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Radioactive -Die Verstossenen

Radioactive -Die Verstossenen

Titel: Radioactive -Die Verstossenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Shepherd
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wie die Traurigkeit des wütenden Mannes. Irgendetwas scheinen sie in meinem Herzen auszulösen. Ich bin F701 nicht böse und sie macht mir auch keine Angst, weil ich weiß, dass sie sich selbst nur so aus Angst verhält. Meine Hand legt sich auf ihren kleinen Arm, so wie D523 es mal bei mir gemacht hat.
    Doch anders als ich damals erschrickt F701 nicht, sondern beruhigt sich unter meiner Berührung. Mit großen Augen schaut sie mir entgegen. Ich sehe ein feuchtes Glitzern auf ihrer schmutzigen Wange. Fast automatisch lege ich ihr meine zweite Hand auf das Gesicht und wische die Nässe fort. Ihre Lippen beben und sie versucht zu begreifen , was gerade passiert. Ich verstehe es genauso wenig wie sie. Warum habe ich das gemacht? Aber Tatsache ist, es hat geholfen. Das Wimmern ist verstummt und sie hat aufgehört zu zittern.

    Trotz unserer Gefangennahme durch die Verstoßenen und unserer ungewissen Zukunft kann ich dem Ganzen etwas Positives abgewinnen. Zum ersten Mal in meinem Leben sehe ich einen Sternenhimmel, jedenfalls einen winzigen Ausschnitt davon , durch das Loch in der Decke unserer Zelle. Die Sterne leuchten heller , als ich es mir je vorgestellt hätte. Wie viele leuchtende Steine liegen sie auf dem dunkelblauen Himmel. Völlig in sich ruhend und ohne jede Bewegung. Ein bisschen erinnern sie mich an mein Zuhause, die Sicherheitszone. Denn durch den sich jeden Tag wiederholenden Ablauf wird uns Schutz gewährt. Manchmal fand ich mein Leben langweilig, doch jetzt , wo ich den Tod fürchten muss, sehne ich mich nach der Regelmäßig- und Vorhersehbarkeit der Legion. Es war alles so einfach, so unkompliziert. Vielleicht haben uns die Legionsführer einiges verheimlicht, aber ich bin sicher, dass sie dafür einen guten Grund hatten. Sie haben uns nie vor den Verstoßenen gewarnt, aber wer hätte ahnen können, dass diese Verrückten in die Sicherheitszone eindringen und uns entführen? Wir hätten uns nur unnötig Sorgen gemacht. Es war richtig, dass sie uns nichts von ihnen erzählt haben, zumal wir immer wussten, dass es die Möglichkeit gibt , verstoßen zu werden , wenn man eine zu große Gefahr für sich selbst und die Gemeinschaft darstellt.

    Am nächsten Morgen öffnet sich die schwere Eisentür erneut. Der Mann mit den schönen grünen Augen tritt ein. In seinen Händen hält er einen großen braunen Klumpen. Dieser Klumpen verströmt einen fremden, aber herrlichen Duft. Ich kann ihn nicht beschreiben, da er mit nichts vergleichbar wäre, was ich kenne.
    Der Mann hält uns den Klumpen entgegen, während er in der anderen Hand eine silberne Feldflasche hält.
    „Frühstück!“, erklärt er mit einem Grinsen, doch erhält er dafür nur fragende Gesichter. Frühstück? Was ist das?
    Er schüttelt die Feldflasche und wir hören das bekannte Glucksen von Wasser. Meine Miene hellt sich auf. Frühstück muss so etwas wie die Morgenration sein. F701 scheint denselben Gedanken zu haben, denn sie streckt ihre Hände nach der Wasserflasche aus. Der grünäugige Mann lächelt und reicht ihr diese, während er mir den braunen Klumpen in die Hand drückt. Er ist weich und warm. Der Duft steigt mir in die Nase und lässt mir das Wasser im Munde zusammen laufen. Er muss essbar sein. Er riecht köstlich.
    Ich hebe den Klumpen hoch und beginne ihn von allen Seiten zu betrachten. Alle beobachten mich dabei. Während F701 genauso neugierig zu scheint wie ich, verhalten sich die anderen Gefangenen eher abweisend. Der Klumpen ist ihnen fremd und im Bildungsunterricht haben wir immer gelernt , das Fremde zu fürchten, da es potenzielle Gefahr in sich birgt.
    Der Mann bemerkt unseren ratlosen Gesichtsausdruck und kniet vor mir nieder. Er nimmt den Klumpen in seine Hand und bricht ein Stück davon ab. Eine kleine Dampfwolke verlässt den braunen Leib und steigt in die Luft. Das Innere des Klumpens ist hellbraun.
    „Das ist Brot. Probiere mal.“, schlägt er mir vor und steckt sich das abgebrochene Stück in den Mund. Seine Zähne beginnen zu kauen, bevor er runterschluckt. „Lecker!“
    Ich zögere und blicke mich hilfesuchend zu den anderen um. Sie schütteln alle panisch den Kopf, nur F701 greift zu und macht es wie der Mann. Sie reißt sich ein Stück von dem ‚Brot‘ ab und steckt es sich in den Mund. Ein glückseliger Ausdruck erscheint auf ihrem Gesicht und ihre Mundwinkel heben sich begeistert nach oben. Gierig greift sie bereits nach dem nächsten Stück, während ihre Backen noch voll sind. Sie kaut und

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