tür schließt, stehe ich immer noch wie erstarrt auf derselben Stelle wie zuvor. Ich traue mich kaum, näher zu treten. Tief in meinem Inneren fühle ich mich schuldig. Schon bei unserer ersten Begegnung habe ich gesehen, wie schlecht es D560 ging. Ich erinnere mich noch deutlich daran, wie sie die Glasscherben in ihre Hände gepresst hat, sodass das Blut aus ihnen hervorquoll. Ich hätte mir mehr Mühe geben sollen herauszufinden, was mit ihr los ist. Stattdessen war ich immer nur mit meinen eigenen Problemen beschäftigt. Ich weiß nicht, warum sie mich belogen hat, als sie sagte, dass A350 ihr befohlen hätte, die Nächte bei mir zu verbringen. Vielleicht wollte sie einfach nicht alleine sein. Warum konnte sie nicht ehrlich zu mir sein? Ich hätte sie niemals weggeschickt. Ganz im Gegenteil, ich habe ihre Nähe doch genossen. Wusste sie das nicht? Hat sie es nicht gespürt?
    Ganz langsam trete ich näher an ihr Bett. Ich setze so leise ich kann einen Fuß vor den anderen, um sie ja nicht zu wecken. Als ich vor ihr stehe und auf ihr blasses Gesicht herabblicke, überkommt mich der Wunsch, ihr über die Stirn zu streichen oder wenigstens ihre Hand zu halten, aber ich unterlasse beides. Stattdessen ziehe ich mir den einzigen Stuhl in dem Zimmer heran und setze mich an das Bett. Ich lege meine Hand sachte neben ihre, jedoch ohne sie zu berühren. Ich möchte ihr etwas sagen. Irgendetwas, das ihr vielleicht Hoffnung gibt, wenn sie es hört.
    „ Außerhalb der Legion gibt es einen kleinen Wald. Die Bäume sind so hoch, dass, wenn man nach oben blickt, man den Himmel durch ihr dichtes Blätterdach erkennen kann. Die Luft riecht dort nach Tannennadeln und dem weichen Moos, das sich über den Boden erstreckt. Wenn man barfuß darüber läuft, fühlt es sich fast wie Teppich an. Der Wald ist niemals still. Am Tag liegen der Gesang der Vögel und das Rascheln von kleinen Tieren in der Luft. Und in der Nacht ist der Ruf des Uhus zu hören.

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