Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)
nicht weiter darüber nachgedacht, es gab zu viele Neuigkeiten. Könnte es sein, dass A566 auch in Kontakt mit den Rebellen steht? Sie haben mir zwar gesagt, dass sie keinen Spion unter den Legionsführern haben, aber warum sonst sollte A566 mir helfen? Bei jeder Abstimmung war er bisher auf meiner Seite. Sein Vorschlag hat Finn das Leben gerettet und nur durch ihn war es mir möglich, Finn und Zoe zu besuchen. Ich verdanke ihm wirklich viel. Es wird Zeit, dass ich ihm das auch sage. Natürlich ist es etwas blöd, ihn gleichzeitig erneut um einen Gefallen zu bitten, aber er scheint den Nervenkitzel förmlich zu lieben.
Entschlossen öffne ich die Tür meines Zimmers und folge dem Flur bis zum Ende des Gangs. Dort befindet sich A566s Zimmer. Ohne zu zögern, klopfe ich an und warte. Doch es tut sich nichts. Vielleicht hat er mich nicht gehört. Ich klopfe erneut, dieses Mal etwas fester und länger. Nichts rührt sich. Irritiert presse ich mein Ohr gegen seine Tür und halte angespannt den Atem an. Doch nichts ist zu hören. Die Türen sind zwar gut isoliert, aber eine Dampfdusche müsste ich dennoch hören.
Ich versuche es ein letztes Mal. „A566?“, rufe ich leise durch die geschlossene Tür. Doch eine Antwort bleibt aus. Er scheint nicht da zu sein.
Ich merke, wie mich Enttäuschung überkommt. Bisher war er jede Nacht für mich da. Selbst wenn ich nicht zu ihm gekommen bin, hat er bei mir geklopft, um nach mir zu sehen. Ich habe seine Hilfe schon fast für selbstverständlich genommen.
Eigentlich sollen wir uns nachts nicht in den Gängen aufhalten, sondern schlafen. Aber bisher habe ich mich kaum daran gehalten und A566 offensichtlich auch nicht. Aber wo treibt er sich wohl heute herum? Er liebt den Nervenkitzel so sehr, dass er mit der Gefahr auch bereits vor meiner Ernennung schon gespielt haben muss. Er hat bereits mehrmals Kameraaufnahmen ausgetauscht, aber warum eigentlich? Was hat er getan, dass die anderen Legionsführer nicht erfahren sollen?
Mein Verdacht, dass er in irgendeiner Verbindung mit den Rebellen steht, scheint immer wahrscheinlicher. Vielleicht ist er wie Clyde und hat sich ihrer Sache angeschlossen, ohne sie überhaupt zu kennen. Clyde tat es durch Zoes Worte. Aber warum sollte A566 seine Meinung geändert haben? Er wirkte doch immer so stolz auf seine Klassifizierung. Würden die Rebellen die Macht übernehmen, wäre sie nichts mehr wert. Ich verstehe ihn einfach nicht. Er ist wie von Wasserdampf beschlagenes Glas. Man kann zwar die Umrisse erkennen, aber nicht den Menschen als Ganzes. Ich wünschte, ich könnte mit der Hand einfach den Dampf wegwischen, um zu sehen, wer er wirklich ist.
Zum Glück konnte ich A350 erneut davon überzeugen, mich an der Nahrungsvergabe in der Sicherheitszone teilnehmen zu lassen, denn ich will unbedingt dabei sein, wenn Zoe und Finn zum ersten Mal wieder aufeinandertreffen. Und wenn ich mich an A350s Regeln halte, die mir genau eine halbe Stunde Zeit einräumen, erteilt sie mir vielleicht bald sogar die Erlaubnis, selbst den Aufzug benutzen zu können.
Als ich das Atrium der Sicherheitszone betrete, ist es noch recht leer und die Schalter der Nahrungsvergabe sind noch nicht geöffnet. Doch Zoe steht bereits mit einer Wache vor der Tür zur Krankenstation. Leider ist es nicht Clyde. Da er Nachtdienst hat, muss er den Tag meistens zum Schlafen nutzen.
Sofort eile ich Zoe entgegen und versuche, meine Freude nicht zu zeigen. Ihr Wachmann verneigt sich vor mir.
„ Ich grüße euch, Legionsführerin A518.“
„ Ich grüße dich ebenfalls“, erwidere ich, woraufhin er sich aufrichtet. „Ich übernehme die Patientin D523. Du darfst dich einer anderen Aufgabe widmen.“
Er nickt und verlässt das Atrium in Richtung des blauen Gangs, der zu den Räumen der Kämpfereinheiten führt.
„ Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell klappen würde“, gesteht mir Zoe mit einem dankbaren Lächeln im Gesicht.
„ Es ist leider nur für eine halbe Stunde, aber ich arbeite daran, dich ganz zurück auf die Sicherheitszone zu bekommen.“
Wir haben uns bisher bei dem Gespräch nicht angesehen, da wir beide Ausschau nach Finn halten, der bisher noch nicht aufgetaucht ist. Doch plötzlich legt mir Zoe ihre warme Hand auf den Arm.
„ Es tut mir leid, dass ich dich neulich so unter Druck gesetzt habe. Ich bin sicher, du gibst dein Bestes.“
In der Nacht war ich wirklich gekränkt von ihren Worten, doch die Freude über ihre Entschuldigung ist so groß,
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