Radioactive -Die Verstossenen
Morgenschicht zu haben. Würden Sie sie bitte begleiten?“
D523 winkt ab. „Ich finde die Toilette schon alleine, vielen Dank.“
„Wer sich außerhalb der Regelzeiten in der Sicherheitszone bewegen möchte, benötigt Schutz.“, kontert C515 und hält ihr wartend die Tür auf. Ich höre , wie D523 mit den Zähnen knirscht, ihm dann aber folgt.
Mich überkommt das komische Gefühl, dass irgendetwas daran nicht stimmt. Vielleicht hat es sogar damit zu tun, dass sie bald nicht mehr da sein wird. Ich hoffe nur, dass sie sich nicht in irgendwelche Schwierigkeiten bringt.
Nicht mal eine Minute, nachdem C515 und D523 gegangen sind, öffnet sich die Tür erneut und zwei andere Kämpfer stehen in ihr.
„In der Nahrungsproduktion gab es einen Systemfehler. D276, D219, D389, D483 und D523 werden zur Aushilfe angefordert.“
„D523 ist auf der Toilette.“
„Um diese Zeit?“
„Es ist ihre erste Morgenschicht, aber nehmt ruhig D518 mit.“
Der C-ler zuckt mit den Schultern. Zusammen mit den anderen vier und den beiden Kämpfern verlasse ich den Computerraum. Wir durchqueren das Atrium und betreten den grünen Flur zu den Laboren, in denen auch die verschiedenen Produktionen angesiedelt sind. In diesem Bereich war ich noch nie, aber es erstaunt mich wenig, dass der Flur, abgesehen von dem grünen Streifen, sich nicht von den anderen unterscheidet. Sowohl links und rechts gehen Türen mit unterschiedlichen Bezeichnungen ab. Vor einem Aufzug am Ende des Gangs bleiben wir stehen. Das wundert mich nun doch, denn ich dachte immer , Aufzüge gebe es nur zu dem Bereich der Legionsführer. Kurz bevor wir den Aufzug betreten, stößt plötzlich eine Frau der 4. Generation zusammen mit einem Mädchen der 7. Generation zu uns.
„Wohin wollen Sie?“, will einer der Kämpfer von ihnen wissen.
„F701 weigert sich , zu schlafen , und hat ihr Bett beschädigt. Sie muss sofort auf die Krankenstation.“
Ich stocke und sehe sie vor mir , wie sie sich beim Warten auf ihr Essen gegen die Unterlippe tippt. Sie wirkte so friedlich, vollkommen harmlos. Nun betrachten sie alle musternd so , als sei sie verrückt. Sie ist damit eine Bedrohung und muss isoliert werden. Ich hoffe , der Arzt kann ihr helfen, so wie er mir damals geholfen hat. Wir treten einen Schritt zurück und lassen die Erzieherin und das Kleinkind einsteigen. Eine der Wachen betätigt einen der Knöpfe und ich spüre wie sich der Fahrstuhl mit einem Ruck in Bewegung setzt. Eigentlich sollte er sich nach unten bewegen, doch ich glaube zu spüren, wie wir nach oben gezogen werden.
Augenblicklich, wie auf Kommando, ziehen die beiden Kämpfer Gasmasken, die sie sonst nur im Außeneinsatz tragen , über ihre Gesichter. Auch die anderen bemerken es und geraten in Panik.
„Was ist los? Gibt es einen Angriff?“
„Tritt Radioaktivität aus?“
Ihre Fragen verstummen schlagartig. Meine Beine werden plötzlich schwer und ich kann kaum meine Augen offen halten. In meinem Hals breitet sich erst ein Kratzen aus, doch dann gefriert er plötzlich wie zu Eis, ich kann nicht einmal mehr schlucken. Mein ganzer Körper ist wie gelähmt und die Geräusche dringen nur noch wie ein Echo an meine Ohren. Ich spüre den Aufschlag auf den Boden nicht und auch nicht , wie sich die Fahrstuhltür wieder öffnet. Ich bin in stiller Dunkelheit gefangen.
Rauer Fels kratzt unter meinen Fingern. Wenn ich sie daran reibe, fängt der Fels an , in meinen Händen zu zerbröseln wie Sand. Die Wand hinter mir besteht aus demselben rauen und spitzen Material. Eine Kante bohrt sich unangenehm in meine Schulter. Als ich mich zur Seite rollen will, zischt ein scharfer Schmerz durch meinen Kopf und lässt mich innehalten. Obwohl ich blind bin, beginnt sich alles in mir zu drehen. Bloß nicht die Augen öffnen. Am besten schlafe ich einfach wieder ein.
Mein Körper sackt erneut in sich zusammen, ich ignoriere meine Schulter, da sie harmlos im Vergleich zu den Schmerzen in meinem Kopf ist. Von weit her höre ich zwei Personen miteinander reden. Beide sind männlich.
„Wo ist sie?“, schimpft es erbost. Die Stimme ist so wütend, dass sich mir die Nackenhaare aufstellen. So viel Wut und Hass sind mir fremd.
„Du erkennst sie vielleicht nur nicht wieder.“, kommt es in freundlicherem Tonfall zurück. Der Mann scheint den anderen beruhigen zu wollen.
„Ich würde sie immer wiedererkennen.“, knurrt der fremde Mann, dieses Mal jedoch nicht ganz so hart, sondern eher enttäuscht. „Sie ist nicht
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