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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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habe und was nicht. Eine Bemerkung geht einem leicht von den Lippen, wie es so ist… Sobek hat wirklich gesagt, dass Ipy noch zu jung ist. Auch Yahmose hat diese Meinung geäußert, wenn auch weniger laut und nicht so oft. Schließlich hat man die Zunge zum Sprechen bekommen.«
    »Hoffentlich hat deine Zunge nicht den Tod heraufbeschworen, Henet.«
    »Was denkst du auch, Esa? Ich habe sicher zu keinem Menschen ein Wort gesagt, das nicht die ganze Welt hören dürfte. Ich bin allen so ergeben, dass ich für jeden sterben könnte. Ach, meine Liebe und Treue wird immer unterschätzt!«
    »Oh, da wird ja meine lecker gebratene Ente gebracht«, fiel Esa ein, als die kleine Sklavin mit einer Platte eintrat. »Sie riecht wunderbar. Und da du so treu ergeben bist, Henet, kannst du ein paar Bissen essen – für den Fall, dass meine Mahlzeit vergiftet ist.«
    »Vergiftet!«, schrie Henet auf. »Wie kannst du nur so etwas sagen, Esa! Die Ente ist in unserer Küche gebraten worden.«
    »Auf alle Fälle muss jemand sie kosten. Am besten du, Henet, da du ja auch bereit bist, für jeden von uns zu sterben. Es ist sicher kein schmerzvoller Tod. Meine kleine Sklavin möchte ich nicht verlieren. Sieh nur, wie knusprig und saftig die Ente ist. Also, mach den Mund auf. Köstlich, nicht wahr? Aber du wirst ja ganz blass. Hat dir mein kleiner Scherz nicht gefallen?«
    Esa lachte spöttisch. Dann wurde sie plötzlich wieder ernst und widmete sich mit Hingabe ihrem Lieblingsgericht.

16
    Zweiter Monat des Sommers – 1. Tag
     
    D ie Beratung im Tempel war beendet. Hori und die beiden Tempelschreiber hatten die Bittschrift an Imhoteps verstorbene Gattin Ashayet aufgesetzt.
    Nachdem Hori das Schreiben verlesen hatte, nickte Mersu beifällig. »Gut ausgedrückt. Nichts ist vergessen worden. Der Geist Ashayets wird sich gewiss des Hauses erbarmen.«
    Imhotep erhob sich.
    »Ich danke dir, heiliger Priester. Mein Opfer wirst du erhalten, ehe morgen die Sonne untergeht – Vieh, Öl und Flachs. Wollen wir übermorgen die Schale mit der Inschrift in der Opferkammer des Grabes niedersetzen?«
    »Wir wollen es in drei Tagen tun. Die Inschrift muss angebracht werden, und wir müssen die Vorbereitungen für die Zeremonie treffen.«
    »Wie du wünschst. Ich möchte verhindern, dass uns noch mehr Unheil trifft.«
    »Ich begreife deine Sorge, Imhotep. Aber fürchte dich nicht. Der gute Geist Ashayets wird diese Bitten gewiss erhören.«
    »Möge Isis es zulassen! Ich danke dir, Mersu, auch für die Heilung meines Sohnes Yahmose. Komm, Hori, wir haben noch viel zu tun. Lass uns zum Haus zurückkehren. Ach, diese Bittschrift nimmt mir wirklich eine Last von der Seele. Die erhabene Ashayet wird ihren unglücklichen Mann gewiss nicht im Stich lassen.«
     
    Als Hori, die Papyrusrolle unterm Arm, den Hof betrat, lief Renisenb vom See her auf ihn zu.
    »Hori, willst du bitte mit mir zu Esa kommen? Sie wartet auf dich.«
    »Natürlich. Ich muss nur erst sehen, ob Imhotep…«
    Imhotep war jedoch von Ipy aufgehalten worden, und Vater und Sohn sprachen leise miteinander.
    Hori brachte seine Schreibsachen fort und begab sich dann mit Renisenb zu Esa.
    Esa machte bei ihrem Eintritt ein erfreutes Gesicht.
    »Hier bringe ich dir Hori, Großmutter«, sagte Renisenb.
    »Gut. Ist es schön draußen?«
    »Ja… ja, ich denke wohl.«
    Renisenb war etwas verdutzt.
    »Dann gib mir meinen Stock. Ich will hinaus.«
    Esa verließ selten das Haus, und Renisenb wunderte sich. Sie stützte die alte Frau, und zusammen gingen sie durch die Haupthalle auf den Vorplatz hinaus.
    »Möchtest du hier sitzen, Großmutter?«
    »Nein, Kind, ich möchte zum See gehen.«
    Esa kam nur langsam vorwärts, doch obwohl sie hinkte, war sie kräftig und zeigte keinerlei Ermüdung. Sie blickte sich um und wählte eine Stelle, wo nah beim See ein Blumenbeet angelegt war und eine große Sykomore willkommenen Schatten spendete.
    Nachdem sie sich niedergelassen hatten, sagte Esa mit grimmiger Befriedigung: »So, nun können wir miteinander reden, ohne einen Lauscher befürchten zu müssen.«
    »Du bist klug, Esa«, bemerkte Hori beifällig.
    »Niemand darf erfahren, was wir hier besprechen. Dir vertraue ich, Hori. Du bist seit deiner Kindheit bei uns. Du warst immer treu und verschwiegen. Renisenb steht mir von all meinen Enkelkindern am nächsten. Ihr darf kein Leid geschehen, Hori.«
    Der Blick, mit dem Hori stumm antwortete, genügte der Frau.
    »Nun sage mir, Hori, was ist heute beschlossen

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